Zu Beginn der Dreißiger hatte die Wörgler Wirtschaft vor allem mit der 1929 aufgekeimten Weltwirtschaftskrise und der Elektrifizierung der Bahn zu kämpfen. Im Juni 1930 wurde das Heizhaus geschlossen, 1931 wurde das größte Unternehmen, die Zellulosefabrik, stillgelegt. In der Region waren insgesamt 1500 Arbeitslose, und es wurden täglich mehr.
Die Gemeinde war nicht einmal mehr in der Lage die Zinsen für ihre 1,3 Millionen Schilling Schulden zu zahlen. Der einzige Aktivposten im Budget waren die Steuerrückstände der Bürger, die wegen die Wirtschaftslage jedoch uneinbringlich waren.
Um die Lage zu verbessern arbeitete Bgm. Unterguggenberger gemäß seiner Wirtschaftsphilosophie sein Nothilfe Programm aus, das am 8. Juli 1932 einstimmig vom Gemeinderat angenommen wurde. Es sah vor Arbeitswertscheine, die nach dem Prinzip des Freigeldes funktionierten auszugeben. Sie sollten monatlich 1% ihres Wertes durch das Aufkleben von Stempelmarken verlieren. Mit den Scheinen sollten auch öffentlich Arbeiten durchgeführt und bezahlt werden.
Im Juli 1932 wurden erstmals Scheine im Wert von 1600 Schilling an die Arbeiter ausgezahlt. Sie verwendeten diese, um dringend benötigte Waren zu kaufen. Die Händler konnten nun beginnen, ihre Steuerschuld bei der Gemeinde zu begleichen. So war der Kreislauf in kürzester Zeit geschlossen. Während der 13 Monate in denen das Experiment lief, flossen die Arbeitswertscheine durchschnittlich zwei Mal pro Woche durch die Gemeindekasse. Mit einem Schilling Schwundgeld wurden so 104 Schilling Steuern im Jahr bezahlt.
Die ersten Bauvorhaben, die mit dem Freigeld gestartet wurden, waren vor allem Asphaltierungs- und Kanalisierungsarbeiten. Es wurden unter anderem eine neue Sprungschanze und eine Notstandsküche errichtet. Die Löhne für diese Arbeiten wurden ausschließlich mit Arbeitswertscheinen bezahlt. 1933 wurden Infrastruktureinrichtungen für den Fremdenverkehr geschaffen, wie zum Beispiel dreieinhalb Kilometer langer Rodelweg, der teilweise Neubau des Weges zu den Lechner Wasserfällen, und ein Steig in die bisher unzugängliche Aubachklamm.
Mit diesen Arbeiten konnte man 60 Leute direkt und weitere 40 in der Zulieferindustrie anstellen. Während in ganz Österreich die Arbeitslosigkeit zu dieser Zeit stieg, ging sie in Wörgl um ein Viertel zurück.
Leider ging die Rechnung mit den Investitionen in den Fremdenverkehr nicht auf, was allerdings nicht im Einflußbereich der Wörgler lag. Am 1. Juni verhängte Deutschland die 1000-Mark-Sperre, welche fast den gesamte Fremdenverkehr zum Erliegen brachte.
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