Der Ostpreuße Johann Christoph Gottsched war der erste, der die längst fällige Neuorientierung theoretisch und praktisch vollzog und war somit entscheident für die Entstehung der neuen deutschen Literatur wurde.
Gottsched war Professer in Leibzig, und setzte sich für eine Reform der Sprache, der Dichtkunst und des Theaters ein. Einer seiner Verdienste war der Kampf gegen den blumigen Schwulst der Sprache der späteren Barockzeit. Er verurteilte generell die Barockdichtung vom aufklärischen Standpunkt und forderte eine Literatur, die sich in den Dienst der Aufklärung stellen, die aufklärerischen Ideen auf gemeinschaftliche und angenehme Weise vermitteln, die Nutzen und Vergnügen verbinden und breite bürgerliche Bevölkerungsschichten erreichen sollte. Sie sollte die Vollkommenheit und vernünftige Ordnung der Welt widerspiegeln. Sie muß belehrend und erzieherisch wirken und darf nicht über die Beschreibung der wahrnehmbaren Natur hinausgehen. Darum verbannte Gottsched alles Übernatürliche, alles Wunderbare aus der Dichtung und gleichzeitig auch jedes leidenschaftliche Gefühl, weil die Leidenschaft jeden vernünftigen Gebrauch der Vernunft ausschließt.
Dieses Ziel versuchte er mit seinem "Versuch einer kritischen Dichtkunst" zu erreichen. Im Mittelpunkt stand dabei der aristotelische Grundsatz und die strikte Einhaltung seiner drei Einheiten, der Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung, im Drama. Shakespeares Dramatik war Gottsched wegen ihrer Unregelmäßigkeit und Wildheit ein Greuel. Die Regeln der Vernunft war für ihn gleichbedeutend mit den Regeln der Natur, deswegen war für ihn Regeltreue identisch mit Naturnachahmung. Er forderte aber keine realistische Wirklichkeitswiedergabe, sondern nur eine Ähnlichkeit des Erdichteten mit dem, was wirklich geschieht. Gottsched wollte auch den dichterischen Schaffensprozeß regeln, und verlangte, daß man sich zuerst einen lehrreichen und moralischen Satz auswählt dem die ganze Handlung zu Grunde liegt. Außerdem war Gottsched für eine Bestärkung der sogenannten Ständeklausel berühmt, wonach in der Tragödie, in Staatsromanen und Heldengedichten nur Fürsten und Adlige als Handelnde auftreten sollten, in der Komödie, in Schäfergedichten und Romanen nur Bürger und Landleuten Akteure sein durften.
Durch diese Forderungen veränderte sich auch die Stellung des Dichters. Er wurde zum Lehrmeister und Erzieher des Publikums und damit in seiner Bedeutung moralisch und intellektuell aufgewertet, verbunden mit einer gleichzeitigen Beschränkung des künstlerischen Spielraums.
Gottsched verfaßte Übersetzungen von französischen Stücke, die als Vorbilder, wie die französischen Klassiker, Corneille und Racine, die er als die wahren Erben der Antike, durch die strenge Einhaltung der Einheiten besonders lobte, dienen sollten. Er schrieb auch selbst ein regelgemäßes Theaterstück den "sterbenden Cato", als Muster und ließ nach seinen Ideen Dramen anfertigen. Er gab auch eine moralische Wochenzeitschrift heraus, "Die vernünftigen Tandlerinnen" (1725/26). Darin beschäftigte er sich mit der Unmündigkeit der Frauenzimmer. Diese geistige Unselbstständigkeit wollte er durch Bildung beseitigen. Er legte seine Ansichten den Frauen in den Mund, indem er weibliche Redakteuere erfand und zu ihnen sprechen ließ. Obwohl Gottsched als Reformer begann und die Dichtkunst erneuerte, die Sprache säuberte und das Theater reformierte, hatten er das Problem, daß er sein Werk überlebte. die Zeit ging über seine engen Reglementierungen hinweg, ohne daß er sich weiterentwickelten konnte. Deswegen wurden viele seiner Forderungen nur wenige Jahre später vehement kritisiert.
Es entstand ein Literaturkrieg mit Lessing und den beiden Züricher Gelehrten Bodmer und Breitinger, die die Auffassung vertraten das Genie dürfe man nicht mit Regeln fesseln dürfe. Grundelement der Poesie sei die freie Phantasie und die Darstellung des Wunderbaren.
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