Der Weg der Selbstverwaltung war in den westlichen Städten, vor allem in den alten Bischofs- und Römerstädten, ziemlich lang. Ursprünglich regierten in der Stadt der feudale Stadtherr und als sein Vertreter der von ihm bestellte Schultheiß. Die Abhängigkeit des Stadtherrn von der Kaufmannschaft wuchs aber ständig, weil er seinen Staat und seine Unternehmungen oft mit Geldanleihen bei den Kaufleuten finanzieren musste. So bekamen diese nach und nach das Sagen und nahmen die Stadtregierung in die Hand. Ab dem 12. Jahrhundert nahm der Einfluss des Stadtrates immer mehr zu, das heißt: es gingen immer mehr Rechte auf die Vertreter der Bürgerschaft über.
Konsuln und Senatoren nannten sich die Vertreter der Bürgerschaft, später auch Ratsmannen und dann allgemein Ratsherren. Der von ihnen gewählte Bürgermeister wurde zunehmend mächtiger. Wichtige Recht des Stadtherrn riss der Stadtrat ganz an sich, zum Teil mit Gewalt. Dazu gehörten die Handels- und Gewerbeaufsicht, die Verleihung des Bürgerrechts und die niedere Gerichtsbarkeit. Der Stadtrat erließ Ordnungen für den Markt, die öffentliche Waage, Preise und Zoll. Er übte sogar Polizeibefugnisse aus und erhob die Marktgebühren und Verbrauchssteuern.
In den neu gegründeten Städten war die Selbstverwaltung zumeist kein Streitpunkt. Die Fürstenhäuser waren an diesen Neugründungen sehr interessiert. Deshalb erlaubten sie den Neusiedlern oft sofort, dass sie ihren Rat selbst bestimmten und als Zeichen ihrer Freiheit ein eigenes Rathaus bauten.
In der Stadt waren nicht alle Bewohner gleich. Vor allem die Kaufleute hatten mit ihrem starken Einfluss für Bildung und Stärkung des Stadtrates gesorgt, und nur sie durften die wichtigsten Ämter wie Bürgermeister, Ratsherr, Amtsvorsteher bekleiden. Sie nannten sich Patrizier und standen im späten Mittelalter mit dem Adelsstand auf einer Stufe.
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