Um 10.00 Uhr empfing uns Herr Müllhaupt höflichst in der Eingangshalle und offe¬rierte uns etwas zu trinken. Kurz darauf begannen wir mit dem Interview.
Als erstes ging er auf die Frage zum Begriff \"Integration\" ein. Er teilte uns mit, dass Integration ein Thema sei, welches überall von Bedeutung ist. Nicht nur in Bezug auf Ausländer, sondern auch im täglichen Leben jedes Schweizers fänden Integrati¬onsprozesse statt, beispielsweise beim Wohnungs-, beim Stellen- oder Schulwech¬sel.
Um dem Trend vorzubeugen Integration mit Gewalt in Verbindung zu bringen, würden gewisse Projektleiter des CHILI immer wieder Konflikttrainings in Klassen durchführen. Dabei kommt es nicht auf die Zahl der Ausländer in den jeweiligen Klassen an. Die Jugendlichen würden so ihre Verhaltensmuster kennen lernen und für einen offenen, konstruktiven Umgang mit Konflikten sensibilisiert werden. Sie würden Handlungs¬kompetenzen für schwierige Situationen, denen sie in ihrem All¬tag begegnen, erarbeiten.
Herr Müllhaupt erklärte uns, dass ihm auch andere Punkte wichtig erschei¬nen. Bei¬spielsweise die aktive Partizipation der Ausländern an Integrationsprojekten. Aus¬länder zu integrieren heisse nicht nur, sie an Projekten teilnehmen zu lassen, son¬dern sie bereits bei der Planung und Umsetzung des Projektes mitwirken zu lassen. Integration sei ein gegen¬seitiger Prozess. Alle seien daran beteiligt. Es gehe dabei nicht um eine einseitige Anpassung der ausländischen Person, sondern um ein fortwährendes, aufnehmendes Aushandeln von Normen und Werten zwischen kürzlich Eingewanderten, bereits hier niedergelassenen Ausländern, sowie Schweizern.
Auch habe die Integration heute einen anderen Stellenwert als früher.
Damals habe der Schweizer Staat gedacht, dass die Ausländer nur in die Schweiz kommen um zu arbeiten und nach einigen Jahren wieder in ihre Heimat zurückkeh¬ren würden. Doch damit habe man sich getäuscht.
Viele Ausländer brächten ihre Kinder in der Schweiz zur Welt. Diese besuchten die Schweizer Schulen und gewöhnten sich an das Leben in der Schweiz. Dadurch emp¬fänden sie nur noch einen kleinen Bezug zum \"Heimatland\". Für diese Ausländer sei es nicht so einfach zurückzukehren wie man sich das vorgestellt habe. Die Realität sei anders gewesen als die Politik sich gedacht habe. Die Schweiz sei mit der Tatsa¬che konfrontiert worden, dass viele Ausländer hier blieben und noch immer bleiben würden, denn bei uns gehe es ihnen besser und sie hätten bessere Chancen für ihre Zukunft. Des weiteren betonte Herr Müllhaupt, dass Migranten einen Fünf¬tel der Bevölkerung in der Schweiz ausmachen würden. Aus diesem Grund könne man nicht mehr die selben Meinungen vertreten, wie man sie einst vertreten habe.
Die Kantone hätten dieses Problem schon bald erkannt und entsprechende Mass¬nahmen getroffen. Der Kanton Neuenburg beispielsweise sei einer der Ersten gewe¬sen, in dem Ausländer über das passive Wahlrecht verfügen würden.
Der Bund habe die Massnahmen der Kantone anerkannt und versuche allenfalls neue Wege in der Integrationsfrage zu gehen.
Neben dem CHILI mit seinen \"Konflikt¬trainings\" existieren noch viele andere Projekte zur Integrationsförderung.
Herr Müllhaupt hat uns neben dem CHILI die Projekte \"Mitten unter euch\" und \"Mémoires migrants\" vom SRK präsentiert, welche in der Dokumentation genauer erläutert werden.
Zum Thema \"Integration als Voraussetzung zur Einbürgerung\" erklärte uns Herr Müllhaupt, dass das Verfahren fragwürdig sei. Es wüsste auch nicht jeder Schwei¬zer die Antwort auf gewisse Fragen, die den Ausländern beim Einbürgerungsge¬spräch gestellt würden.
Die letzte Frage, die wir Herrn Müllhaupt stellten, war, welche Probleme oder Schwierigkeiten die Integration für Ausländer habe. Am schwierigsten gestalte sich die Situation für die Asylbewerber, da sie stets in Ungewissheit leben müssten lautete die Antwort unseres Experten darauf. Die Ungewissheit darüber wie der Asylentscheid ausfallen würde sei sehr bedrückend und wirke sich integrationshemmend aus. Aus diesem Grund solle man die Asylanten nicht zu sehr integrieren. Das klinge zwar ziemlich hart, sei jedoch unabdingbar. Eine vollkommene Integration würde bei den Asylan¬ten eine falsche Erwar¬tungshaltung auslösen, welche bei negativem Entscheid zu grossen Enttäuschungen führen könne.
Man solle die Flüchtlinge immer wieder damit konfrontieren, was wäre, wenn sie bleiben könnten respektive vor allem was wäre, wenn sie gehen müssten. Die Auseinandersetzung mit diesen Ge¬danken könne ihnen eine grosse Hilfe sein.
Zu guter Letzt erklärte uns Herr Müllhaupt noch etwas über die Organisation, die Grundwerte und über die Hauptzielsetzungen des SRK.
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