1. Entstehung in natürlichen Prozessen und Vorteile für die Umwelt Wohin uns das Energieproblem noch bringen wird, ist noch nicht abzusehen. Die fossilen Brennstoffe werden in spätestens 50 Jahren knapp werden (vgl. Grafik). Deshalb müssen neue Verfahren der Energiegewinnung entwickelt werden.
Eine davon ist die Biogasgewinnung. Hier handelt es sich um eine völlig natürliche und erneuerbare Energiequelle, die uns ein Gas liefert, das zu 50 - 70 % aus Methangas besteht. Das Prinzip und der Bau einer solchen Biogasanlage ist relativ einfach. Angewendet können solche Anlagen in der Landwirtschaft, der Ernährungs- und Agrar-Industrie und der Kommunalen Entsorgung. In Verbindung mit Gülle sind organische Reststoffe besonders gut vergärbar. Angesichts solcher Möglichkeiten, sollten besonders die Kommunen ihre Kläranlagen mit Biogasanlagen ausstatten. Aber am häufigsten werden Biogasanlagen in der Landwirtschaft eingesetzt. Biogas bildet sich in der Natur immer dann, wenn sich organische Verbindungen unter Luftabschluss zersetzen, z.B. bei der Verwesung von totem tierischem und pflanzlichem Material. Dafür sind anaerobe Bakterien, die ohne Sauerstoff leben können, verantwortlich. Der in mehreren Stufen ablaufende Prozess findet z.
B. in Sümpfen und Mooren, auf Reisfeldern, im Dickdarm von Tieren und Menschen - vor allem in den Mägen der Wiederkäuer, in Misthaufen und Jauchegruben oder auf Müllkippen statt. Vereinfacht kann für die Biogasentstehung folgende Reaktionsgleichung angegeben werden: Gülle ----anaerobe Bakterien/40°C----> Methan + Kohlenstoffdioxid + Faulschlamm Methan gehört neben Kohlenstoffdioxid zu den Hauptverursachern des Treibhauseffekts. Bei der Biogasnutzung wird das entstehende Methan und Kohlenstoffdioxid kontrolliert verbrannt, daher ist die Energienutzung CO2-neutral. Fossile Energieträger, wie z.B. Erdöl oder Kohle, werden eingespart. Die Geruchsbelästigung wird im Vergleich zur Kompostierung minimiert, da die Vergärung in geschlossenen Behältern erfolgt. Für Landwirte stellt die Energeigewinnung eine sinnvolle Alternative dar, da sie die Grünmasse und den Stallmist sinnvoll umwandeln können. Darüber hinaus kann die Energie rund um die Uhr unabhängig vom Netzt für den Eigenbedarf produziert werden und ist speicherbar. Insofern erscheinen die erstmaligen und relativ hohen Kosten zum Bau einer Anlage durchaus sinnvoll. 2. Zusammensetzung und Eigenschaften von Biogas Biogas (= Sumpfgas, Faulgas) ist ein durch den anaeroben, mikrobiellen Abbau von organischen Stoffen entstehendes Gasgemisch, das zu 50 - 70 % aus dem hochwertigen Energieträger Methan (CH4) besteht. Weitere Bestandteile sind 30-40% Kohlendioxid (CO2) sowie Spuren von Schwefelwasserstoff (H2S), Stickstoff (N2), Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO): Zusammensetzung von Biogas Quelle der Tabelle: Boxer-Infodienst Methan 40-75 % Kohlendioxid 25-55 % Wasserdampf 0-10 % Stickstoff 0-5 % Sauerstoff 0-2 % Wasserstoff 0-1 % Ammoniak 0-1 % Schwefelwasserstoff 0-1 % Aufgrund des relativ hohen Energiegehaltes lässt sich Biogas als Energieträger für die Wärme- und Krafterzeugung nutzen. Der durchschnittliche Heizwert von Biogas beträgt etwa 6000 Kcal/m³ (entsprechen 25.000 KJ/m³). Somit entspricht der durchschnittliche Heizwert eines Kubikmeters Biogas etwa 0,6 Liter Heizöl. Eigenschaften von Biogas Quelle der Tabelle: Boxer-Infodienst Dichte 1,2 kg/m³ Heizwert 4-7,5 kWh/m³ (abhängig vom Methangehalt) Zündtemperatur 700 °C Zündkonzentration Gasgehalt 6-12 % Geruch aufgrund des Schwefelwasserstoffs nach faulen Eier Zusammenfassung von wichtigen Zahlen: Das Biogas aus 1t organischer Reststoffe oder 3t Gülle/Festmist ersetzt ca. 60l Heizöl oder 120kWh Strom-Netto und vermindert den Schadstoffausstoß von Kohlenstoffdioxid um 200 kg! Eine Kuh produziert pro Tag etwa 10-20kg Mist. Daraus können 1-2 Kubikmeter Biogas hergestellt werden. Die Biomasse, welche eine Kuh in einem Jahr erzeugt, entspricht der Energie von 300 Liter Heizöl. 3.Technik der Biogaserzeugung Das Gas (Methan) entsteht in Gärbehältern und wird in Kesseln (Dampf) oder Motoren zur Stromerzeugung verbrannt. Als Ausgangsstoffe für die Biogaserzeugung kommen grundsätzlich alle Arten von Biomasse in Frage, deren Hauptkomponenten Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette, Cellulose und Hemicellulose sind (nicht jedoch Lignin und lignininkrustierte Cellulose, d.h. die strukturgebende Komponente von Holz und Stroh). Die für die Biogasproduktion nutzbaren organischen Stoffe (= Gärsubstrate) sind zumeist Rest- oder Nebenprodukte verschiedener Branchen und Bereiche in unserer Volkswirtschaft: * in der Landwirtschaft: Flüssig- und Festmist, Reststoffe der Pflanzenproduktion (z.B. Rübenblätter) * bei der industriellen Verarbeitung pflanzlicher Produkte (d.h. Extraktions-, Destillations- und Prozessrückstände beispielsweise aus Brauereien und gemüseverarbeitender Industrie, organische Schlämme und Abwässer der industriellen Aufarbeitung) * bei der Aufbereitung tierischer Erzeugnisse (d.h. Schlachthofabfälle, Metzgereiabfälle) * bei der Kommunalentsorgung (d.h. organische Anteile des Hausmülls (Biotonne), organische Schlammfraktion der Abwasserentsorgung (Klärschlamm), Abfälle des lebensmittelvertreibenden Gewerbes, organische Rückstände (Speisereste) des Hotel-, Gaststätten- und Großküchengewerbes) * bei der Landschaftspflege (u.a. Grünschnitt von den kommunal bewirtschafteten Park-, Naherholungs- und Straßenbegrenzungsflächen) Grundsätzlich gilt, dass der Trockensubstanzgehalt des Gärsubstrates zwischen 2% und 12% liegen sollte, damit einerseits ein guter Transport und leichtes Umrühren gewährleistet sind, andererseits die Umsetzung effizient erfolgen kann. Da die einzelnen Substrate sehr unterschiedlich in ihrer Zusammensetzung sind, seinen hier von den wichtigsten die maximal möglichen Gaserträge pro Tonne Material zusammengestellt : Maximal mögliche Gaserträge pro Tonne Material Rindergülle 25 m³/t Schweinegülle 36 m³/t Molke 55 m³/t Biertreber 75 m³/t Grünabfall 110 m³/t Bioabfall 120 m³/t Speiseabfälle 220 m³/t Flotatfette 400 m³/t Altfett (z.B. Fritierfett) 600 m³/t Als Substrat zur Biogaserzeugung wird die bei der Tierhaltung anfallende Gülle oder Mist verwendet. Um die Gasausbeute zu erhöhen, werden vielfach auch andere organische Reststoffe, sogenannte Co-Substrate, zugesetzt. Das Funktionsprinzip einer Biogasanlage ist einfach: Die Gülle bzw. der Mist gelangt zusammen mit den eventuell zusätzlich eingesetzten Co-Substraten zum Vergären in den Gärbehälter (Fermenter). Dieser Fermenter besitzt bei den meisten Biogasanlagen der Landwirtschaft ein Volumen von 150 bis 500 m³. Im Fermenter verweilt das Substrat mehrere Tage, wobei durch die Aktivität der Mikroorganismen Biogas gebildet wird. Um die Bildung von Schwimmdecken und Sinkschichten zu verhindern, muss das Substrat ständig gerührt werden. Dadurch wird zusätzlich das Entweichen der entstanden Gase erleichtert. Die Menge gebildeten Gases hängt neben dem Substrat von der Verweildauer und der Betriebstemperatur ab. Deshalb verbleibt das Substrat um so länger im Gärbehälter, je geringer die Temperatur ist. Die meisten Anlagen werden im mesophilen Temperaturbereich gefahren, d.h. bei etwa 35-40°C. Das vergorene Substrat gelangt im Anschluss in ein Endlager (Schlammbehälter), das möglichst geschlossen sein sollte, da auch hier noch einmal Biogas gewonnen werden kann. Die Verweildauer im Gärbehälter wird jedoch maßgeblich darüber festgelegt, wie bei höchstem Durchsatz das meiste Biogas gewonnen werden kann. Grafik:
Das frisch erzeugte Biogas muss zunächst gereinigt werden: Durch Zufuhr von Sauerstoff wird es entschwefelt und anschließend in einem Kondensatabscheider getrocknet. Außerdem kann durch das Durchleiten durch eine eisenhaltige Masse der entstandene Schwefelwasserstoff chemisch umgewandelt werden. Bis zur Verbrennung wird das Biogas zum Beispiel in flexiblen Folienkissen gelagert. Der runde Behälter ist der Güllevorrat, rechts daneben das Häuschen für den Gasbehälter, den Motor mit dem Generator und die Steuerung. Unterhalb des großen Behälters sieht man die Fermenenterdecke (große Betonfläche). Hier wird gerade Mist über den Einfüllstutzen in den Fermenter gefüllt. Mit dem Rohr gelangt flüssige Gülle in den Fermenter und erleichtert so das Mischen mit dem Rührwerk. Die gelben Styroporwürfel dienen der Isolierung. Auf dem Fermenter befindet sich das Rührwerk. Es ist in Höhe und Neigung verstellbar, die Kontrolle erfolgt über Sichtfenster.
Das Rühren verhindert die Bildung von Schwimmdecken und Sinkschichten. Die Temperatur wird bei 35-40°C konstant gehalten. Ein umgebauter Dieselmotor arbeitet mit Biogas (und ca. 10% Dieselzusatz zur Schmierung) und treibt den Generator zur Erzeugung von elektrischem Strom. Die Abwärme des Motors dient wiederum zum Beheizen des Fermenters oder sogar des Hauses. Die aus der Vergärung übriggebliebene Biomasse eignet sich hervorragend als biologischer Dünger. Neben dem reinen Energiegewinn aus der Biogasanlage bringt die Güllevergärung weitere Vorteile mit sich, die von mittelbarem wirtschaftlichen Nutzen sein können: * Dungwertverbesserung: Da bei der Vergärung Kohlenstoff abgebaut wird, verengt sich das C/N-Verhältnis der Gülle. Damit wird der Stickstoff besser verfügbar und seine Wirkung besser kalkulierbar. * Die Gülle ist durch die Vergärung dünnflüssiger: Dadurch besitzt sie bessere Ausbringungseigenschaften und dringt besser in den Boden ein. Letzteres vermindert gasförmige N-Verluste. * Geruchsreduzierung: Kann gerade in Feriengebieten einen großen Vorteil darstellen. * Hygienisierung: Je höher die Betriebstemperatur der Biogasanlage, desto mehr Keime werden abgetötet. Im allgemein üblichen mesophilen Temperaturbereich ist sie somit von untergeordneter Bedeutung. * Abtöten von Unkrautsamen: Je länger Unkrautsamen in der Gülle verbleiben, desto stärker werden sie abgetötet. Dies vermindert eine Verunkrautung und das Wiedereinbringen von Pflanzen auf das Feld.
4. Nutzungsmöglichkeiten und Wirtschaftlichkeit von Biogas Biogas lässt sich grundsätzlich in allen bekannten Gasgeräten und Maschinen verwenden. Eine sehr effiziente Nutzung der hochwertigen Energiequelle Biogas stellt der Betrieb einer Kraft-Wärme-Kopplung in einem Blockheizkraftwerk dar. Das Biogas ist dabei Brennstoff für einen umgerüsteten Diesel- oder Benzinmotor, der zur Stromgewinnung einen Generator antreibt. Die dabei anfallende Abwärme des Motors wird als Heizwärme genutzt. Der produzierte Strom wird in Haushalten oder Betrieben verwendet und die Überschüsse in das öffentliche Stromnetz eingespeist, wofür es eine Einspeisevergütung gibt. Von der im Biogas enthaltenen Energie lassen sich ca. 30% als Strom und 60% als nutzbare Abwärme gewinnen. Ein Teil der Wärme wird oft direkt wieder zum Erwärmen des Gärbehälters verwendet. Die Verdichtung von Biogas zum Betrieb von Schleppern und Kraftfahrzeugen ist technisch zwar möglich, bei den derzeitigen Kraftstoffpreisen aber nicht rentabel. Außerdem ist die Zusammensetzung von Biogas wegen schwankender Substrateigenschaften nicht konstant, so dass keine gleichbleibende Treibstoffquälität gewährleistet ist. Biogasanlagen werden vor allem in Kläranlagen und landwirtschaftlichen Betrieben zur Energiegewinnung und Abfallentsorgung eingesetzt. Über die Wirtschaftlichkeit lassen sich pauschal nicht viele Aussagen treffen. Aber es gilt grundsätzlich: Anlagen, die weitgehend im Selbstbau mit einem hohen Anteil an Eigenleistung und unter Verwendung von gebrauchten Bauteilen gebaut werden, haben aufgrund geringerer Erstellungskosten bessere Aussichten auf das Erreichen einer Wirtschaftlichkeit als industriell gefertigte Anlagen, die häufig nur mit staatlicher (oder sonstiger Förderung) wirtschaftlich arbeiten können. Allerdings erfordert der hohe Eigenleistungsanteil auch viele Arbeitsstunden und Eigenbauanlagen sind vergleichsweise reparaturanfälliger und kurzlebiger. Was die Größe betrifft, gilt die Faustzahl 80 bis 100 GV (Großvieheinheiten) um in den rentablen Bereich zu kommen.
Eine Möglichkeit die Kosten zu drücken besteht in der Gemeinschaftsnutzung einer Anlage durch mehrere Landwirte. Erläuterung der Fremdwörter anaerob: Sauerstoffausschluss (im Fermenter) mesophil: Temperaturbereich in der Biogasanlage 30-35°C (15-30 Tage im Fermenter) termophil: Temperaturbereich in der Biogasanlage 35-42°C (65 Tage im Fermenter) silophil: Temperaturbereich - normale ungeheizte Temperatur der Biogasanlage (bis zu 6 Monate im Vermenter) Cellulose : Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände; Zellstoff Hemicellulose: Halbzellulose - gehächselte Rinde Bäume... Trockensubstanz: Als Zusatz kommen in den Fermenter auch noch Mist; Grünabfall .... Flotatfette: Vom Fettabscheider im Schlachthof; Fettabfälle Fermenter: Der "Reaktor" der Biogasanlage - der geschlossene Gärbehälter, in dem das Gemisch (Gülle; Mist; Trockensubstanz...) das Gas produziert. GV: 1 GV(Großvieheinheit) = 500kg (1Kuh) ; z.B. : 1Kalb = 300kg = 0,6GV (Großvieheinheiten); bei Berechnungen: 1,5m³ Biogas ergeben 1GV C/N-Verhältnis der Gülle: Kohlenstoff/Stickstoff Verhältnis der Gülle nach dem Vergären N-Verluste: Stickstoff-Verluste (in der Gülle - nach dem Vergären)
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