3.1 Beschäftigung
Versicherungspflichtig sind gemäß § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 168 Abs. 1 S. 1 AFG Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt als Arbeiter oder Angestellte beschäftigt sind. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber steht. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Von einer Beschäftigung kann stets dann gesprochen werden, wenn der Arbeitende in den Betrieb eines Dritten eingegliedert ist, d.h. weisungsgebunden am Arbeitsprozeß teilnimmt. § 7 SGB IV gibt als Merkmal der Beschäftigung nur die nichtselbständige Arbeit an. Diese nichtselbständige Arbeit im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV setzt voraus, daß die Arbeit in persönlicher Abhängigkeit von einem Dritten, in der Regel vom Arbeitnehmer geleistet wird.
Typisches Merkmal dieses Abhängigkeitsverhältnisses ist die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung einer Tätigkeit.
Folgend sind typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung aufgeführt:
. Verpflichtung zur Befolgung der (bis ins einzelne gehenden) Weisungen des Arbeitgebers über die Ausführung der Arbeit
. Verpflichtung zur Ausführung sonstiger Arbeiten die nicht unmittelbar zu dem genau umschriebenen Aufgabenkreis gehören
. Bindung an eine bestimmte Arbeitszeit bzw. Verpflichtung, genaue Weisungen über die zeitliche Einteilung der Arbeit zu befolgen, Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen im Betrieb
. Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers
. Behandlung nach Tarifvertrag
. Bindung an Arbeitsordnungen und Arbeitszeitordnungen, die für die gesamte Betriebstätigkeit eines Unternehmens gelten
. Zurverfügungstellung der gesamten oder überwiegenden Arbeitskraft nur für einen einzigen Arbeitgeber
. Verbot für Dritte tätig zu sein
. persönliche Leistungspflicht
. Duldung von Revisionen (Kontrollen) des Arbeitgebers im gesamten Geschäftsbetrieb
. laufende, ggf tägliche Berichterstattung
. tägliche Besprechung im Unternehmen vor Aufnahme einer Außentätigkeit
. Unterordnung und Kontrolle durch einen anderen Beschäftigten des Betriebes
. freiwillige oder verpflichtete Teilnahme an Schulungskursen im Betrieb des Unternehmers
. Urlaubsanspruch
. Kündigungsfristen
. Betriebs- Disziplinarstrafen
. Verbot eigener Werbung
. ständige Beförderung im firmeneigenen Pkw nach Planung des Unternehmens
. Teilnahme an betrieblichen Sozialeinrichtungen
. Zahlung gleichbleibender Bezüge oder von äußeren Umständen abhängiger Umsatzprovisionen, die in der Höhe von dem Dienstleistenden nicht beeinflußt werden können
. Verbuchung der Vergütung als Betriebsausgaben des Arbeitgebers und Heranziehung des Dienstleistenden zur Lohnsteuer
. Weiterzahlung der Bezüge auch im Krankheitsfalle, Zahlung von Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw.
Wichtigster und häufigster Fall des Zustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses ist der Abschluß eines Arbeitsvertrages. Wenn kein Arbeitsvertrag vorliegt schließt das jedoch ein Beschäftigungsverhältnis nicht aus.
3.2 Selbständigkeit
Der Begriff der Selbständigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Er ergibt sich aus der Umkehr dessen, was die abhängige Beschäftigung kennzeichnet. Der Selbständige ist hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und Folge und Art der Arbeit weitgehend weisungsungebunden. Er muß die zu verrichtende Arbeit in der Regel nicht in Person leisten, sondern hat die Möglichkeit, einen Vertreter zu stellen oder auf eigene Rechnung Hilfskräfte zu beschäftigen.
Folgend sind typische Merkmale einer selbständigen Tätigkeit aufgeführt:
. Weisungsfreiheit
. freie Verfügung über die Arbeitszeit
. Erledigung der Arbeit an einem selbst gewählten Ort
. uneingeschränkte Tätigkeit für mehrere Geschäftsherren
. Berechtigung oder Verpflichtung zu eigener Werbung
. Berechtigung zur Beschäftigung von Hilfskräften für eigene Rechnung
. Verpflichtung, einen Vertreter bei Abwesenheit zu stellen
. Besitz eines Gewerbescheines
. Anmeldung eines Gewerbebetriebes
. Anmeldung bei der Handelskammer
. Behördliche Erlaubnis zur Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit
. Tragen der Geschäftsunkosten
. Einsatz eigenen Kapitals und eigener Betriebsmittel
. Unternehmerrisiko
. Zahlung von Umsatzprovisionen, die maßgeblich von dem Erfolg der persönlichen Tätigkeit abhängen
. Veranlagung zur Einkommensteuer und Gewerbesteuerpflicht
3.3 Abwägung der Merkmale
Ob jemand selbständig oder abhängig tätig ist, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit. Dabei sind alle Einzelumstände, die sich aus der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung ergeben, in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen. Wenn zu erkennen ist, daß die vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Umständen abweichen, so sind allein die tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, da die Versicherungspflicht nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist.
3.4 Scheinselbständigkeit
Unter dem Begriff "Scheinselbständige" werden Personen verstanden, die nur zum Schein selbständig sind, also tatsächlich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, insbesondere als Arbeitnehmer, stehen.
Der Scheinselbständige ist dadurch gekennzeichnet, daß er die Pflichten eines Arbeitnehmers mit den Risiken eines Unternehmers in sich vereinigt. Dabei gehen die vertraglichen oder tatsächlichen Einschränkungen der Eigenständigkeit so weit, daß der Handlungsspielraum des Scheinselbständigen dem eines abhängig beschäftigten Arbeitnehmers vergleichbar ist. Tatsächlich unterscheiden sich Arbeitnehmer und Scheinselbständige nicht voneinander. Beide sind weisungsgebunden und damit vom Arbeitgeber abhängig.
Der Personenkreis der sogenannten Scheinselbständigen verzichtet weitestgehend auf Arbeitnehmerschutzrechte. Er hat dann z. B. nicht mehr die sozialen Sicherheiten eines Arbeitnehmers, keinen Kündigungsschutz, keine Arbeitszeitregelung, keine Urlaubsansprüche, keine Lohnfortzahlung, keine Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und keine Krankenversicherung für sich und seine Familie. Die Erscheinung der sogenannten Scheinselbständigen erstreckt sich auf nahezu alle Brachen des Wirtschaftslebens und ist geprägt durch eine besonders starke Abhängigkeit der betroffenen Erwerbspersonen, die persönliche Arbeitsleistungen erbringen, in der Regel kaum über nennenswertes Eigenkapital verfügen und häufig nur für einen Auftraggeber tätig sind.
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