Europarecht und Europäische Inegration
Europarecht ist auch durch seine Integrationsfunktion gekennzeichnet. Das gilt insbesondere für Gemeinschaftsrecht.
Der Begriff der Integration wird erstmals im Pariser Protokoll I vom 23. Oktober 1954, durch das die WEU geschaffen wurde, erwähnt: Hier verpflichten sich die Mitgliedsstaaten zur Förderung der "fortschreitenden Integration in Europa".
Begriff und Arten der Integration
Der Begriff der "Integration" findet sich somit sowohl im Pariser Protokoll als auch im Maastrichter Vertragswerk und hat auch sonst schon weitestgehende Verbreitung gefunden.
So bedeutet Integration in der Regel die Herstellung oder Wiederherstellung eines Ganzen, den Prozeß des Zusammenschlusses und der Verbindung; sie ist demnach ein Prozeß oder Zustand, der einen höheren Grad der Einheit gegenüber dem früheren bringt bzw. darstellt. Integration ist auch die Einbeziehung von etwas in ein größeres Ganzes.
Juristisch kann zwischen mehreren Arten der Integration unterscheiden:
Die politische Integration:
Sie ist der Zusammenschluß von Staaten mit dem Ziel der politischen Verschmelzung, z.B. in der Form eines neuen, föderalistisch organisierten Staates.
Dafür gibt es allerdings nur wenige Beispiele in der Geschichte, wie die Entstehung der USA (1787), des Norddeutschen Bundes (1867), des Deutschen Reichs (1871) oder Vereinigten Arabischen Emirate (1967).
Viel häufiger finden sich hingegen in der Geschichte der internationalen Beziehungen Beispiele für eine politische Desintegration, wie der Zerfall der Sowjetunion, Jugoslawiens und der Tschechoslowakei in eine Vielzahl von souveränen Staaten in jüngster Vergangenheit zeigt. Manche dieser Staaten - und das erscheint vielleicht paradox - sind trotz der eben erlangten Souveränität bestrebt, EU-Mitglieder zu werden und damit bereit, wiederum auf Teile ihrer Souveränität zu verzichten, die sie eben gewonnen haben.
Die wirtschaftliche Integration:
Sie ist in der Regel dann gegeben, wenn in zwei oder mehreren Staaten die Marktbedingungen weitgehend gleichgeordnet und die Handelsbarrieren zwischen den nationalen Märkten reduziert oder überhaupt beseitigt sind. Im Gegensatz zur politischen gibt es hier aber verschiedene Abstufungen, d.h. Grade der wirtschaftlichen Integration, die in einem Abschnitt weiter unten näher behandelt werden. Die wirtschaftliche ist die häufigste Form der Integration.
So finden sich praktisch in allen Regionen der Welt wirtschaftliche Zusammenschlüsse unterschiedlicher Intensität, etwa in der Form der Freihandelsabkommen, Freihandelszonen oder Zollunionen.
Nach Auffassung der Funktionalisten besteht ein enger Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und politischer Integration:
So führt nach dieser Theorie eine wirtschaftliche Einigung geradezu naturgesetzlich zu einem politischen Zusammenschluß von Staaten. Wirtschaftliche Kooperation auf einem Sektor bedingt das Übergehen auf alle Wirtschaftsbereiche und mündet schließlich in die Errichtung eines Bundesstaates.
Die rechtliche Integration:
Sie ist dann gegeben, wenn in zwei oder mehreren Staaten bestimmte Materien einer gleichartigen und gewöhnlich umfassenden rechtlichen Regelung unterworfen werden. Im europäischen Gemeinschaftsrecht wird hier zwischen Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung unterschieden. Erste gibt nur das Ziel einer bestimmten rechtlichen Regelung vor und überläßt den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und Mittel zur Erreichung dieses Zieles, erlaubt also die Beibehaltung nationaler rechtlicher Eigenheiten, während letztere auf die Schaffung einheitlich geltenden Gemeinschaftsrechts ("Einheitsrecht") gerichtet ist. Auch außerhalb der Gemeinschaftsordnung kann man von einer rechtlichen Integration dann sprechen, wenn Gemeinschaftsrecht von Drittstaaten, also Nichtmitgliedern vertraglich oder autonom übernommen wird.
Ein Beispiel für den ersten Fall wäre das EWR-Abkommen vom 2. Mai 1992, durch das 70% des Gemeinschaftsrechts von den EFTA-Staaten übernommen wurde, ein Beispiel für den zweiten Fall der autonome Nachvollzug ohne diesbezügliche völkerrechtliche Verpflichtung.
Auch ehemalige Kolonialländer haben weite Teile des innerstaatlichen Rechts von ihren Gebietsvorgängern beibehalten oder übernommen, wie es etwa im Bereich des britischen Commonwealth of Nations der Fall ist.
Die militärische Integration:
Sie liegt dann vor, wenn sich zwei oder mehrere Staaten zu einem militärischen Bündnis (Allianz) zusammenschließen und einheitliche militärische Strukturformen (Ausbildung, Befehlsstrukturen, Ausrüstung etc.) schaffen.
Beispiel hierfür wäre die NATO.
Zusammenfassen kann gesagt werden, daß heute am weitesten die wirtschaftliche, gefolgt von der rechtlichen Integration verwirklicht ist; beide Arten sind oft, wie im Fall der EU im Bereich des Gemeinschaftsrechts, gemeinsam zu finden, da erstere durch die rechtliche Integration häufig bedingt ist. Politische und militärische Integrationsformen sind hingegen selten, wohl aber richtungsweisend auch im EU-Vertrag enthalten.
Völkerrechtliche Integrationsformen der Internationalen Wirtschaft
Handelsabkommen
Freihandelszone
Zollunion
Gemeinsamer Markt und Binnenmarkt
Wirtschafts- und Währungsunion
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