Mit seiner Lage in der pannonischen Klimazone und im Regenschatten der Alpen hat der Seewinkel alle Voraussetzungen für die typische Art der Bodenbildung an trockenwarmen (xerothermen) Standorten und für Pflanzen und Tiere, die langwährender sommerlicher Wärme bedürfen. Mit einem Jahresmittel von fast 10 Grad Celsius, hauptsächlich durch die hohen Sommertemperaturen, aber auch durch die relativ geringe Winterkälte bedingt, gehört das Gebiet mit durchschnittlich 240 Tagen mit mehr als 5 Grad Celsius zu den wärmsten in Österreich, nur noch erreicht vom untersten Murtalbereich.
Im Winter mindern Nebel und Bewölkung (wozu zumindest teilweise der See beiträgt) die Ausstrahlung und damit die Kälte. Die Schneebedeckung hält durchschnittlich weniger als einen Monat an, und dementsprechend liegt auch die Zahl der Frosttage unter 30. Hinsichtlich der sommerlichen Sonnenscheindauer gehört der Seewinkel mit mehr als 60% der möglichen Sonnenscheinzeit zusammen mit dem östlichen Niederösterreich, dem südlichen Burgenland und der Oststeiermark zu den am meisten begünstigtigten Landschaften Österreichs. Auch im Frühjahr und im Herbst sind diese Werte mit 45% bzw. über 50% hoch, stellen allerdings keine so exklusiven Situation dar wie im Sommer. Mit weiten Teilen Niederösterreichs und des übrigen Burgenlandes gehört der Seewinkel zu den niederschlagsarmen, jedoch nicht -ärmsten Gebieten Österreichs. Langjährige Mittel liegen, von Westen nach Osten etwas abnehmend, bei rund 600 mm bis gegen 550 mm. Die regenreichsten Abschnitte des Jahres sind Spätfrühjahr und Frühsommer, die reagenärmsten Monate Januar und Februar. Eine Vegetationszeit von über 250 Tagen und ein zeitiger Frühjahrsbeginn begünstigen in außerordentlichen Maß die landwirtschaftliche Tätigkeit wie zum Beispiel den Gemüseanbau.
Die geringen Niederschläge, die niedrige durchschnittliche Luftfeuchtigkeit und die ständigen Winde bei hoher sommerlicher Temperatur führen zu starker Verdunstung, so daß zeitweise semiaride, das heißt halbtrockene Bedingungen herrschen. Sie sind für sommerlich und herbstlich auftretende Salzausblühungen, aber auch für das Vorkommen von Pflanzen und Tiern mit Ansprüchen an ein trockenwarmes Milieu verantwortlich.
Bevor ich konkret auf einige für den Seewinkel typische Bodentypen eingehe, möchte ich nocheinmal kurz den Aufbau eines Bodenprofils erläutern: Wir unterscheiden im allgemeinen 3 Bodenhorizonte, den A-, B-, und C-Horizont. Am deutlichsten unterscheidet sich der Oberboden durch seine Anhäufung an organischer Substanz (Humusbildung). Der entsprechende Bereich wird als A-Horizont oder Humushorizont bezeichnet. Wenn durch Verwitterung oder Stoffeinlagerung ein eigener Horizont entsteht, wird dieser als B-Horizont bezeichnet. Das darunter liegende Grundgestein ist der C-Horizont.
Vorwiegend auf dem nördlichen Teil der Seewinkelterrasse lagern meist hochwertige Steppenschwarzerden (Tschernoseme). Ihr Ausgangsmaterial ist im Seewinkel Löß oder lößähnliches Material. Tschernoseme sind ein Produkt des Steppenklimas mit warmen trockenen Sommern. Ihnen fehlt im allgemeinen der B-Horizont, da es für die Verwitterung im Winter zu kalt und im Sommer zu trocken ist. Auf den fast schwarzen, stark humosen und krümeligen A-Horizont folgt sofort der C-Horizont der von Löß gebildet wird. Typisch für den Tschernosem ist die starke biologische Aktivität. Durch die Tätigkeit von Wühltieren bleibt die Grenze as A-Horizonts nie stabil, da durch die Grabgänge Humusmaterial in den C-Horizont eindringt. Diese Böden stellen hochwertige landwirtschaftliche Nutzflächen dar.
Dort, wo die Schotterflächen eingemuldet sind, treten Feuchtschwarzerden auf, Umformungsböden er Tschernoseme zufolge höherer Durchfeuchtung. Sie haben die charakteristische schwarze Farbe verloren (man spricht von verbrauntem Tschernosem) und zeigen bereits Spuren von Verwitterung. Die gute Krümelstruktur und der ausgeglichene Wasserhaushalt verschwinden, womit auch die Fruchtbarkeit zurückgeht.
Häufig findet man auf den Schotterfluren auch Paratschernoseme die aus kalkfreiem Lockermaterial (Flugsand) entstanden und besonders gut als Weingartenstandorte geeignet sind. Sie sind auch für die Pandorfer Platte im Norden des Seewinkels kennzeichnend. Bei den Paratschernsoemen wurde die meist nur bis zu 40cm dünne Flugsanddecke zur Gänze in einen A-Horizont humifiziert. Der Boden liegt also einem völlig fremden C-Horizont (Grundgestein) auf das mit der Enstehung des Bodens nichts zu tun hat. Paratschernoseme haben eine rotbraune Farbe und bedeutend schlechtere Strukturen wodurch der Boden durch den Wind leicht vertragen werden kann. Daher sind Windschutzgürtel notwendig die in diesem Gebiet landschaftsprägend erscheinen. Paratschernoseme stehen in ihrer landwirtschaftlichen Wertigkeit weit unter dem Tschernosem und bilden trockene, seichtgründige Standorte.
Die Niedermoorlandschaft des Hansag, die in Ungarn ihre Fortsetzung findet, wurde durch ein weitverzweigtes Kanal- und Grabensystem sowie durch zwei Pumpwerke (Tadten und Wallern) weitestgehend in den Einserkanal hinein entwässert und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Gegenwärtig herrschen im Kerngebiet des Hansag, des Vorläufers des Neusiedlersees und noch im letzten Jahrhundert gewaltigen Sumpfgebietes,.trockengefallene Niedermoore vor.In niederschlagsarmen Sommern ist der Schilf- und Rohrkolbentorf, ein auffälliger Horizont dieser Niedermoore, völlig ausgetrocknet und leicht entzündbar. Z.B. wütete im August 1978 im Gebiet von Wallern ein Moorflächenbrand, der 30ha erfaßte.
Die restlichen Flächen werden von Salzböden eingenommen, die sich hauptsächlich im Südteil des Seewinkels befinden und mit rund 25 km2 Österreichs größtes Salzbodengebiet darstellen. Nur kleine Vorkommen im nördlichen Weinviertel, im Marchbereich und im Wiener becken finden sich außerhalb des Seewinkels. Diese sodahältigen Salz-, lokal Zickböden (ungarisch szik = soda), sind vorwiegend in der Seerandzone und in den schotterfreien Flächen des zentralen Seewinkels verbreitet und gehören den sogenannten Solontschaken und Solonetzen zu. Der Solontschak tritt hauptsächlich dort auf, wo salzhaltiges Grundwasser hoch ansteht und Salzanreicherung an der Bodenoberfläche zur Bildung von weißen Salzkrusten führt. Er ist arm an organischer Substanz, und nur wenige Pflanzenarten siedeln auf ihm. Das auf der Oberfläche Solontschak angereicherte Salz, hauptsächlich Soda (Natriumcarbonat), wurde früher abgekehrt und zur Seifengewinnung verwendet. Sich in solcher Erde zu behaupten gelingt nur angepaßten Spezialisten: Salzkresse, Gänsefuß, Kampferkraut, Queller und Zickgras, eine Vergetation die sonst niergendwo in West- und Mitteleuropa nicht zu finden ist.
Der Solonetz hat hingegen einen salzarmen A-Horizont der zufolge stärker entwickelter und auch artenreicherer Vegetation dieses Bodens mit Organischer Substanz angereichert wird und hellgrau bis braungrau gefärbt erscheint. Während dem Solontschak ein B-Horizont fehlt, hat der Solonetz einen Verwitterungshorizont inden die Huminstoffe aus dem A-Horizontstammend, verlagert werden. Dieser B-Horizont gewinnt dadurch eine tief dunkle Färbung. Der hohe organische Gehalt dieses Horizontes führt bei Trockenheit zu starker Schrumpfung und damit zur Bildung von vielkantigen (polyedrischen) Säulchen, die im Profil gut zu erkennen sind. Die Köpfe dieser Säulen sind an der Grenze gegen den A-Horizont kappenartig abgerundet. Erst unterhalb des B-Horizontes gewinnt der Salzgehalt ein höheres Ausmaß. Die Existenz des Solonetz hängt im Vergleich zum Solontschak oft mit einem tiefer anstehenden Grundwasser und damit mit periodischer Austrocknung zusammen. Rein äußerlich lassen sich Solontschak und Solonetz leicht unterscheiden: Solontschak ist ein leichter, sandiger Boden mit häufigen Salzausblühungen und ohne Trockenrisse, Solonetz ein schwerer, toniger salzärmerer Boden ohne Salzausblühungen, aber mit typischen Trockenrissen. Übergangsformen von dem einen auf den anderen Bodentyp finden sich allerdings an vielen Stellen.
Schließlich ist noch der sandige Rohboden des Seedammes zu erwähnen, der geringes Alter besitzt und ein hervorragendes Milieu für Organismen mit trockenwarmen Ansprüchen liefert. Im Zuge der Weingartennutzung entwickelt er sich durch tiefgründige Bodenumschichtungen zum Teil in Richtung auf Tschernosemböden.
So läßt also der Seewinkel eine außerordentliche Mannigfaltigkeit an Bodentypen erkennen, die ein Gefälle hinsichtlich Großflächigkeit und Tschernosemhäufigkeit gegen den Süden zu zeigen, wo Salzböden und kleinflächige, mosaikartig ineinandergreifende Bodenflächen überwiegen.
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