In den 30er Jahren wurde das Thema "Sexualität" noch sehr streng gehandhabt. Im Mittelpunkt dieser restriktiven Einstellung zur Sexualität stand einerseits die Miteinbeziehung der Eltern, wenn es um die geeignete Partnerwahl ihrer Kinder ging:
Zwei Junge Leute treffen sich auf dem Studentenball, küssen sich
auf dem Nachhauseweg, das Mädchen bestellt ihn, nachdem sie
nun - durch das Küssen - verlobt seien, ins Haus der Eltern. Der
Vater des Mädchens verlangt eine Unterredung mit dem Vater
des jungen Mannes. Dieser sperrt sich gegen die Verbindung.
Der Familienrat beschließt: "man wolle eine Zeitlang zuwarten"
(ebd., S.287). In der Zwischenzeit darf der Bräutigam einmal in
der Woche mit der Familie der Braut essen. Das Paar begibt sich
nach dem Essen ins "anschließende" Zimmer zu einer Tasse Tee
und gehobenen Gesprächen. (Reimann, 57)
Andererseits wissen wir auch aus eben diesen überlieferten Verhaltenscodes, daß vorehelicher Geschlechtsverkehr nicht üblich war, voreheliche Keuschheit hingegen die Zeit regierte. Dieses "Phänomen" beschrieb auch Lillian Rubin. In ihrem Buch Erotic Wars (New York, 1990) untersuchte sie 18 bis 48jährige Amerikaner und Amerikanerinnen und "[revealed]...a tale of change of almost staggering proportions in relations between men and women over the past few decades". (Rubin, 8 in Giddens, 9)
The author prefaces her report on what things were like
for the older generation with her own testimony, as a
member of that generation herself. She was a virgin at the
time of her marriage during World War 2, a girl who 'followed
all the rules of her day', and would never have 'gone all the
way' (Giddens, 9)
Daß die Liebes- und Lusterfüllung in der Ehe dann meist als Enttäuschung empfunden wurde, wußte schon Sigmund Freud in seiner ersten kulturtheoretischen Abhandlung "Die Sexualmoral und die moderne Nervosität" anzuführen. Mit den Worten: "Die asketische Sexualmoral sei eine schlechte Vorbereitung auf die Ehe... sie verzehre die Kräfte des Mannes" machte er auf die möglichen, manchmal auch verheerenden Folgen der vorehelichen Restriktion aufmerksam.
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