Verbraucherinnen und Verbraucher wollen ganz klar wissen, was in einem Lebensmittel enthalten ist. Die Aufgabe der Verbraucherschutzministerin ist es daher, Regeln für eine umfassende, transparente und wissenschaftlich fundierte Kennzeichnung anzubieten. Dies gilt im besonderen für den sensiblen, neuen Bereich des Einsatzes von Gentechnik in Lebensmitteln.
Die Bürgerinnen und Bürger wollen mitentscheiden, wie landwirtschaftliche Produkte erzeugt werden, und sich nicht vor vollendete Tatsachen gestellt sehen. Demokratie und Wahlfreiheit beginnen im Supermarkt. Bei der Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte steht diese Wahlmöglichkeit im Vordergrund. Gerade der Bereich Lebensmittel betrifft alle Bürgerinnen und Bürger jeden Tag. Es ist daher sehr erfreulich, daß gerade auf dem Gebiet der Kennzeichnung von neuartigen Lebensmitteln, die mit Hilfe der Gentechnik gewonnen werden, die Kommission zusammen mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten darauf hingewirkt hat, daß der Grundsatz einer durchgehenden Kennzeichnung der Rohstoffe bis zum fertigen Produkt auch verwirklicht wird. Im Bereich der Kennzeichnung von Lebensmittel-zusatzstoffen soll die derzeit noch bestehende Lücke hoffentlich bald geschlossen werden.
Erforderlich wird es aber auch sein, die Entwicklung quantitativer Analysenmethoden voranzutreiben. Nur mit Hilfe derartiger Methoden kann festgestellt werden, ob ein Lebensmittel überwiegend aus gentechnisch veränderten Rohstoffen besteht, oder ob sich z.B. nur eine einzige gentechnisch modifizierte Sojabohne in einen ganzen Container von herkömmlichen Sojabohnen verirrt hat.
Besonders umstritten war die Regelung zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten bzw. hergestellten Lebensmitteln. Gekennzeichnet wird nämlich nur dann, wenn ein Lebensmittel so gentechnisch verändert wurde, daß es entweder in der Zusammensetzung, im Nährwert oder im Verwendungszweck nicht mehr einem vergleichbaren herkömmlichen Lebensmittel gleichwertig ist. Also werden hier im Zweifelsfall Wissenschafter zu entscheiden haben, ob derartige Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen oder nicht.
Es ist jedoch damit zu rechnen, daß in manchen Fällen die Novel-Food-Verordnung Unsicherheiten und Auslegungsschwierigkeiten bringen wird. Ist die Veränderung im Produkt nicht mehr enthalten, muß nicht gekennzeichnet werden. Betroffen sind beispielsweise Öl (in Margarine, Mayonnaise u. ä.) aus gentechnisch verändertem Soja, Zucker aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben oder etwa Obstessig aus gentechnisch veränderten Äpfeln.
Zusatzstoffe Aromen, oder Enzyme, die gentechnisch hergestellt wurden und im Verarbeitungsprozeß eingesetzt werden, sind von den Bestimmungen der Novel-Food-Verordnung ausgenommen und müssen daher derzeit nicht gekennzeichnet werden.
Die Bundesministerin für Verbraucherschutz hat sich mit dieser Gesetzeslücke jedoch nicht zufriedengegeben und ließ einen Entwurf für eine nationale Verordnung zur Kennzeichnung von gentechnisch hergestellten Zusatzstoffen, Aromen und Enzymen in Analogie zur Novel-Food-Verordnung ausarbeiten. Aufgrund dieser österreichischen Initiative wird die EU-Regelung von seiten der EU-Kommission nochmals überdacht. Ein Vorschlag für eine neue EU-weite Kennzeichnung von gentechnisch hergestellten Zusatzstoffen wurde für das Jahr 1999 zugesagt.
Lebensmittel und Zutaten aus gentechnisch veränderten Sojabohnen oder gentechnisch verändertem Mais waren bereits vor dem Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung in der EU auf dem Markt. Eine Kennzeichnungspflicht bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Am 2. September 1998 ist daher eine besondere Verordnung in Kraft getreten, die innerhalb der EU festlegt, wie Lebensmittel mit gentechnisch veränderter Soja oder Mais zu kennzeichnen sind. Produkte mit nachweisbarer gentechnischer Veränderung müssen demnach klar mit den Worten "aus gentechnisch verändertem Mais hergestellt" bzw. aus gentechnisch veränderten Sojabohnen hergestellt" gekennzeichnet werden. Dieser Hinweis auf die gentechnische Veränderung muß zumindest in der Zutatenliste zu finden sein. Für weitere Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, gilt die Kennzeichnungspflicht gemäß der Novel-Food-Verordnung. Genaue Leitlinien für diese Kennzeichnung stehen allerdings noch aus.
Positiv-Kennzeichnung:
Definition von \"gentechnik-frei\" im Rahmen der Lebensmittelkodex-Unterkommission \"neuartige Lebensmittel\". Demnach dürfen gentechnikfrei produzierte Lebensmittel weder aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen, noch solche enthalten, oder aus solchen gewonnen werden. Auch bei der Herstellung werden weder GVO noch deren Produkte verwendet.
Für Lebensmittel tierischer Herkunft darf kein gentechnisch verändertes Futtermittel verwendet werden. Dies gilt ebenso für Dünger- und Pflanzenschutzmittel.
Aus technischen Gründen unvermeidbare Verunreinigungen bleiben außer Betracht.
Das österreichische "Gen-technikfrei"- Pickerl:
Die Arbeitsgemeinschaft "ARGE Gentechnikfrei" hat ein Gütezeichen "Gentechnikfrei erzeugt" entwickelt. Die Kennzeichnung mit diesem Gütesiegel erfolgt freiwillig. Wenn ein Hersteller die Kriterien erfüllt, kann er seine Produkte als "Gentechnikfrei" deklarieren.
Die als "kontrolliert gentechnikfrei erzeugt" ausgezeichneten Lebensmittel dürfen weder aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen, noch diese enthalten; bei ihrer Herstellung ebenso wie bei der Produktion all ihrer Zusatzstoffe (z. B. Vitamine, Enzyme, Aromastoffe) dürfen keine gentechnischen Verfahren eingesetzt werden. Bei tierischen Produkten müssen auch die Futtermittel kontrolliert gentechnikfrei sein.
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