Überblick über das Werk:
Im Zarathustra sind alle Gedanken Nietzsches zusammengefasst, aber nicht geordnet im Sinne einer philosophischen Lehre, sondern indem sie der fiktiven Gestalt des Zarathustra in den Mund gelegt sind.
Doch Nietzsches "Zarathustra" ist eigentlich kein philosophisches Werk im eigentlichen Sinne, denn normalerweise ist es Anspruch der Philosophie als Sachliteratur und nicht als Fiktion zu gelten. Nietzsches Zarathustra jedoch ist eine fiktive Gestalt, die keine Philosophie im argumentativen Sinn vortragt, sondern vielmehr eine "weise Lehre" vorträgt und alles in unzusammenhängender aphoristischer Weise verbindet. Der Grund dafür liegt darin, dass Nietzsche sich als Philosoph am Ende einer 2000jährigen Epoche abendländischen Philosophierens sieht. Diese Philosophie beginnt für ihn mit Sokrates, für den die Vermittlung der Wahrheit als oberstes Prinzip gilt. Diese Wahrheit ist überzeitlich. Doch da Sokrates selbst nicht schrieb, muss man die Darstellung Platos betrachten, um die Art dieser Darstellung zu sehen. Plato wählte die Form des Dialogs, da er ein gleichwertes Verhältnis zwischen Redner und Zuhörenden erreichen wollte, das heißt er wollte das Lehrer- Schüler Verhältnis aufheben und an seine Stelle eine Form der argumentativen Wahrheitsfindung stellen. Am Ende sollte der Zuhörer durch logische Argumentation zur Wahrheit geführt werden, zur absoluten Wahrheit, das heißt zu einer Wahrheit, die abgelöst ist von den subjektiven Ansichten besonderer Lebensbedürfnissen und Lebenssituationen, abgelöst von dem individuell und zeitlich Bedingtem. Doch auch Plato sieht in der Zuwendung an die Menschen nur die zweitbeste Fahrt der Vermittlung. Nietzsche sieht diese Zuwendung zu anderen, die Form der öffentlichen Darstellung grundsätzlich problematisch und somit wichtig. Das Problem der Vermittlung der Wahrheit betrifft und bestimmt den ganzen Inhalt dieses Werkes.
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