3.1 Alte Industrien
Die alten Industrien wurden durch die Transformation vor praktisch unlösbare Aufgaben gestellt.
Hauptprobleme waren:
Die wichtigsten Absatzmärkte waren über Nacht weggebrochen (meistens Rußland)
Riesige Aussenstände gegen frühere Abnehmer waren praktisch uneinbringlich und diese Firmen damit dem Konkurs nahe.
Die Mitarbeiter konnten plötzlich nicht mehr beschäftigt und schon gar nicht mehr bezahlt werden.
Subventionen von Seiten des Staates wurden größtenteils gestrichen und die Monopolstellungen fielen weg
Die Produkte waren selbst auf den Heimmärkten wegen Qualitätsmängeln nicht mehr absetzbar.
Die Unternehmen waren nie als Ganzes bestenfalls in Teilen zu verkaufen.
In verschiedenen Ländern vor allem in der Tschechischen Republik wurde, aus politischen Gründen, versucht den Transformationsprozeß zu verlangsamen. Die Rechnung wird nun heute bezahlt, wie in der folgenden Beilage zu erkennen ist.
3.2 Landwirtschaft
In der Landwirtschaft waren zu Zeiten des Kommunismus sehr viele Leute beschäftigt, allerdings mit der bekannt niedrigen Produktivität.
Hauptprobleme waren:
- Wegfall der Subventionen
- Wegbruch der Hauptmärkte (bis Ende der 80er Jahre wurde Rußland mit Hühnchen zum größten Teil aus Ungarn bzw. Slowenien versorgt. Während der Transformation hat Rußland diese Importe auf Produkte aus den USA verlagert und damit diese Industrien und landwirtschaftlichen Produktionen zum Sterben verurteilt.)
- Reprivatisierung ging teilweise schleppend voran
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3.3 Neue Industrien und Auslandsinvestitionen1)
Sofort nach Beendigung des Kommunismus und dem Vorliegen einigermaßen klarer Rahmenbedingungen, begannen große internationale Anleger und Produzenten mit Investitionen in den ehemaligen Ostländern
Hauptgründe waren:
- gewaltiger Zukunfsmarkt (ca. 200 Mio. Menschen)
- billige Arbeitskraft
- guter Ausbildungsstand
- geographisch guter Standort auch für Absatzmärkte in Westeuropa
Markenerzeuger wie Procter & Gamble (Pampers über Waschpulver bis hin Oil of Olaz) importierten zuerst ihre Produkte aus den Stammwerken in Westeuropa bzw Amerika. Sobald die Produkte in neuen Märkten angenommen wurden, wurden eigene Fabriken aufgebaut. In Ungarn entstand die erste osteuropäische Pampersfabrik, in der Nähe von Prag werden Seifenprodukte hergestellt. P & G versorgt in erster Linie die neuen Märkte von diesen Fabriken.
Andere Hersteller, wie Philips errichten große Produktionsstätten mit dem Ziel, ganze Produktgruppen für den weltweiten Bedarf in diesen Ländern zu produzieren. Videorecorder werden in Szekesfehervar, Computerbildschirme in Szombathely hergestellt. Die Produkte werden auch heute noch zu einem sehr geringen Teil in Ungarn abgesetzt. Der größte Absatzmarkt war und ist Westeuropa.
Kia und Huyndai in Polen importieren die Autos CKD (completely knocked down = komplett in Einzelteilen) und bauen diese in Polen (assembling) zusammen. Diese Autos sind hauptsächlich für die neuen Märkte bestimmt. Wenn man bedenkt daß heute in Polen jährlich ca. 400.000 Autos neu zugelassen werden (vgl. Österreich ca. 280.000) kann man erkennen was für große neue Märkte schon entstanden sind.
Aus den beiligenden Aufstellungen über die jeweils 30 größten Unternehmen eines Landes kann man klar erkennen, daß Auslandsinvestitionen in Form von Gründung eigener Firmen oder Joint Ventures einen sehr bedeutenden Anteil errungen haben.
Aus den Beilagen über die Auslandsinvestitionen kann man erkennen, daß die derzeitige und zukünftige Entwicklung der Volkswirtschaften sehr stark vom Ausmaß dieser Investitionen abhängt. Außerdem sieht man, daß diese Höhe in einem Zusammenhang mit der Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für Produktionsstätten in Zusammenhang steht. Beispielsweise hat Ungarn heute eines der liberalsten Arbeitnehmerschutzgesetze der Welt.
3.4 Arbeitsmarkt2)
Das gesamtwirtschaftliche Wachstum in den meisten Reformstaaten hat den Arbeitsmarkt noch nicht entscheidend beleben können. Die offiziellen Daten, die zudem noch in einigen Ländern stark unterzeichnet sind, da Anreize zur Meldung fehlen, zeigen deutlich, daß die Reformvorreiter am ehesten auch die Beschäftigungslage stabilisieren konnten. Polen und Ungarn können 1998 ihre Arbeitslosenquoten weiter reduzieren. In einigen Ländern schlagen notwendige Rationalisierungsmaßnahmen und Stillegungen im Rahmen der Privatisierung erst jetzt auf den Arbeitsmarkt an. Vor allem die Tschechische Republik muß wegen der Wachstumsdelle mit einer steigenden Zahl von Arbeitslosen rechnen, wird allerdings nach Beendigung der verzögerten Transformation wieder beste Aussichten haben, den ökonomischen Anschluß an den Westen zu schaffen.
Sämtliche Arbeitslosenquoten der anderen Transformationsländer liegen im zweistelligen Bereich, eine Verringerung ist mittelfristig nur graduell zu erwarten, da die Privatwirtschaft die freigesetzten Arbeitskräfte nur zu einem Teil absorbieren kann., Im krassen Gegensatz dazu werden in den dynamischen Wachstumszentren Knappheitslöhne gezahlt, da qualifizierte Arbeitskräfte dort bereits schwer zu finden sind. In der wirtschaftlichen Peripherie, wie beipielsweise Ost-Ungarn sind die Arbeitslosenquoten weit höher als in den Zentren da die dort angesiedelte Industrie meist auf landwirtschaftl. Produkte spezialisiert war und in Folge der wirtschaftlichen Transformation auf den Weltmärkten nicht mehr konkurrenzfähig war und auf Grund dessen die meisten Betriebe nicht überlebensfähig waren.
Quelle: Mittel- und Osteuropa Perspektiven Jahrbuch 1998/99
Arbeitslosenquoten (Jahresendwerte in %)
1995 1996 1997 1998(S) 1999(P)
Polen 14,9 13,2 10,5 9,5 9,0
Ungarn 11,1 10,7 10,4 10,0 9,5
Tschechische Rep. 3,1 3,5 5,2 7,0 8,0
Estland 8,7 10,5 10,5 10,0 10,0
Slowenien 14,0 13,9 14,4 14,7 15,0
Lettland 6,7 7,2 6,7 7,0 7,0
Litauen 7,3 6,4 6,7 7,0 7,0
Slowakei 13,7 12,6 12,5 14,0 14,0
Kroatien 14,5 16,4 16,6 18,0 18,5
Rumänien 8,7 6,0 8,8 10,0 9,0
Bulgarien 11,1 12,5 13,7 17,0 17,0
Makedonien 23,7 24,9 31,9 34,0 35,0
Moldova 1,4 1,8 1,9 2,0
Kasachstan 14,0 16,0 17,0 17,5 17,5
Usbekistan 11,0 12,0 12,5 13,0 13,0
Rußland 8,9 9,3 9,0 6,6 8,2
Ukraine 0,6 1,6 2,9 4,0 4,5
Weißrußland 2,7 3,9 2,8 3,0 3,0
Bosnien/
Herzegowina - 50,0 65,0 60,0 50,0
Albanien 13,1 12,5 14,0 13,5 15,0
BR Jugoslawien 24,8 28,0 30,0 35,0 38,0
Quellen: IWF; OECD: nationale Quellen; Berechnung, Schätzung (S) und Prognose (P) der F.A.Z. Informationsdienste.
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