Zunächst müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass -nach der Theorie der FS- das Tauschprinzip in unserer Gesellschaft ein alles umfassendes, in jede Pore eindringendes, kontinuierlich fortschreitendes Prinzip ist. Da unsere Gesellschaft von diesem Prinzip immer mehr und mehr eingenommen wird, wird das kritische Denken gegenüber bzw eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Gesellschaft immer schwieriger.
Nun fragt sich natürlich, wie wir aus diesem \"Teufelskreis\" herauskommen können. Theodor Adorno sieht kaum noch Möglichkeiten zu einem effektiven Widerstand gegen das gesellschaftliche System zu leisten. Ein Rückzug des einzelnen Individuums aus der totalen Vereinnahmung der kapitalistischen Gesellschaft ist für Adorno noch die vernünftigste Lösung. Dass eine Veränderung im Verhalten der Massen möglich ist hält er für unmöglich.
Herbert Marcuse dagegen sucht nach einer Strategie, die es möglich macht, dass die Integration des Menschen im gesellschaftlichen Betrieb aufgehalten bzw sogar rückgängig gemacht werden kann.
Marcuses Vorstellungen über Mittel und Wege gesellschaftlicher Änderung sind als Gegensatz zur Marx Revolutionstheorie formuliert. Die Marxsche Revolutionstheorie vertritt die Auffassung, dass das kapitalistische System an seinen ökonomischen Widersprüchen zerbricht, welche sich in wirtschaftlichen Krisensituationen äußern. Die Arbeiterklasse wird in Krisenzeiten dazu getrieben, das herkömmliche kapitalistische System abzuschaffen und eine neue sozialistische Gesellschaftsform zu kreieren.
Marcuse stellt dieser Revolutionstheorie die historische Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft entgegen, die offenbar nicht auf einen Zusammenbruch hinausläuft.
Sie bringt es sogar zustande kritische Potentiale (Arbeiterklasse) über Bedürfnismanipulation und einer Steigerung des Lebensstandards zu befriedigen. Daher setzt Marcuse darauf die gesellschaftliche Herrschaft über das Individuum abzuschaffen und neue Bedürfnisse zu erzeugen. D.h. die Veränderung der Gesellschaft setzt die Veränderung der menschlichen Triebbedürfnisse und Wertvorstellungen voraus. Der Mensch muss zunächst seine innere Natur ändern, damit sein Verhältnis zur äußeren Natur umgestaltet werden kann.
Marcuse fordert die Emanzipation der Sinne und die Befreiung der Phantasie als Fähigkeit, gesellschaftliche Alternativen denken zu können. In einer solchen Überflussgesellschaft wie der unseren könnten wir uns eine Gesellschaft erlauben, die nicht, wie bisher, auf Unterdrückung beruht.
Da die Arbeiterklasse viel zu sehr in den gesellschaftlichen Integrationsmechanismen gefangen ist, stellt sie für Marcuse die Funktion der revolutionären Bewegung nicht dar.
Stattdessen werden Randgruppen wie Studenten oder Afroamerikaner für Marcuse zu Repräsentanten neuer Bedürfnisse und Lebensformen. Diese Randgruppen zeigen bereits zwischenmenschliche Beziehungen, die auf Solidarität und Sinnlichkeit beruhen und konträr zu den Gepflogenheiten der Tauschgesellschaft stehen.
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