(Liesenfeld)
Der größte Unterschied des Jugendbildes unserer heutigen Industrie- und Freizeitgesellschaft ist der, daß dieses Jugendbild nicht mehr auf die Generation der sich in diesem Alter befindlichen Personen beschränkt bleibt.
Jugendliche aller Schattiereungen lächeln von Plakat- und Leinwänden auf uns herab und vermitteln unterschwellig oder aufdringlich: kosmetisches Gepflegtsein und Sportlichkeit sind \"ein muß\". Beides steht für Jugendlichkeit oder aber ist bemüht, diese zu stimulieren bzw. zu ersetzen.
Unzählige Beispiele vor allem aus Kosmetik- Mode-, Erfrischungsgetränke- und Lebesmittelwerbung belegen dies. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch, daß heute Jugendliche selbst eine große zu bewerbende Konsumentengruppe sind, nicht nur weil die Jugendphase mittlerweile oft bis zum 30. Lebensjahr dauert. Nicht nur wenn wir die \"Mode-Seiten\" sondern auch wenn wir die Annoncenteile von Illustrierten und Zeitungen aufschlagen sehen wir, wie sehr jugendliches Aussehen gefragt ist oder zumindest angepriesen wird: Schlankheitstrunks, Anti-Fältchen-Cremes, Diät-Käse und -Wurst sowie Schönheits- und Fitnesskuren werden an die Frau oder den Mann gebracht. In diversen Frauenzeitschriften finden sich auch regelmässig die Anzeigen der \"Kosmetischen Chirurgie\" für diejenigen, welche meinen es hülfe nur noch das Skalpell.
Ein Blick in die Partnerschafts- und Heiratsinserate bestätigt das \"In-Sein\" von Jugendlichkeit. Oft finden sich Formulierungen wie \"Jugendlicher Endvierziger, gutaussehend, sportlich sucht ...\" oder \"Er, 38, erfolgreich im Beruf, wünscht attraktive junge Frau bis 30, zwecks ...\"
Aber auch der u. U. aus der Fernsehwerbung bekannte \" Herr Kaiser, der Mann von der Hamburg-Mannheimer\" ist durch einen jüngeren Darsteller \"modernisiert\" worden. Für eine Bausparkasse wirbt ein Model so, wie es auch für koffeinfreien Kaffee, oder besonders bequeme Binden posieren könnte. Mit Studentenservice und besonderen Konditionen vermittlen Banken und Versicherungen Offenheit, Aufgeschlossenheit, Freundschaftlichkeit, Partnerschaftlichkeit, Dynamik etc. Dies ermöglicht den Institutionen einerseits, sich selbst einen jugenlichen Anstrich zu geben und andererseits, ihre Geschäftsintressen hinter dem jugendlichen Image zu verschleiern.
An dieser Stelle wenigstens erwähnt werden muß auch die Sprache, sowie Musikvorlieben als Indikator für Jugendlichkeit.
Ebenso wäre Jugendlichkeit in der Mode ein Thema für ein extra Referat, an dieser Stelle lediglich folgendes: Wer trägt heute keine Blue-Jeans?
Wenn festgestellt wird, daß Jugendlichkeit heute besonders \"in\" sei, darf allerdings nicht vergessen werden, daß der Wunsch nach immerwährendem Jung-Sein ein nicht sehr neuer ist. Unzählige Geschichten und Volkslieder von Jungbrunnen oder -bädern, welche ihren Nutzern sofortige und unter Umständen immerwährende Jugend bringen und \"Altweibermühlen\", in denen Frauen zu jungen Mädchen gemahlen werden, geben davon Zeugnis.
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