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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der zusammenbruch des vielvölkerstaates



Ende der 80er Jahre erhielten nationale Bewegungen in den einzelnen Teilrepubliken neue, dynamische Impulse, die 1991 letztendlich zum unmittelbaren Zusammenbruch des Einheitsstaates Sowjetunion führen sollten. Grund war die oben beschriebene jahrelange Ignorierung der Vielvölkerproblematik durch das Regime. Gorbatschow selbst erklärte 1986: "Die nationale Frage, wie sie uns die Vergangenheit hinterlassen hat, wurde in der Sowjetunion erfolgreich gelöst." In seinem Buch "Perestrojka" vertrat er ein Jahr später dieselbe Meinung, fügte jedoch hinzu, dies bedeute "noch lange nicht, daß nationale Prozesse problemlos verlaufen." "Nicht problemlos" - damit umschrieb er Aufstände in Kasachstan 1986, "wochenlange Demonstrationen von Krimtataren für das Recht auf Rückkehr in ihre alte Heimat" 1987; "nicht problemlos" - das bedeutete noch im selben Jahr blutige Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach, die sich monatelang ohne Lösung des Konflikts durch die Zentralregierung hinzogen. Allerdings bezeichnete Gorbatschow die Nationalitätenpolitik nun als "grundsätzlichste und vitalste Frage unserer Gesellschaft" und kündigte "in naher Zukunft" Sondersitzungen des Zentralkomitees an.

     Im Laufe des Jahres 1988 spitzte sich der Konflikt immer mehr zu ("in vielen Republiken - allen voran den drei baltischen - erfuhren ab Ende 1988 die nationalen Symbole (...) eine umfassende Renaissance, was gleichzeitig gegen die kommunistischen Dominanzzeichen (...

    ) gerichtet war" ) - und gipfelte im November in der Souveränitätserklärung Estlands, der weitere folgten. Es kam zu einem \"Krieg der Gesetze" zwischen Union und Republiken. Reformversuche der Regierung seien, heißt es in der Literatur, "viel zu spät", "unsystematisch" und "halbherzig" gewesen. 1990 erklärten nach Wahlsiegen nicht-kommunistischer Parteien die baltischen Staaten, sowie Georgien und Armenien ihre Unabhängigkeit, erkannten sich gegenseitig diplomatisch an und schlossen zwei- oder mehrseitige Verträge. Die Ratlosigkeit der Regierung zeigte sich im Entwurf eines neuen Unionsvertrages zur Gründung einer "Union der Souveränen Sowjetrepubliken" (USS), der der Realität in keiner Weise entsprach. Mit ihm habe, kommentiert der Historiker Anton Bebler, Gorbatschow "die Quadratur des Kreises vollzogen, indem er sowohl den Unionsrepubliken als auch der Union selbst Souveränitätsrechte zugestand.

     In dem Vertragsentwurf wurden den Republiken das Eigentumsrecht an ihren eigenen Ressourcen zugesprochen, während die wesentlichen imperialen Vollmachten in den Händen der Sowjetbürokratie und bei der Zentrale blieben." Im Gegensatz zur früheren Fassung von 1977, die den Unabhängigkeitserklärung von Republiken zumindest theoretisch zuließ, "sollte, so Gorbatschow, keiner Republik der Austritt aus der Sowjetunion gestattet werden - höchstens nach dem neuen Gesetz vom 3. April 1990, das in Wirklichkeit eine Verhinderung des Austritts war." Mit Berufung auf die dementsprechende Ungesetzlichkeit der Unabhängigkeitserklärungen kam es "Mitte 1991 im Baltikum zu offenen Repressalien, Terrorisierung der Bevölkerung und zum Einsatz der Streitkräfte" . Für die nationalen und die demokratischen Bewegungen war der Vertrag der "Versuch, die alten, hierarchischen und zentralistischen Strukturen aufrechtzuerhalten" , während konservative und reaktionäre Kreise in ihm "den Anfang vom Ende der Sowjetunion" sahen, was auch das Ende ihrer Macht bedeutet hätte. Unmittelbare Folge des Konflikts war der Putsch im Jahr 1991, in dessen Folge Gorbatschow drei Tage lang in seinem Haus auf der Krim festgehalten wurde.

     "Nicht die KPdSU putschte; es wurde auch nicht im Namen der Bewahrung des zentralbürokratischen Sozialismus geputscht, sondern aus ,sowjetpatriotischen' Motiven" .

 
 

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