Dieser Abschnitt soll verdeutlichen, worin ob der beschriebenen Gemeinsamkeiten die unterschiedlichen Ansatzpunkte der beiden politischen Theorien bestehen.
So verbindet sich der Liberalismus historisch primr mit der rechtlichen Besserstellung des Brgertums gegenber dem Staat, wobei quasi als \"Nebenprodukt\" der ethischen Begrndung mit dem von Natur aus mit Grundrechten ausgestatteten Menschen ein be¬merkenswertes, universelles Postulat entstand.
Der Sozialismus dagegen ist eng mit der Arbeiterfrage verknpft. Er beruft sich, um die Situation der Arbeiter zu verbessern, ebenfalls auf individuelle Rechte und darauf, da der Mensch nicht als bloes Mittel eines anderen (hier: Kapitalisten) mibraucht werden darf. Man kann heute fragen, ob eine Verwendung des Begriffs Sozialismus auerhalb einer Klassenkampfproblematik berhaupt denkbar ist und ob er insoweit auf heutige Zeit noch sinnvoll anwendbar ist.(Vgl. hierzu auch van Oertzen, 1986, S.566)
Die Liberalen waren vom Machtmibrauch des Staates und der Kleriker, die Soziali¬sten von dem der Kapitalisten angetrieben worden, Gegenkonzepte zu entwickeln. Letzte¬re traten fr die Vergesellschaftung des Eigentums an Produktionsmitteln ein und entwic¬kelten eine Kapitalismuskritik, wie sie Liberale in aller Regel nicht teilen. Sie waren im Gegenteil davon berzeugt, da das Privateigentum an Produktionsmitteln zu einer effekti¬ven Bedrfnisbefriedigung einen wichtigen Teil beitrgt und den Wohlstand mittelbar ins¬gesamt vermehrt.
Der Begriff der Gleichheit spielt in beiden Theorien eine wichtige Rolle. Der Liberalis¬mus besetzt ihn aber vornehmlich mit der Gleichheit vor dem Recht und der Gleichheit der Chancen z.B. hinsichtlich des Zugangs zur Bildung.(Siehe auch Anmerkung 12) So¬zialisten dagegen legen den Schwerpunkt eher auf eine materielle Gleichheit der Men¬schen und sehen umgekehrt in einer akuten ungleichen Verteilung von Wohlstand eine Verletzung sozialer Gerechtigkeit und das Indiz fr eine Ausbeutung von hierachisch h¬her Stehenden gegenber einer hart arbeitenden Unterschicht.
Liberale wollen dem Menschen persnliche Autonomie geben. Sie wollen ihm Ver¬antwortung fr den eigenen Werdegang rckbertragen. So ist es beispielsweise die Ver¬pflichtung des Arbeitslosen, selbst aktiv zu werden, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Sozialisten neigen tendenziell dazu, diesen Verantwortungsbereich staatlichen Gremien zu berlassen. Dennoch bilden auch im Sozialismus die Erfahrung von aus Selbstverwal¬tung heraus resultierender Verantwortung im Sinne einer Emanzipation der Arbeiterschaft einen wesentlichen Bestandteil.
Whrend die Liberalen immer wieder auf die \"Grundeinheit\" Individuum zurckgreifen und lediglich sein Recht betonen, sich Vereinen und Gesellschaften anzuschlieen, ope¬riert der Sozialist von vorneherein bevorzugt mit dem Begriff der Solidaritt und versucht mittels einer Einschwrung der Arbeiterschaft auf die gemeinsamen Ziele, ihre Rechte zu erkmpfen.(Vgl. auch: Verheugen, 1986, S.402)
Insgesamt bringt der Sozialismus dem Staatsapparat wesentlich weniger Skepsis ent¬gegen als der Liberalismus, zu seinen Kernproblemen doch zhlt, Staatsaufgaben klar de¬finiert zu begrenzen und Staatsaufbau derart zu gestalten, das Machtmibrauch weitest¬gehend unmglich gemacht wird.
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