Erkenntnis, das Sichaneignen des m Sinngehalts von erlebten bzw. erfahrenen Sachverhalten, Zuständen, Vorgängen, mit dem Ziele der Wahrheitsfindung. E. heißt sowohl (ungenau) der Vorgang, der genauer als Erkennen bezeichnet wer- den muß, als auch dessen Ergebnis. Im Sinne der Philosophie ist Erkennen immer \"etwas als etwas erkennen\", so wie man z. B. sagt: \"Er hatte ihn als Lügner erkannt.\" In der E. ist also ein Beurteilen enthalten, das sich auf Erfahrungen stützt. Wer nicht weiß, was ein Lügner ist und daß es Lügner gibt, kann nie mals einen Menschen als Lügner erkennen. In der E. ist stets auch ein Wiedererkennen enthalten. Neue, von innerer und äußerer Erfahrung unabhängige E.e können nur durch die schöpferische , Phantasie entstehen.
Die E. wird seit der griechischen Philosophie untersucht nach den Gesichtspunkten von (objektiver) Quelle bzw. Herkunft (subjektiver) Fähigkeit, d.h. Vermögen dazu, Ziel und Zweck, Kennzeichen und Maßstäben, Grenzen u. Hindernissen Aporien und Antinomien) in einer Erkenntnislehre, die erst seit Kant als philosophisches Sondergebiet unter dem Namen E.theorie auftritt und im 19. sowie im Beginn des 20. Jh.s mitunter beinahe die ganze übrige Philosophie überwucherte. Inner- halb der E. wird unterschieden zw. der (uneigentlichen) formalen oder abstrakten E. und der (ei- gentlichen) inhaltlichen oder konkreten E. Diese zerfällt ihrer- in so viele E.arten, wie es wichtige Sachgebiete gibt.
Bei der E. stehen sich - Subjekt und- Objekt als Erkennendes und Erkanntes gegenüber. Das Subjekt erfaßt und das Objekt ist erfaßbar. Das Erfassen geschieht dadurch, daß das Subjekt gleichsam in die
Sphäre des Objekts hinübergreift und es in seine eigene hereinholt, genauer dadurch, daß die Bestimmungsstückedes Objekts im Subjekt entstehenden Abbild (-> Erscheinung) wiederkehren.
Auch dieses Abbild ist objektiv, d. h. das Subjekt unterscheidet es, an dessen Aufbau es selbst beteiligt ist, von sich selbst als ein Gegenüberstehendes. Das Abbild ist nicht identisch mit dem Objekt, aber ihm kommt \"Objektivität\" zu. Das Ob- jekt ist unabhängig vom Subjekt. Es ist mehr als nur ein Gegenstand der E. und in diesem Mehr-als-bloßes- Ojektivsein ist es das \"Transobjekti- ve\". Neben dem Gegenstandsein besitzt das Objekt Ansichsein. Wird das Objekt unabhängig von der E.beziehung gedacht, so wird es zum Ding. Das Subjekt aber kann auch für sich selbst Subjekt sein, d.h. os kann ein Bewußtsein für seineFähigkeit des Erkennens haben. besitzt über seine Eigenschaft als eines rkennenden hinaus noch ein Führsichsein Das Ansichsein des bedeutet, daß neben dem am Objekt Erkannten noch ein unerkannter Rest übrig bleibt. Die Tatsache, daß wir den E.gegenstand nie vollständig und ohne Rest,nie in der Fülle seiner Bestimmtheit erfassen können, spiegelt sich wider in der Nichtübereinstimmung zwischen Objekt und Abbild. Sofern das Subjekt von diesem Unterschied weiß, ergibt sich das Phänomen des Problems, das den weiteren E.vorgang mit Spannung lädt und auf immer weitere E.bemühungen drängt. Der Ausgleich einer solchen Spannung liegt in der Richtung eines E.progresses, durch den die Grenze zwischen dem, was bereits erkannt wurde, und dem, was erkannt werden sollte, auf das Transobjektive hin verschoben wird.
Der E.drang des Bewußtseins, dessen Wirkung der E.progreß ist, ist ein fortschreitendes Sich-empfänglich-machen für die Bestimmtheiten des Objekts. Für den E.drang ist das, was erkannt werden soll, unerschöpflich, für ihn ist es ein Unendliches. Der Erkenntnisprogreß findet seine Schranke an der selten verschiebbaren Grenze der Erkennbarkeit. Dahinter beginnt das Unerkennbare, das Transintelligible (irreführend oft das Irrationale genannt). Wie das Transobjektive in der verlängerten Richtung des Erkannten liegt, so liegt innerhalb des Transobjektiven das Transintelligible in der verlängerten Richtung des Erkennbaren\" (Nie. Hartmann). Die Existenz des Transintelligiblen ist es, die den E.vorgang nicht zur Ruhe kommen läßt. Der Bereich desTransintelligiblen, dem Ansichsein (-> auch Realität) und Fürsichsein zugehören, ist das Medium, das den Wirkungszusammenhang zwischen Objekt und Subjekt ermöglicht. In welcher Weise die Übertragung der Bestimmungsstücke des Objekts auf das Subjekt er-folgt. ist im wesentlichen unbekannt. Geht man aber davon aus, daß alles Seiende, da der gemeinsamen Sphäre des Unerkennbaren angehörend, sich gegenseitig irgendwie bedingt und bestimmt, bedenkt man ferner, daß das Subjekt das reaktionsfähigste und empfindsamste unter allem Seienden ist, so ergibt sich, daß das ganze System des Seienden vom Transobjektiven her über das Objekt und das Abbild vor dem Subjekt in Erscheinung treten muß. E. ist, so gesehen, ein Erfassen der dem Subjekt zunächst gelegenen Glieder der Beziehungen zwischen Objekt und Subjekt.
Die E.prinzipien, d. h. die Art und Weise, in der E. stattfindet, müssen also für alle Subjekte die gleichen sein. Andererseits ergibt sich, z. B. aus der (innerhalb der bekannten Fehlerbereiche möglichen) Berechenbarkeit physikalischer Vorgänge, daß die Gesetze der mathematischen Logik (und somit die Gültigkeit apriorischer Einsichten) die logisch-mathernatische Sphäre überschreiten und darüberhinaus Gültigkeit haben. Die Anwendung eines mathematischen Satzes auf ein Naturgescheben bedeutet ein Übergreifen der logischen Sphäre auf die reale. Es gibt logische Zusammenhänge und Beziehungen, die mit denen des Rea- übereinstimmen. Die logische Sphäre vermittelt demnach zwischeu der Weit der Abbilder und der Welt des Realen. Die E.prinzi- sind also nicht nur für alle Sub- dieselben, sondern sie treten auch in der Welt der Objekte auf, und zwar als die Kategorien. E. ist möglich, weil E.kategorien und Seinskategorien identisch sind. Aber weder sind alle E.kategorien zugleich Seinskategorien, noch sind alle Seinskategorien zugleich E.ka- Träfe das erstere zu, so
würden alle E.e die reine Wahrheit zum Inhalt haben, träfe das letztere zu, so wäre alles Seiende ohne Rest erkennbar. Die Bereiche der Seins- der E.kategorien decken sich teilweise, und nur so ist es zu verstehen, daß sich das Naturgeschehen nach mathematischen Gesetzen zu richten scheint: daß z. B. die Planetenbahnen auch tatsächlich \"ellip- sind. Seit Beginn des 19. Jhts. wird E. hauptsächlich mit Erfah- der Naturwissenschaften gleichgesetzt. Während - Geisteswissenschaften über die rationale E. hinauszugreifen gezwungen sind.
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