Ehemalige Angehörige der NSDAP versuchten schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erneut Organisationen ins Leben zu rufen, in denen sie ihre rechtsextremistischen Ziele weiter verfolgen konnten. Einer von mehreren solcher frühen Versuche führte zur Gründung der "Sozialistischen Reichspartei"(SRP), die bereits 1952 durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrige Organisation verboten wurde. Zahlreiche weitere Bemühungen, nationalsozialistischem Gedankengut erneut zum Durchbruch zu verhelfen, hatten in den Folgejahren keinerlei Resonanz. Ernst seit etwa1973 fanden sich in der Bundesrepublik Deutschland wieder Personen bereit, in der Öffentlichkeit für die Verwirklichung nationalsozialistischer Ziele einzutreten.
Jahrelang waren die "Führer" neonazistischer Gruppen und Kleinstzirkel bestrebt, eine einheitliche Organisation zu schaffen. Dies scheiterte aber immer wieder daran, dass entweder keine geeignete "Führerpersönlichkeit" vorhanden war, oder dass sich zu viele dafür befähigt hielten. Zersplitterung war also von Anfang an kennzeichnendes Kriterium der Neonaziszene.
Zunehmende Militanz führe schließlich Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre zur Bildung erster rechtsterroristischer Vereinigungen. Mehrere Strafverfahren sowie Verbote militanter Gruppen (1980 "Wehrsportgruppe Hoffmann") konnten insbesondere die gewaltorientierten Aktivitäten neonazistischer Kreise zumindest zeitweise eindämmen. Dennoch kam es zur Sammlung einiger dieser vielfach zersplitterter Gruppen.
Michael KÜHNEN, eine "Führerfigur" einte eine Reihe neonazistischer Kleingruppen in der "Aktionsfront nationaler Sozialisten /nationale Aktivisten"(ANS/NA). Er konnte diese Organisation innerhalb weniger Monate auf das gesamte Bundesgebiet ausdehnen, bis sie 1983 verboten wurde.
Ein Teil der Anhängerschaft dieser militanten Vereinigung sammelte sich nach dem Verbot in bereits bestehenden Organisationen oder versuchte, seinen Zusammenhalt in Form loser Organisationsstrukturen wie "Leserkreise" und "Gesinnungsgemeinschaften" fortzusetzen.
Trotz des von nahezu allen geteilten Bekenntnisses zum Nationalsozialismus entbrannte ein heftiger Streit um die Frage, ob ein Homosexueller (wie KÜHNEN) Führungsaufgaben innerhalb der "Bewegung" übernehmen dürfe. Es kam zu Spaltung der "Szene". Während sich die Anhänger KÜHNENs in der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front"(GdNF) zusammenfanden, konzentrierte sich der Kreis um Jürgen MOSLER auf die weitere Infiltration der FAP ("Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei").
Von besonderer Bedeutung war in der jüngeren Vergangenheit die Einleitung einer "Anti-Antifa"-Kampagne durch den NL-Aktivisten WORCH . (NL = "Nationale Liste")
Deren Ziel ist einerseits die langfristig und systematisch vorzubereitende Bekämpfung politischer Gegner, andererseits die Mobilisierung von Anhängern unterschiedlicher neonazistischer und sonstiger rechtsextremistischer Gruppen zu einer organisationsübergreifenden Aktionsgemeinschaft. Insbesondere gegenüber linksextremistischer Autonomen und "Antifa"-Anhängern soll eine "harte Gangart" eingeschlagen werden. Dazu diente auch die Ende 1993/'Anfang 1994 verbreitet "nationalistische Widerstandszeitschrift" mit dem Titel "Der Einblick", in der zur "endgültigen Ausschaltung" politischer Gegner aufgerufen wurde.
Eine besondere Aufmerksamkeit kam bis zu ihrem Verbot der "Wikinger-Jugend" (WJ) zu. Sie wurde 1952 gegründet und zählte somit zu den ältesten rechtsextremistischen Organisationen .Die Vereinigung huldigte einer rassistisch geprägten "Nordland-Ideologie", sah sich in der Tradition der ehemaligen "Hitlerjugend" und stellte die Gemeinschaft über den einzelnen. Ihr Hauptaugenmerk richtete die WJ auf die Durchführung von Lagern, Freizeiten, Wanderungen sowie auf Erntedank- und "Heldengedenkfeiern", bei denen sie den Kindern und Jugendlichen das rechtsextremistische Gedankengut vermittelte.
Die FAP und die WJ galten bis zu ihrem Verbot als größte neonazistische Organisationen . Nach den verschiedenen Verboten ist nunmehr die HNG ( "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige) mit einigen hundert Mitgliedern die einzige noch nennenswerte derartige Vereinigung. Sie versteht sich als Sammelbecken und zentrale Kontaktstelle für Neonazis.
Als Reaktion auf die Verbote setzte ein Umstrukturierungs- und Neuformierungsprozess ein. An die Stelle von Organisationen treten "autonome" Personenzusammenschlüsse, sogenannte Kameradschaften und Freundeskreise, die regional und bundesweit durch Mailboxen, Info-Telefone informationell vernetzt sind.
Im Rahmen dieser neuen Strategie verfolgt die "Szene" das Ziel, dem Staat weniger Ansatzpunkte für Gegenmaßnahmen zu bieten.
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