Jahrhunderts New Age
Ich wage es, nicht die Erscheinung zu charakterisieren, die sich von ihrer Natur aus in keine Formeln und Definitionen setzen lässt. Ihr Wesen besteht sogar in der programmatischen Undefinierbarkeit. Aber wenn wir schon unbedingt ein Element finden möchten, das diese verworrene Wirklichkeit verbinden würde, dann müssen wir es als eine entschiedene Trennung von der christlichen Tradition bezeichnen oder noch stärker ihr Recht zu existieren soll auf der Notwendigkeit der Überwindung all dessen beruhen, was das Christentum mit sich bringt. In einer wissenschaftlichen Tagung, die an der Jagiellonen Universität im März 1993 veranstaltet und der Bewegung New Age gewidmet war, hat einer ihrer Hauptkoryphäen, Jerzy Prokpiuk, eben dieses Element in den Vordergrund gestellt:
\"Das Christentum hatte 2000 Jahre. Die Folgen seiner Anwesenheit in der Welt können wir uns ansehen. Lassen wir den anderen die Gelegenheit, sich zu bewähren\". Diese Worte führe ich aus dem Gedächtnis an. Ihr Sinn scheint aber klar zu sein: das Christentum trotz seiner erhabenen Losungen hat sich mit seinem kulturellen Erbe blamiert. Lassen wir Mächte und Tendenzen zu Wort kommen, die von ihm im Namen des geistlosen Rechts bekämpft wurden und es wird sich zeigen, dass der Mensch endlich das Glück und die volle Menschlichkeit erreicht. New Age scheint in dieser Perspektive wirklich die größte Herausforderung für das Christentum zu sei, weil sie die Versprechungen verkündet, die die Religion von Jesu Christi erfüllen sollte. Von anderer Seite lohnt es sich aber zu überlegen, ob die wachsende Popularität der Bewegung New Age den geistigen Bedürfnissen nicht vorantritt, die das sogenannte traditionelle Christentum zu befriedigen nicht in der Lage ist: nämlich das Bedürfnis, in seiner Einzigartigkeit und Unwiederholbarkeit bemerkt zu werden, das Bedürfnis des persönlichen Kontakts mit Gott, das Bedürfnis mit sich selbst, mit der Welt und Gott und Gleichmut und Harmonie zu finden, das Bedürfnis der Liebe endlich. Das sind die Losungen, die besonders für die jungen Leute eine sehr starke Anziehungskraft haben. Es ist nur schade, dass sie gegen das Christentum formuliert und verkündet werden. Es besteht die Frage, ob die Christen selbst in großem Maße zur Entstehung von New Age und besonders zu seiner wachsenden Popularität beigetragen haben. Außerdem bleibt noch die Frage offen, ob New Age vor allem eine Herausforderung und vielleicht eine Chance für die Christen bildet, damit sie ihr eigenes Erbe wieder entdecken können, das sie schon lange vergessen haben. Es reicht die außergewöhnlich reiche Tradition der ersten Jahrhunderte zu erwähnen, in denen die Dialogformen mit anderen Kulturen ausgearbeitet wurden oder eine außergewöhnlich reiche Tradition des späten Mittelalters oder die Goldene Zeit der spanischen Mystiker oder solche Namen wie Johannes von Kreuz, Theresia aus Avila oder Ignatius Loyola. Viele Beispiele liefert ansonsten die Mystik des Alltags, die mit St. Theresia aus Lisieux verbunden ist. Um gerecht zu werden, muss man betonen, dass die Versuche, an die Tradition anzuknüpfen, in manchen Fällen gelungen sind. Es reicht nur das Schaffen von kontroversen aber wichtigen Personen. Zu denen gehört zum Beispiel Anthony de Mello. Es bleibt uns nur übrig zu wünschen, dass solche Versuche öfters unternommen werden und vor allem, dass sie sich im allgemeinen Bewusstsein der Gläubigen einprägen könnten.
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