Um 399 v.Chr. wurde Sokrates von drei angesehenen Männern aus Athen, Anytos, Lykon und Meletos, angeklagt. Meletos war der Hauptkläger. In der attischen Ordnung gab es zwei Arten von Klagen: die öffentliche Anklage, die nur direkt von dem Verletzten oder dessen Vertreter und die private Anklage, die von jedem unbescholtenen Bürger erhoben werden konnte. Sokrates hatte sich gegenüber einer öffentlichen Anklage zu verantworten. Der Gerichtshof bestand aus den üblichen 501 Geschworenen bei größeren Prozessen. Die Anklage lautete wie folgt:
"Zur Niederschrift gegeben hat dies Meletos, der Sohn des Meletos aus Pitthos, gegen Sokrates, den Sohn des Sophraniskos aus Alopeke: Sokrates handelt rechtswidrig, indem er die Götter, die der Staat anerkennt, nicht anerkennt und andere, neuartige göttliche, dämonische Wesen einzuführen sucht; er handelt außerdem rechtswidrig, indem er junge Leute verdirbt. Strafantrag: Tod!"
In Wirklichkeit wurde sich in Athen um die Religiosität eines anderen nicht gekümmert, aber es war jeder Vorwand recht, um einen politischen Gegner aus dem Weg zu räumen.
Der attischen Prozessordnung entsprechend, verteidigte sich Sokrates vor Gericht selbst. Es wäre zwar erlaubt gewesen, eine vorgefertigte Rede eines Schreibers zu verlesen, doch das Angebot des Lysias lehnte er ab. Der erste Teil seiner Verteidigungsrede spricht direkt die Vorwürfe gegen Sokrates an. Daraufhin wird Sokrates zum ersten Mal mit 280 (schuldig) zu 220 (nicht schuldig) für schuldig gesprochen. Allerdings wird angenommen, dass die Geschworenen bestochen wurden. Der zweite Teil macht von dem Recht Gebrauch, einen anderen Strafantrag zu stellen. Sokrates eigener Antrag schlägt jedoch mehr eine Belohnung, als eine Bestrafung vor. Er fordert eine Ausspeisung im Pyrtaneum. Jedoch hat er mit diesem Vorschlag die Geschworenen so verärgert, dass viele von ihnen die Meinung änderten: Nun wurde er mit 360 zu 140 Stimmen für schuldig erklärt. Der dritte Teil beinhaltet lediglich Schlussworte an die Richter.
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