Leben heißt altern. Der Mensch altert vom Augenblick der Zeugung an und dies prägt unerbittlich unser Dasein. Altern ist aber auch eine treibende Kraft des sozialen Wandels.
Die Menschheitsgeschichte ist auch eine Geschichte der Generationen. Die Alten, früher in der Minderzahl, wurden verehrt oder verachtet, je nachdem, ob Tradition und Erfahrung oder Jugend und Leistungskraft mehr Gewicht in der jeweiligen Gesellschaftsform hatten.
Um das Jahr 2030 soll etwa ein Drittel der Deutschen im Seniorenalter stehen. Dies wirft viele Fragen auf. Verschärft sich dann der Generationenkonflikt? Oder werden Alte und Junge, zu beiderseitigem Nutzen, wieder mehr miteinander leben?
Alle Macht also den Alten?
Geschichtlicher Rückblick
In den vorindustriellen Gesellschaften hatten Kenntnisse und Erfahrungen der alten Menschen in den verschiedenen Lebensbereichen wie z.B. Religion, Arbeit, Familie, noch eine besondere Bedeutung. Diese traditionelle Orientierung und starke familiäre Bindungen garantierten den Alten, angesehene Funktionen auszuüben, die nur ihnen vorbehalten waren, z.B. Ältestenrat, Familienoberhaupt.
Die Industriealisierung brachte eine radikale Änderung der Familienstrukturen, was auch eine Veränderung der sozialen Stellung der alten Menschen bedingte. Jetzt galt das Leistungsprinzip. Die Großfamilie verlor durch Trennung von Arbeit und Familie ihre soziale Bedeutung. Traditionelle Werte und Wissen mußten dem Fortschritt weichen. Öffentliche Einrichtungen übernahmen Funktion und Aufgaben der Großfamilie. Der alte Mensch hatte seine angesehene Stellung in Familie und Gesellschaft verloren.
Lebenserwartung und Altersaufbau
Die Altersstruktur der Bevölkerung hat sich durch die technologischindustrielle Entwicklung radikal verändert. Die demografische Wende im 20. Jahrhundert ist einzigartig in der Geschichte.
Grafik: Historische Entwicklung der Lebenserwartung
Lebenserwartung und Altersaufbau
Die Altersstruktur der Bevölkerung hat sich durch die technologischindustrielle Entwicklung radikal verändert. Die demografische Wende im 20. Jahrhundert ist einzigartig in der Geschichte.
Die Jungen werden immer weniger, während der Anteil der Alten in fast allen westlichen Ländern ständig zunimmt.
Dies wurde hauptsächlich durch drei Faktoren bedingt:
a. Mehr Menschen leben länger, bedingt durch verbesserte Hygiene und medizinischen Fortschritt, die Kindersterblichkeit sinkt drastisch ab. Die mittlere Lebensdauer steigt von 30 Jahren um 1800 auf heutige 74 Jahre an.
b. Das Leben der Menschen ist planbarer geworden, es prägen sich die Bereiche Ausbildung, Arbeit und Ruhestand aus. Die Verdrängung des Alters durch Ausgliederung aus den Familien setzt ein.
c. Die Langlebigkeit verschärft den Generationenkonflikt. Wer mit zunehmenden Alter die Leistungsnormen nicht mehr erfüllt, erlebt den Übergang in den Ruhestand als krassen Einschnitt. Die Alten müssen den Jungen schneller weichen. Der Erfahrungsvorsprung der Alten wird durch den schnellen Fortschritt nahezu bedeutungslos.
Dies veränderte die Altersverteilung grundlegend: Noch vor wenigen Jahrzehnten hatte die Bevölkerungs- pyramide durch Überwiegen der jungen Jahrgänge noch einen breiten, stabilen Sockel. Heute hat sich diese Pyramide bereits umgekehrt.
Das Zeitalter der Alten hat bereits begonnen. Bereits im ersten Drittel des nächsten \'Jahrhunderts wird mehr als 33% der Bevölkerung in Deutschland älter als 65 Jahre sein.
Diese Veränderungen bringen aber auch viele Probleme, die sich in unserer heutigen Gesellschaft bereits deutlich abzeichnen. Die Alten sind zu Almosenempfängern verkommen, welche die arbeitenden Bürger schon jetzt nicht mehr finanzieren können. Ihr Erfahrungs- und Wissensschatz wird nicht genutzt. Es scheint sich ein Generationenkonflikt anzubahnen, der unvermeidlich erscheint.
Die meisten Gesellschaften sind altersmäßig durchgegliedert in Kinder und Jugendliche, Erwachsene und Alte. An jede Altersstufe ist eine gewisse Vorstellung von Verhalten gebunden, z.B. man ist zu jung für diese Stellung, oder mit 40 bereits zu alt für diesen Beruf. Dieses soziale Alter wird also wesentlich von jeweiligen gesellschaftlichen Bedürfnissen geprägt, diese Hierarchie drückt also nicht die Interessen des einzelnen aus.
Das Motto Man ist so alt, wie man sich fühlt bringt jedoch den Entwicklungsstand des einzelnen zur Geltung. Dies heißt, das funktionale Alter wird nach der jeweiligen Funktionsfähigkeit definiert. Trotz hohem biologischem Alter kann jemand noch voll leistungsfähig sein.
|