Allein für den Versuch, eine normale Vorlesung multimedial abzubilden, und sie für die interaktive Nutzung im Netz entsprechend vorzubereiten, wird ein horrender Zeitaufwand prognostiziert. Prof. Kaderali, ein erfahrener Praktiker im Bereich des Fernlernens, veranschlagt hierfür mindestens drei Mannjahre. Änhnliche Zahlen nennt auch Kawalek für strukturierte CBT-Programme (Computer Based Training) in einem Aufsatz über Erfahrungen aus Telelernprojekten. Gleichzeitig verweist der Telelearning-Experte auf die Risiken einer mit der teuren Produktion des Lehrmaterials verbundenen unerwünschten Verstetigung des Lehrangebotes: "Bei ca. 200 Stunden Entwicklungszeit für ein einstündiges CBT Programm und ca. 1500 Stunden für ein tutorielles Programm ... ist das auch nicht überraschend. Ein solcher Kurs muß sich erst einmal amortisieren, was dazu führen kann, daß - insbesondere im Hochschulbereich - neuere Entwicklungen nicht berücksichtigt werden. 6 - 10 Jahre ohne irgendwelche Veränderungen sind keine ungewöhnliche 'Lebensdauer' für einen Kurs."
Während folglich das multimediale Fernlernen und das Stöbern in didaktisch perfekt ausgefeiltem Material schon aus Kostengründen vorerst eher die Ausnahme bleiben wird, so liegen die Chancen in der Vernetzung von Bildungseinrichtungen untereinander und der Verbund dieser "Orte" mit den Haushalten der dort tätigen Personen, vor allem im Aufbau und Ausbau von Telekooperationssystemen. Beim Berliner Virtual College wurde von den Projektpartnern deshalb hierin ein besonderer Schwerpunkt gewählt. Studenten und Dozenten sollten die notwendigen Voraussetzungen hierfür erklärt bekommen. und mit der Integration in zentrale Netze und Server sollte ein Rahmen für die Realisierung eines intensivierten technischen Verkehrs zwischen den Akteuren geschaffen werden. Das Interesse war groß, über 500 Studenten schrieben sich gebührenfrei ein, aber nur ein geringer Prozentsatz der VC-Studenten und Dozenten sah sich gleich zu Beginn des Projektes in der Lage die neuen Techniken entsprechend einzusetzen. Auch eilig durchgeführte Crashkurse konnten die Skepsis zahlreicher Computerneulinge nicht tilgen. Sie sprangen ab oder beteiligten sich nur "theoretisch" am Programm. Die Konsequenz hieraus: die zweite Phase des VC im Wintersemester 1996/97 wird intensiver verlaufen und in einem Modellversuch "Mediengestaltung und Medienarchitektur" weniger aber dafür versiertere Teilnehmer in die telekooperativen Experimente einbeziehen.
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