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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

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Kann das bildungswesen als markt verstanden werden?



Der Bildungsgutschein hat zum Ziel, das Bildungswesen mit marktwirtschaftlichen Mechanismen zu steuern. Wenn wir allerdings das Bildungswesen dem Wettbewerb aussetzen wollen, müssen wir erst einmal untersuchen, ob man Bildung als Markt verstehen kann. Zugleich drängt sich auch die Frage auf, ob ein System von eigenständigen, sich konkurrierenden Bildungseinrichtungen einem vom Staat regulierten und zentral geführten System überlegen ist.
Im Bildungswesen finden wir diverse Bildungsinstitute, welche Bildung produzieren, und Schüler, Studierende und Eltern, die für sich oder ihre Zöglinge eine angemessene Aus- und Weiterbildung nachfragen. Das Zusammentreffen von Anbietern und Nachfragern bildet einen Markt. Zu diesem Schluss kam auch Milton Friedman, ein amerikanischer Ökonom und Befürworter wirtschaftsliberalistischer Reformen der ersten Stunde. Er meinte dazu, dass Bildungsgüter nicht anders als andere Wirtschaftsgüter auch über ein freies Nachfrage-Angebot-Verhältnis «produziert» und «konsumiert» werden können. )
Der Umstand, dass auf einem Markt für ein Gut ein Preis zu zahlen ist, veranlasst die Nachfrager, ihre Präferenzen sorgfältig zu prüfen, was sie in der Höhe ihrer Zahlungsbereitschaft ausdrücken. Je mehr Anbieter sich nun den Markt teilen, desto höher ist auch die Bereitschaft der Nachfrager, Informationen über ihre Zahlungsbereitschaft und ihre Präferenzen bekanntzugeben, da sie erwarten können, dass die Anbieter auf diese Informationen entsprechend reagieren werden. ) Eine laufende Anpassung an die Bildungsbedürfnisse ist die Folge.
Andererseits produzieren die Anbieter Bildung auf eigenes Risiko. Sie sind primär daran interessiert, einen möglichst hohen Profit zu erwirtschaften. Um aber im Markt erfolgreich bestehen zu können, müssen sie einerseits ihr Angebot an die Präferenzen und die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager anpassen.
Andererseits versuchen die Anbieter, ihre Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. Jede Ausgabe und jede Investition werden sorgfältig geprüft. Im Gegensatz dazu versucht in einem staatlich geführten System jede Schule, dass ihr ein möglichst hohes Budget zugesprochen wird. Dieses Budget wird dann auch vollständig ausgeschöpft, da sonst im nächsten Jahr eine Budgetkürzung droht. )
Die Anbieter werden sich nicht nur damit begnügen, die bestehenden Wünsche der potentiellen Nachfrager zu eruieren. Um sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu verschaffen, werden sie versuchen, neue Angebote zu formulieren, von denen sie erwarten, dass sie latente Wünsche der Nachfrager treffen. Diese ständigen Verbesserungen und Diversifizierungen des Angebotes führen zu einem Innovationsschub, der von einem staatlich administrierten System so nicht erbracht werden kann.
Ulrich van Lith beschreibt diesen Prozess folgendermassen: «Der Markt verarbeitet so unzählige Informationen, bringt eine unendliche Vielfalt von individuellen Wünschen und Bedürfnissen mit den verfügbaren Ressourcen in einem permanenten Abstimmungsprozess in Einklang. Dabei kommt jeder mit seiner Nachfrage zum Zuge, soweit denn für das, was er bereit ist auszugeben, ein Angebot gemacht werden kann.» )
Ein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen funktionierendes Bildungswesen wird auch Auswirkungen auf Lehrer und Dozenten haben. An staatlichen Schulen unterrichtende Lehrer erhalten einen fixen Lohn und haben den Status von Beamten. Gute und überdurchschnittliche Leistungen von Lehrern können nicht mit Lohnanreizen belohnt, schlechte unterdurchschnittliche Arbeiten können nicht sanktioniert werden. Eine private Schule wird Eltern und Schüler nur mit einem guten und an die Bedürfnisse angepassten Unterricht gewinnen können. Es werden auch Lehrer mit Lohnanreizen dazu angehalten werden, ihre Leistungen laufend zu verbessern. )
Von einer Privatisierung des Bildungswesens kann somit erwartet werden, dass die Schulen sich kostenbewusster verhalten, die Qualität des Unterrichts steigt, ein vielfältigeres Bildungsangebot entsteht, die Zufriedenheit der Studierenden, Schüler und Eltern steigt, Lehrer ihren Unterricht freier gestalten können sowie neue und innovative Unterrichtsformen Verbreitung finden.

4.1 BESONDERHEITEN DES BILDUNGSMARKTES
Wie wir festgestellt haben, kann das Bildungswesen unter freiem Wettbewerb bestehen. Allerdings gilt es auch festzuhalten, dass für diesen Markt einige besondere Regeln gelten.

4.1.1 FEHLENDE ZAHLUNGSBEREITSCHAFT
Nachgefragt werden nur Güter, für welche auch eine Zahlungsbereitschaft besteht. Zahlungsbereit ist aber nur jemand, der auch bis zu einem gewissen Sinne zahlungsfähig ist. Eine Liberalisierung des Bildungswesens würde unsere sozialen Strukturen in einem grossen Masse gefährden. Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen könnten sich für ihre Kinder kaum mehr eine angemessene Ausbildung leisten, da sie diese schlicht nicht mehr vermögen würden. Eine kleine privilegierte Schicht könnte sich noch den Luxus eines Hochschulabschlusses leisten. Um dieser Gefahr vorzubeugen, müssen wir neue Wege der Finanzierung finden. )

4.1.2 FINANZIERUNG VON HUMANKAPITAL
Eine Finanzierung von Bildung ist eine Investition in Humankapital. Myung-Shin Kim beschreibt in seiner 1994 erschienen Doktorarbeit «Bildungsökonomie und Bildungsreform», einer der wichtigsten Aspekte der Humankapitaltheorie sei die Betrachtung der Verbesserung der Arbeitskräfte als eine Form von Kapitalinvestition. )
Die Finanzierung von Sachkapital kann durch die Eigentumsrechte an der Sache gesichert werden. Kann ein Kreditnehmer seine Schuld nicht begleichen, so kann der Gläubiger das Pfand verwerten.
Im Gegensatz dazu können Rechte auf Humankapital nicht verpfändet werden. Dies würde bedeuten, dass der Schuldner bei Zahlungsunfähigkeit die Rechte an seiner Person jemand anderem übergeben müsste. Unsere ethischen und moralischen Grundwerte lassen einen solchen Handel nicht zu.
Somit wären Familien mit kleinen und mittleren Einkommen nicht in der Lage, Bildungskredite zu erhalten, da sie keine Sicherheiten bieten können.
Daraus stellt sich die Frage, ob nicht der Staat - soweit die privaten Instrumente der Geld- und Kreditwirtschaft das aufgezeigte Problem nicht zufriedenstellend lösen - bei der Finanzierungsfunktion subsidiär tätig werden muss. )
Bei der Einführung eines freiheitlichen Bildungssystems würde die Subventionierung der öffentlichen Schulen eingestellt. Damit entfällt für den Staat auf einen Schlag ein Grossteil der bildungsbezogenen Ausgaben. Diese freigestellten Mittel könnte man nun so umleiten, dass sie direkt Eltern mit schulpflichtigen Kindern oder Studierenden zuflössen. Der «Bildungsgutschein» ist eine Form einer solchen Subjektfinanzierung.

 
 

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