Hoffnung für Entwicklungsländer?
Im neuen Agrarabkommen der WTO sind auf Vorschlag der EU Zollsenkungen geplant. Hilfsorganisationen sind erfreut, die europäischen Bauern entsetzt
Der Weg zu einem neuen Welthandelsabkommen im Agrarsektor scheint sich in diesen Tagen etwas geebnet zu haben. "Wir stehen kurz vor einer Vereinbarung", ließ der neu ernannte US-Handelsbeauftragte Rob Portmann nach einer Sitzung der OECD-Minister in Paris Anfang Mai verlauten. Die Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) der so genannten Doha-Runde waren seit mehreren Wochen ins Stocken geraten, da die geplante Staffelung der Agrarzölle stark umstritten ist.
Nun folgte die kleine Runde der Handelsminister einem Vorschlag der EU und stimmte einer einheitlichen Berechnungsmethode zu. Bis 20. Mai sollen die Zölle, die zumeist in Euro oder Dollar pro Tonne angegeben sind, in Prozente umgewandelt werden. Momentan sind die Regelungen und Bemessungsgrundlagen nicht einheitlich und teilweise undurchsichtig. Die Berliner Tageszeitung erklärte das System jüngst am Beispiel von Rindfleischimporten: Demnach erhebt die EU hierfür zwar einen relativ geringen Zollsatz von dreizehn Prozent, doch werden zusätzlich je nach Qualität des Fleisches Stückzölle von über 300 Euro für hundert Kilo Fleisch berechnet. Würde man diese Kosten einheitlich in Prozentzölle umwandeln, lägen die Zollsätze der EU prohibitiv bei etwa 190 Prozent, also extrem hoch.
Seit langem kritisieren Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die Bestimmungen der WTO: Sie verschafften den Industrieländern Vorteile, Entwicklungsländer würden ausgebeutet. Oberstes Ziel der WTO sind Handelsliberalisierungen wie der Abbau von protektionistischen Maßnahmen zum Schutz der Produktion eines Landes. "Freihandel" heißt das Zauberwort, wonach jeder Akteur zu gleichen Chancen und Bedingungen den globalen Markt ohne Beschränkungen und Hürden nutzen kann - zumindest in der Theorie.
Leider bringt das globale Dorf keineswegs nur Gewinner, sondern auch etliche Verlierer hervor. Das Agrarabkommen der WTO ist ein solches Beispiel: In vielen Entwicklungsländern hat die Öffnung der Märkte zu einer Flut von billigen Importprodukten geführt und die heimische Produktion zerstört. Zwar sind vor der WTO alle gleich, doch haben die wohlhabenden Länder des Nordens einen deutlichen Vorteil: Sie können ihre Waren so stark subventionieren, dass die Kleinbauern die Dumpingpreise nicht unterbieten können.
NGOs schätzen, dass reiche Industrieländer wie Frankreich, England, Deutschland und die USA ihre eigene Landwirtschaft mit einer Milliarde Dollar pro Tag subventionieren. Die Hilfsorganisation Oxfam International hat errechnet, dass die Preise infolgedessen mehr als ein Drittel unter den eigentlichen Produktionskosten liegen, wodurch kleine Produzenten nicht mehr konkurrenzfähig sind.
Oxfam verdeutlicht das Ungleichgewicht am Beispiel der Milchpulverexporte: Jede Kuh in Europa würde täglich mit zwei US-Dollar bezuschusst, zusätzlich zu den Subventionen der Milchexporte. Die Folge sei, dass Milchpulver viele Märkte Afrikas überschwemmt. Für das zentralafrikanische Mali stellte Oxfam eine jährliche Importmenge von 9000 Tonnen Milchpulver fest, trotz der 6,5 Millionen Rinder des Landes. Ein besonderer Streitpunkt zwischen der WTO und der EU ist die Subvention von Zucker. Vergangenes Jahr hatten Brasilien, Australien und Thailand gegen die Subventionspolitik der EU geklagt. Ende April bestätigte die WTO nun ihr Urteil vom Januar, das den Klägern Recht gab: Die EU habe eine zu große Menge Zucker widerrechtlich exportiert und damit wettbewerbsfähige Produzenten in Übersee unterboten.
Entwicklungsländer besser in den Welthandel integrieren.
Die Welthandelsorganisation (WTO) und die zehnte Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) wollen gemeinsam neue multilaterale Handelsverhandlungen vorantreiben. Dies berichtete das Bundeswirtschaftsministerium am 10. Mai im Wirtschaftsausschuss, als es um eine Bilanz der zehnten UNCTAD-Ministerkonferenz im Februar in Bangkok ging.
Dem Selbstverständnis der UN-Organisation widerspreche es auch, als Vorbereitungsgremium der WTO zu dienen. Bei komplexeren Handelsthemen zeige sich deutlich, dass die UNCTAD kein geschlossener Block ist. Im Aktionsplan der UNCTAD sei das Anliegen der Europäischen Union zur Marktöffnung für im Wesentlichen alle Einfuhren aus den am wenigsten entwickelten Ländern deutlich erkennbar. Ziel sei es, die UNCTAD auf das Thema Handel und Sozialstandards zu verpflichten.
Der Ausschuss nahm eine Entschließung des Europaparlaments zu einer Mitteilung der Europäischen Kommission zum EU-Konzept für die WTO-Jahrtausendrunde zur Kenntnis. Zuvor hatte bereits der Gesundheitsausschuss dazu die Bundesregierung aufgefordert, bei den Verhandlungen über das WTO-Recht beim Dienstleistungshandel darauf zu achten, dass Ziele der nationalen Gesundheitspolitik wie die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen oder die finanzielle Stabilität der Sozialversicherungssysteme international anerkannt werden.
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