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Das außen von jugendidentität und jugendkultur



Jugendkultur, als gesonderter Teil der Hauptkultur, ermöglicht für den Jugendlichen u.a. Identitätsfindung. Hinter der Aussage \"Ich bin ein Mod/ Raver/ Jungelist/ Houser etc.\" oder \"Ich steh in letzter Zeit total auf Goa/ Deep House/ dieses britische Gitarrenzeug\" steht, wenn nicht der Anschluß an eine durch Musik verkörperte Lebens- und Erlebnisweise, so doch eine ebenso schwer begründbare, wie doch sehr ernste Emphase für die durch Musik produzierten Zeichen und Bedeutungen. Eine aus einem jugendkulturellen Zusammenhang entstandene Identität interpretiere ich als eine Kategorien produzierende Denk- und Erlebnisweise, die ihrerseits Antworten und Verortungen auf Fragen der typisch jugendlichen Sinnsuche bereithält. Aus dieser Eigenpositionierung entsteht eine Handlungsweise und aus dieser Handlungsweise eine Geschichte des jeweiligen Ichs, und aus allem eine Identität zu nennende Gesamtheit. Jugendkultur ist ein Weg der Identitätsfindung unter vielen. Ich begreife Jugendkultur als sich ständig veränderndes Medium, auf welches sich in unterschiedlichem Ausmaß ein Teil der Jugendlichen bezieht. Bezieht sich ein Jugendlicher nicht auf Jugendkultur, so ist diese Verweigerung ihrerseits eine Positionierung (klassisch vielleicht im Typ des Pollunder-tragenden \"Nerds\" konfiguriert) die das, was in der Jugendkultur mitschwingt, - aus welchen Gründen auch immer - nicht teilen mag und sich z.B. einer Technikkultur anschließt und dann ständig mit Zahlen um sich wirft.
Die Notwendigkeit oder die allgemeine Tendenz jugendlicher Menschen, sich bei der Identitätsfindung in positiver oder eben abgrenzender Weise auf Jugendkultur zu beziehen, entsteht aus einem mit der Industrialisierung eingesetzten und sich seit dem beschleunigenden Verfall von Traditionen, feststehenden Rollenbildern, Systemen zur Welterklärung (ableitbar aus den Disziplinen Religion, Philosophie, Physik usw.). Mit dem Auf- und Niedergang von Industriezweigen, Regierungen und Wirtschaftssystemformen, dem Um- und Abbau des Sozialstaates entsteht ein wildes Durcheinander und mit diesem ein, auf jeweilige Situationen bezogener Zeitgeist, aber eben kein auf Transzendentalien verweisendes System der Welterklärung und Moral. Mit einem bündigen \"anything goes\" faßte Paul Feyerabend dieses Problem der Erkenntnistheorie zusammen und zersplitterte damit die Möglichkeit zur Verortung in ein allgemein als verbindlich voraussetzbares Erklärungsmodell.Wohlgemerkt: Diese Notwendigkeit zur Konstruktion steht als Option im Raum, sie aufzugreifen ist aber eher Sache von Minderheiten. Die Mehrheit übernimmt fertige Sinnsysteme, kümmert sich um all das nicht, bezieht Identität aus der Sicherheit einer sozialen und beruflichen Position. Für die in und um Jugendkultur entstehende Ästhetik, Philosophie, allgemeine Denk- und Lebensweise aber ist die Beantwortung solcher Fragen zentrales Moment. Fend schreibt: daß der moderne okzidentale Rationalismus gleichzeitig Ansprüche provoziert und ihre Verwirklichung erschwert: Es sind dies insbesondere Provokationen und Ausblendungen von Ansprüchen an Autonomie, Sinnerfüllung und Selbstentfaltung, von Ansprüchen sozialer Gerechtigkeit und Brüderlichkeit, aber auch von Ansprüchen an Erleben, an Glück, an Akzeptanz und auch an Irrationalem, deren Pflege zu neuen Kulturen der Lebensführung in verschiedenen Sektoren der Gesellschaft, insbesondere auch bei Jugendlichen geführt haben. Das wichtigste Spannungsmoment ist jenes zum Individualisierungsschub, also zur sozialhistorischen Entfaltung der Autonomie der Person , die der okzidentale Rationalismus selbst mitgestaltet hat.\" [2]
Verstärkend wirkt sich in dieser Situation der Sinnsuche aus, daß der Jugendliche noch nicht \"im Leben\" steht, oft über Schonzeit und damit Denkzeit verfügt, die an einem Platz \"im System\" gebundenen Regeln noch nicht bei Strafe des Rausschmisses zu akzeptieren hat. In dieser Position entsteht ein häufig von Mißverständnissen durchwachsener und in Fragen der Bewertung gern undifferenzierter Blick auf die durch die Erwachsenengeneration zu verantwortende Welt. Diesem gleichermaßen aus Außenperspektive und Erfahrungsmangel entstandenen Rigorismus möchte ich bei allen Mißverständnissen zugestehen, zu durchaus fundierten und der historischen Rückschau standhaltenden Bewertungen zu kommen. So entzündete sich der erste große Generationenbruch der Nachkriegsgeschichte an der an Völkermord grenzenden Kriegsführung der USA in Vietnam. Mit Langstreckenbombardements auf ein Bauernvolk diskreditierte sich ein ganzer Wirtschafts-, Politik- und Kulturzusammenhang. Mit all dem nichts zu tun haben zu wollen und doch nicht tatenlos zusehen dürfen, wie es noch die Elterngeneration der 68er während des Faschismus tat, trieb die, die die Sinnfrage stellten auf die Barrikaden, in den Untergrund oder, als Guerilleros des Geistes, durch die Institutionen.Vor diesem Hintergrund ist Sinn, sind Fragen der Ethik, Entscheidung über Lebensziele und eben Identitäten immer individuell und stets neu zu konstruieren. Jugendkultur in all ihren Fraktionen werte ich als ein wichtiges Bezugssystem für diese Konstitution. Ihrerseits bezieht sich Jugendkultur auf Philosophien, Ästhetiken, Literatur, die lange vor und / oder außerhalb des jeweiligen jugendkulturellen Kontextes entstanden oder Traditionslinien begründeten, in der jeweiligen geschichtlichen Situation aber als kompatibel erscheinen. Insofern werden durch Jugendkultur Philosophien auf ihren lebensweltlichen Ursprung rückübertragen und dadurch getestet. Abstrakt und Zeitenübergreifend gesprochen, verbinden sich Sinnfrage und Außenperspektive zu a) rigiden moralischen Urteilen b) Utopischen Modellen eines besseren Zustandes c) Vorstellungen von Wegen diesen zu erreichen. Dies mag für eine Protestgeneration, eine politisierte noch dazu, so zutreffend sein, aber wie verhält es sich mit apolitischen Generationen wie in den 50er Jahren, der Yuppiekultur der 80er, den \"Friede, Freude, Eierkuchen\" feiernden Ravern der 90er? Ist nicht überhaupt Jugendkultur letztlich als Innovationspool für die Werbe-, Textil-, Musikindustrie zu verstehen? Kommt dem bißchen immer wieder aufflammenden Protestlertum nicht eher die Rolle zu, nach Art des Durchlauferhitzers eine politisierte Öffentlichkeit zu schaffen?
Beide Ansätze sind, wenn auch auf den ersten Blick gegensätzlich, zwei Seiten derselben Medaille. Einem differenzierteren Blick auf Ursprünge und eventuellen Protest und Utopiecharakter von Jugendkulturen möchte ich als zentrale Wahrnehmungskategorie von Jugendlichen, deren Aussenverhältnis zur diskursbestimmenden Kultur der Elterngeneration setzen. Davon ausgehend soll dem durch Medien vermittelte Übergang von Zeichen, Codes und Ideologien der Jugendkulturen in die Produktions- und Ideologiesphäre der Hauptkultur nachgegangen werden.

 
 

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