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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der staat als teil der wirtschaft



Da der Staat ebenfalls grosse Mengen an Geld bewegt, kann man ihn als Wirtschaftsfaktor nicht aus der wirtschaftlichen Entwicklung ausschliessen. Seine Einnahmen bezieht der Staat aus Steuern, die wichtigsten Steuern sind Einkommen-(22) und Lohnsteuer(23), Umsatzsteuer(24), Mineraloelsteuer(25), Gewerbesteuer(26), Koerperschaftssteuer(27), Tabaksteuer(28), Kraftfahrzeugsteuer(29), Vermoegenssteuer(30), Grundsteuer(31), daneben gibt es noch etwa 30 verschiedene Steuerarten mehr, sowie Zoelle.

Diagramm [8]:

Entwicklung der Steuereinnahmen der Bundesrepublik Deutschland 1950-1985

Diese Einnahmen werden auf Bund, Laender (incl. Hansestaedte und Berlin) und Gemeinden verteilt, 1986 sah die Verteilung wie folgt aus: Bund-47%, Laender-35%, Gemeinden-14%, und zu verteilen waren in dem Jahr 427 Mrd. DM. Der prozentuale Anteil an den Einnahmen hat sich seit 1950 nur unwesentlich veraendert, doch sind den Gemeinden seither zusaetzliche Aufgaben zugefallen, welche durch die Einnahmen nicht mehr zu decken waren, und folglich nur mit einer zusaetzlichen Verschuldung zu bewaeltigen waren. So hat sich die Verschuldung der Gemeinden sowohl absolut als auch relativ staerker erhoeht, als die von Bund und Laendern. Die Haelfte der Steuereinnahmen des Staates fliessen in Verteidigung, soziale Sicherung, Schul-, Wohnungs- und Verkehrswesen, die andere Haelfte kommt sonstigen Zwecken, wie zum Beispiel dem Umweltschutz und der Forschung zu Gute.
Wenn man sieht, dass der Staat viele Schulden macht, waehrend die Privatwirtschaft relativ reich ist, darf man nicht aus den Augen lassen, dass die oeffentlichen Investitionen um 232% zugenommen haben, waehrend die privaten nur ein Steigerung von 170% verzeichnen koennen. Haben die Gemeinden anfangs auch oft noch das Geld verschleudert, zum Beispiel fuer mehr representative als zweckmaessige Bauten, so ist man in den letzten Jahren doch ein wenig vorsichtiger im Umgang mit dem Geld geworden.
Mitte der 60er Jahre setzte die erste Wirtschaftsflaute seit Gruendung der Bundesrepublik ein. Ludwig Erhard, nunmehr Bundeskanzler, versuchte die Wirtschaft allein mit Appellen und gutem Zureden wieder zu beleben. Erst 1967 schafften es Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD)(32) und Finanzminister Franz Josef Strauss (CSU)(33), mit dem Nachfolger Erhards Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger(34) (CDU) durch die Politik der Globalsteuerung (Deficit-spending) die Konjunktur wieder zu beleben und galten fortan als Musterbeispiel dafuer, dass man durch erhoehte staatliche Ausgaben und damit die verbundene Schulden die Konjunktur und die Arbeitslosigkeit in den Griff bekaeme und nahm diese Erfolge als Rechtfertigung fuer spaetere weit weniger erfolgreiche Versuche in die gleiche Richtung in den 70er Jahren. Denn schon 1973 kam es zu einem erneutem Rueckgang der Weltwirtschaft auf Grund der erhoehten Oelpreise. Ausserdem stieg in dieser Zeit die Arbeitslosigkeit, durch die zunehmende Automation und die Rationalisierung. So vermochte man die Situation durch das Deficit-spending nur zu mildern, nicht aber die alten Verhaeltnisse (Vollbeschaeftigung / geringe Inflation) herzustellen. Doch der Preis dafuer war eine Verschuldung von 6600 DM pro Einwohner 1980.
In den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland waren die Anteile des Wohnungswesens und der sozialen Sicherung am Staatshaushalt noch wesentlich groesser (Wohnungswesen 1953:12% - 1984:1,6%), doch die Gruende hierfuer sind in der allgemeinen Notlage zu suchen. Es musste natuerlich viel mehr Wohnraum geschaffen werden, da ja durch die Fluechtlinge und die zerstoerten Wohnungen
ein gewaltiger Bedarf bestand. Ebenso im sozialen Bereich - fuer die Versorgung der Kriegsbeschaedigten (Grundrente, Ausgleichsrente, Heilbehandlungen, u.a 1950: 1,5 Mill. DM, 1986: 0,7 Mill. DM) und die Unterstuetzung der Hinterbliebenen Gefallener (Grundrente, Einkommensausgleichsrenten 1950: 2,5 Mill. DM, 1986: 0.8 Mill. DM) wurden insgesamt 260 Mrd. DM eingesetzt. Hinzu kamen Entschaedigungen, die an, die waehrend des Nationalsozialismus wegen ihrer Rasse, ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung verfolgt wurden. So kamen 3,45 Mrd. DM dem iraelischen Staat fuer die Ansiedlung ehemals europaeischer Einwohner als Wiedergutmachungsleistungen zu. Insgesamt gingen im Rahmen des Bundesentschaedigungsgesetzes von 1956 bis 1986 54 Mrd. DM an die Betroffenen. Zur Finanzierung beschloss man 1952 das Lastenausgleichsgesetz, welches alle Buerger, deren Besitz den Krieg ueberdauert hatte, verpflichtete die Haelfte seines Wertes an den Staat abzufuehren.
Heute ergeben sich fuer den Staat in Folge der Wiedervereinigung (3.10.1990) neue finanzielle Belastungen, um die Lebensbedingungen der Menschen und die wirtschaftlichen Verhaeltnisse im Gebiet der ehemaligen DDR denen der Alt-Bundesrepublik anzugleichen. Grosse Summen sind aufzubringen, um die Betriebe zu privatisieren, umzu strukturieren und die dabei arbeitslos gewordenen Menschen zu unterstuetzen. Ausserdem muessen auch wieder die Verfolgten und Enteigneten entschaedigt werden. Zur Finanzierung werden wir alle noch etliche Jahre in Form von Steuerzuschlaegen (Soldaritaetszuschlag) herangezogen werden. Doch aus dieser neuen Herausforderung ergeben sich auch viele neue Chancen, wie die Oeffnung neuer Maerkte in den Gebieten der ehemaligen DDR.

 
 

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