I. Leben:
Marcus Tullius Cicero (cicer,-eris - die Kichererbse) lebte vom Jahre 106 (3. Januar) - 43 (7. Dezember) a.Chr.n. und entstammte dem bekannten Rittergeschlecht der Tullii. Von seinem Geburtsort Arpinum (heute Arpino; südöstl.von Rom) kam er frühzeitig nach Rom, wo er eine vorzügliche Ausbildung in Rhetorik, Philosophie und Rechtswissenschaft erhielt. Dementsprechend früh begann er seine Laufbahn als Anwalt und machte sich bereits im Jahre 80 unter Sullas Diktatur in der Vertretung des Sextius Roscius einen Namen als ernstzunehmender Advokat.
Schon 10 Jahre später avancierte er im Jahre 70 mit seinen Prozeßreden gegen Verres zum führenden Anwalt Roms. Von diesem Zeitpunkt an galt Cicero als der unumschränkte Meister der Beredtsamkeit. Seine Erfolge als Redner ebneten ihm auch den Weg in der politischen Laufbahn (75 Quaestor in Sizilien, 69 Aedil, 66 Praetor), so daß er, trotz des Widerstrebens der Nobilität gegenüber dem homo novus, im Jahre 63 zum Konsul gewählt wurde.
In dieses Jahr fallen auch die vier berühmten Catilinarischen Reden, mit denen er sich erfolgreich gegen die Umsturzversuche Catilinas und seiner Anhänger zur Wehr setzte. Die angeblich ungesetzliche Hinrichtung der Rädelsführer wurde Cicero jedoch zum Verhängnis: Im Jahre 58 wurde er, nachdem sich Cäsar, Pompeius und Crassus im Jahre 60 zu ihrem ersten Triumvirat zusammengeschlossen hatten, auf Betreiben des Clodius verbannt und verlor seinen politischen Einfluß. In den folgenden Jahren verfaßte er seine wichtigsten staatsphilosophischen und rhetorischen Schriften, bis er im Jahre 51 die Verwaltung der Provinz Kilikien übernehmen mußte. Beim Ausbruch des Bürgerkrieges (Caesar überschreitet den Rubikon im Jahre 49) schloß sich Cicero nach vergeblichen Vermittlungsversuchen Pompeius an. Die folgenden Jahre erzwungener politischer Untätigkeit wurden zur Hauptepoche der philosophischen Schriftstellerei Ciceros (46-44). Nach Caesars Ermordung (44) trat Cicero noch einmal politisch hervor und versuchte die alte republikanische Ordnung wiederherzustellen. Als Führer der Senatspartei griff er in den 14 Philippischen Reden Antonius aufs schärfste an, der ihn daraufhin nach Abschluß des zweiten Triumvirates auf die Proskriptionsliste setzen und ermorden ließ.
II. Ciceros politische und schriftstellerische Bedeutung
Ciceros politische Haltung war bestimmt durch das Bestreben, die durch Korruption und Forderungen popularer Kreise gefährdete Herrschaft der Nobilität zu festigen. Zu diesem Zweck entwarf er das Programm der \"Eintracht der Guten\" (concordia bonorum), womit er versuchte, eine breitere Grundlage aller an der Erhaltung des Staates interessierten Kräfte, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zur Nobilität, zu schaffen. Letztlich scheiterte er damit und half unbewußt den Prinzipat vorzubereiten. Neben seinem politischem Einfluß liegt Ciceros Bedeutung ganz maßgeblich auf dem Gebiet der Sprache und Literatur. Vor allem durch seine Reden, aber auch durch seine rhetorischen und philosophischen Schriften ist er der Schöpfer der klassischen lateinischen Kunstprosa geworden und hat sich zugleich um die Verbreitung des philosophischen Gedankengutes der Griechen maßgeblich verdient gemacht.
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