Verbände wollen (und sollen) die spezifische Interessen ihrer Gruppe in Politik und Gesellschaft durchsetzen. Sie stellen also keine politische Gesamtkonzepte auf und beteiligen sich nicht an politischen Wahlen. Sie vertreten die Interessen einer bestimmten, möglichst genau umschriebenen Gruppe oder sie vertreten größere Bevölkerungsschichten, die gemeinsame Interessen haben. Innerhalb dieses differenzierten, kaum überschaubaren Verbandswesen kann der Einzelne durchaus sinnvoll Mitglied in mehreren Verbänden sein, die seinen verschiedenen Interessen entsprechen.
Politisch relevant sind alle Verbände, sofern sie ihre Interessen durchsetzen wollen. Sie versuchen in sehr vielfältiger Weise die für sie interessanten Entscheidungsträger zu beeinflussen, besonders die Regierung und die Ministerialbürokratie (Lobbyismus). Gerade hier- im Stadium des Referentenentwurfs für ein Gesetz oder bei Formulierung eines ministeriellen erlasses- fallen je wesentlich Entscheidungen, besonders in Detailfragen. Regierung und nachgeordnete Bürokratie sind vielfach auf den Sachverstand der Verbandsexperten angewiesen. Größere Verbände haben hauptberufliche Interessenvertreter (Lobbyisten), die neben der Durchsetzung der Verbandsinteressen in allen Bereichen die Aufgabe haben, dauernden Kontakt zu einflussreichen Persönlichkeiten zu halten, Informationen zu sammeln und den Einfluss der entgegengesetzten Interessenverbände zu schwächen.
Alle Verbände versuchen, ihre Interessen in der Propaganda als Teilinteressen des Gemeinwohls und nicht etwa als Spezialinteresse einer kleinen Gruppe darzustellen. Dies geschieht durch Überbetonung der möglicherweise partiell vorhandenen Identität des Verbandsinteresses mit dem Gesamtinteresse, durch Verenfachung komplizierter Zusammenhänge usw.
Verbände lassen sich folgendermaßen einteilen:
Organisierte Interessen im Wirtschaftsbereich und in der Arbeitswelt: Unternehmer und Selbstständigenverbände, Gewerkschaften, Konsumentenverbände
Organisierte Interessen im sozialen Bereich: Sozialanspruchsvereinigung (z.B. Blindenverein), Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker)
Organisierte Interessen im Bereich der Freizeit und Erholung: Sportvereine und -verbände, Geselligkeits- und Hobbyvereine
Organisierte Interessen im Bereich von Religion, Kultur und Wissenschaft: Kirchen, Sekten, wissenschaftliche Vereinigungen, Bildungswerke, Kunstvereine
Organisierte Interessen im gesellschaftspolitischen Querschnittsbereich: ideelle Vereinigung (z. B. Humanistische Union, amnesty international), gesellschaftspolitische Vereinigungen (z. B. für Umwelt, Frauenemanzipation, Frieden usw.)
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