Bis zur industriellen Revolution war die Familie eine Gemeinschaft all jener Personen, die unter einem Dach zusammenlebten. Diese Hausgemeinschaft bestand meist aus vielen Menschen aus mehreren Generationen, sowie aus Adoptivkindern, Dienstboten, Mägden und Knechten oder Gesellen und Lehrlingen. Die Hausgemeinschaften waren zwar regional unterschiedlich aufgebaut hatten aber einige Gemeinsamkeiten:
. die Familie war Wirtschaftsgemeinschaft (-> Wohn- und Arbeitsstätte waren am selben Platz)
. der Hausvater organisierte die Familie, vertrat das Haus nach außen und hatte alleine politische Reche
. die Familienmitglieder arbeiteten ohne Lohn, nur für Kost und Quartier
. Kinder wurden als zukünftige Arbeitskräfte gesehen, die die Altersversorgung garantieren sollten
Seit der industriellen Revolution bildeten sich in den Städten im Verlauf des 19. Jahrhunderts sogenannte Kernfamilien (=Ehepaar und eigene Kinder), wie sie heute noch in den Industrieländern vorhanden sind. Das Familienleben war charakterisiert durch:
. Trennung des Arbeits-, Wohn- und Freizeitbereiches
. Einkommen weit über dem Existenzminimum
. Trennung des Hauses in mehrere Räume (Salon, Speisezimmer, etc.)
Diese Familienleben konnten sich jedoch nur das Großbürgertum leisten.
Dieser Familienaufbau änderte sich in den Städten bereits an Anfang der industriellen Revolution. Im bäuerlichen Bereich veränderte sich die Familienorganisation erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
3.1.1 Die Industriearbeiterschaft
Während der industriellen Revolution hatte sich das schon im 18. Jahrhundert einsetzende Bevölkerungswachstum noch beschleunigt. Hunger und wachsende Armut trieb die Massen der ländlichen Bevölkerung in die zum Teil neuen Industriestädte. Millionen Menschen, die in den Städten keine Überlebenschancen sahen, wanderten nach Amerika aus.
Da es in den Städten ein Überangebot an Arbeitskräften gab, konnten die Unternehmer die Löhne bis zum Existenzminimum senken. Arbeiter die sich wegen der schlechten Löhne beschwerten, oder die arbeitsunfähig waren, wurden durch andere ersetzt, die vor den Fabrikstoren um Arbeit bettelten. Die durchschnittliche Arbeitsfähigkeit betrug 15 Jahre in den englischen Industriestädten.
Es herrschte strengste Disziplin. Wer zehn Minuten zu Spät kam, erhielt einen halben Tageslohn abgezogen. Für Produktfehler mußten der verantwortliche Arbeiter Strafe zahlen. Es gab keine Unfallversicherung, keine Altersversorgung und auch keinerlei Schutzrechte für die Arbeiter. Die tägliche Arbeitszeit betrug bis zu 18 Stunden. Es gab keine Sonntags- und Feiertagsruhe und auch keinen Urlaub oder Krankenstand. Die Sicherheitsvorkehrungen und die hygienischen Zustände waren katastrophal.
Der Staat kümmerte sich jedoch nicht um diese Mißstände. Die Polizei schritt nur ein um Arbeitsdemonstrationen und Hungerstreiks niederzuschlagen.
Da die Löhne der Männer oft nicht ausreichten, um die Familien mit den Kindern zu ernähren mußten auch Frauen und Kindern Arbeiten in den Fabriken annehmen. Die Frauen mit Kindern konnten meist nur schlecht bezahlte Heimarbeiten annehmen. Auch die Frauen die in Fabriken arbeiteten (meist Textilfabriken) bekamen Löhne, die weit unter den Löhnen der Männer lagen.
Viele Frauen waren der Auffassung, daß ihre Aufgabe der häusliche Herd sei.
Kinderarbeit war schon vor der industriellen Revolution in der Landwirtschaft üblich. Während der industriellen Revolution nahm sie aber erschreckende Formen an: Kinder ab 4! Jahre (meistens ab 8 Jahren) mußten bis zu 14 Stunden pro Tag arbeiten. In manchen Betrieben mußten die Arbeiter und auch die Kinder bis zu 36 Stunden hintereinander arbeiten. Die Kinder mußten auch in Kohlen- und Eisenbergwerken unter Tag arbeiten. Dort mußten sie oft in Stollen kriechen, die für ausgewachsene Personen zu eng waren.
Einsichtige Politiker versuchten bald die Kinderarbeit gesetzlich einzuschränken. 1833 wurden in England trotz starken Widerstandes der Fabriksbesitzer erste Kinderschutzgesetze erlassen. Die Kinder durften in Textilfabriken erst ab dem 9. Lebensjahr arbeiten. Außerdem gab es ein Nachtarbeitsverbot und einen maximal 12-Stunden-Tag für Jugendliche unter 18 Jahren. Zehn Jahre später folgte ein Verbot für Untertag-Arbeit für Kinder und Frauen. Ähnliche Gesetzt gab es einige Jahre später auch in Deutschland und Österreich.
Die Gesetze sollten durch Arbeitsinspektoren überprüft werden, jedoch gab es nur unzureichende Kontrollen in den Fabriken. Im Handwerk, im Gewerbe und in der Landwirtschaft gab es weiterhin keine Kinderschutzbestimmungen.
Wohnverhältnisse der Arbeiter
Da es in den schnell wachsenden Städten zu wenig Wohnungen gab, wohnten Arbeiterfamilien oft in Holzbaracken in der Nähe der Fabrik. Familien mit 4-5 Kindern und Großeltern lebten oft in einem Raum mit nur 14m².
Natürlich herrschten in diesen Elendsquartieren extrem unhygienische Verhältnisse. Es gab keine Wasser- und Abwasserleitungen, für hundert Menschen gab es nur eine Toilette etc.
Erst gegen Ende des Jahrhunderts begann man für die Arbeiter massiver gebaute mehrgeschossige Zinskasernen zu bauen. Die Mieten waren jedoch im Vergleich zu den Löhnen sehr hoch. Es gab jedoch in diesem Häusern Wasser und Toiletten und auch Gasbeleuchtungen. Heizungen waren nicht vorhanden.
Viele junge Arbeiter konnten sich diese "Wohnungen" nicht leisten und mieteten sich oft nur ein Bett als Schlafquartier.
Erst um die Jahrhundertwende wird das Wohnungselend gelindert.
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