Definition
Die steigernde Erörterung wird auch als lineare Erörterung bezeichnet. Sie stellt die Begründung eines Gedankenganges oder eine Behauptung (These) vor. Hierzu werden Argumente gesucht. Gegenthesen werden nicht detailliert mit in die Begründung aufgenommen, sondern nur insofern, als man sie im Verlauf widerlegt. Sie besitzen keine Eigenständigkeit. Voraussetzungen zur Anfertigung einer solchen Arbeit sind gute Sachkenntnis über das Thema und Hintergrundwissen, um einen logischen Begründungszusammenhang zu entwickeln.
Aufbau
Die Einleitung gibt eine kurze Einführung, im Hauptteil werden die Argumente zur Begründung des Themas ausgearbeitet. Mehrere Gesichtspunkte können hierbei unter einem Oberbegriff zusammengefasst werden, um eine logische Struktur zu entwickeln.
Die Argumente werden auf einen Höhepunkt hin angeordnet. Ihre Stichhaltigkeit steigert sich im Verlauf der Darstellung, daher \"steigernde\" Erörterung. Ihr Aufbau ist linear, da es keine Antithese gibt.
Der Schluss stellt die eigene Meinung vor oder weist auf die Zukunft hin, auf zukünftige Folgen oder notwendige Handlungsweisen.
Die Gliederung der steigernden Erörterung sieht folgendermaßen aus:
Thema/Überschrift
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1. Themafrage
2.2. Oberbegriff
2.2.1. Unterbegriff
2.2.2. Unterbegriff
2.3. Oberbegriff
2.3.1. Unterbegriff
2.3.2. Unterbegriff
2.3.3. Unterbegriff
3. Schluss
Zur Veranschaulichung des Prinzips einer steigernden Erörterung dient die folgende Grafik, die auf einer Achse die Argumente aufweist und auf der anderen ihre Stichhaltigkeit dokumentiert. Deutlich wird, dass die Wertigkeit der Argumente zunimmt bis hin zum Ergebnis des Begründungszusammenhangs: die Erörterung verläuft linear.
Methodisches Vorgehen
Über die allgemeinen methodischen Grundüberlegungen hinaus verdeutlicht das folgende Beispiel einer steigernden Erörterung das Vorgehen im Einzelnen.
Thema: Ausländerfeindlichkeit - Gründe für ihre Entstehung
Begriffsklärung und Themafrage
Am Anfang steht die Analyse des Themas. Dazu werden der zentrale Begriff und ggf. andere Begriffe untersucht, die sich mit dem Thema assoziieren lassen.
Bei dem Begriff \"Ausländerfeindlichkeit\" handelt es sich um ein zusammengesetztes Substantiv, das aus den Anteilen \"Ausländer\" und \"Feindlichkeit\" besteht. Ausländer ist jemand, der nicht Bürger des Landes ist, in dem er sich gerade aufhält. \"Feindlichkeit\" ist ein negatives Gefühl gegenüber anderen Menschen, aber nicht so konkret wie \"Feindschaft\". Dieser Begriff, der auch im Thema schon hervorgehoben ist, steht im Zentrum der Erörterung. Daran schließen sich assoziativ weitere Begriffe an, die in die Stoffsammlung aufgenommen werden.
Unter \"Grund\" kann man sowohl Anlass als auch Ursache verstehen. Mit \"Entstehung\" ist Entwicklung gemeint. Die Erörterung soll also Ursachen und Anlässe für die Entstehung von Ausländerfeindlichkeit untersuchen.
Aus dieser Themenanalyse ergibt sich die Themafrage: Welche Gründe gibt es für die Entstehung von Ausländerfeindlichkeit?
Stoffsammlung
Neonazis; sehr viele Asylbewerber; Rückgang des eigenen Lebensstandards; anderes Verhalten von Ausländern; andere Sitten; nicht verarbeitete Vergangenheit; Probleme mit der Finanzierung von Asylbewerbern; zu wenig Wohnungen; Arbeitslosigkeit; viele Kinder der Ausländer, die hier Kindergeld erhalten; Angst vor allem Fremden; Vorurteile; zu viele Menschen auf zu engem Raum; Aussichtslosigkeit für die Zukunft inländischer Jugendlicher; Demagogen, die Jugendliche ausnutzen; Gruppenzugehörigkeit, Mutproben; Selbstdefinition einer Gruppe erfolgt am leichtesten über einen äußeren Feind; Asyldebatte zu lang; Missbrauch mit Asylanträgen; mangelnde Gewöhnung an das Zusammenleben mit Ausländern; fehlendes Bewusstsein des eigenen Status im Ausland.
Ordnung der Stoffsammlung:
Vorurteile:
zu viele ausländische Kinder, die hier Kindergeld erhalten
zu viele Asylbewerber
Missbrauch mit Asylanträgen
Lebensstandard:
Arbeitslosigkeit
schlechte Zukunftschancen Jugendlicher
zu wenig Wohnungen
Probleme mit der Finanzierung von Asylbewerbern
Gruppenzugehörigkeit:
Mutproben
Definition einer Gruppe
Neonazis
Demagogen
Sitten der Ausländer:
anderes Verhalten
Angst vor allem Fremden
Weiterhin:
fehlende Vergangenheitsbewältigung;
fehlende Reflexion darüber, dass man im Ausland selbst Ausländer ist
Gliederung
Aus dieser geordneten Stoffsammlung wird nun eine Gliederung angefertigt, die den endgültigen Gang durch die Erörterung zeigt.
1. Einleitung
2. Hauptteil - Themafrage
3. Vorurteile
3.1. Asylbewerberzustrom
3.1.1. Missbrauch mit Asylanträgen
3.2. Beispiel: Zahlen Asylbewerberzustrom --< Missbrauch
4. Sitten der Ausländer
4.1. anderes Verhalten
4.2. Angst vor Fremdem
4.3. Beispiel: \"Fahrendes Volk\"
5. fehlende Vergangenheitsbewältigung
5.1. Beispiel: Leugnen der KZ-Opfer
6. Lebensstandard
6.1. Probleme bei der Finanzierung von Asylbewerbern
6.2. schlechte Zukunftschancen Jugendlicher
6.3. Wohnungsknappheit
6.4. Arbeitslosigkeit
6.5. Beispiel: Arbeitslosen- und Obdachlosenzahlen in Köln
7. Gruppenverhalten
7.1. Definition einer Gruppe
7.2. Gruppenzwänge
7.3. Beispiel: rechtsextreme Gruppen
8. Schluss
Beispiel für eine steigernde Erörterung
Thema: Ausländerfeindlichkeit - Gründe für ihre Entstehung
Einleitung
Da die Ausländerfeindlichkeit in ganz Europa zunimmt, wird die Frage nach den Gründen ihrer Entstehung immer dringlicher. Diese Arbeit stellt einen Versuch dar, darauf einige Antworten anhand der bundesdeutschen Situation zu finden. Vorschläge zur Bewältigung der Ausländerfeindlichkeit sind dabei nicht Aufgabe dieser Arbeit und werden nur angedeutet.
Kommentar: Die Einleitung führt kurz in das Thema ein, stellt seine Aktualität dar und schränkt es gleichzeitig geographisch ein, da ein deutscher Schreiber hierfür die meisten Hintergrundinformationen hat. Beispielhaft wird im Folgenden ein möglicher Schluss dieser linearen Erörterung vorgestellt.
Schluss
Die Zunahme der Ausländerfeindlichkeit und die Vielschichtigkeit ihrer Gründe macht deutlich, dass sie auf vielen Gebieten zu bekämpfen ist. Vorurteile müssen abgebaut, die materielle Lebensgrundlage Einheimischer und der Gäste muss sichergestellt werden, aber besonders ist zu prüfen, inwieweit Erziehung dazu beitragen kann, in Jugendlichen keine ausländerfeindlichen Ideen aufkommen zu lassen. Die Erziehung muss zum Ziel haben, dass das Zusammenleben mit \"Nicht-Deutschen\" von Jugendlichen als Regelfall anerkannt wird.
Kommentar: Der Schluss gibt einen Ausblick auf zukünftiges Handeln, um die Gründe für Ausländerfeindlichkeit aufzuheben. Dies geschieht allerdings nur ganz allgemein, da es nicht eigentliches Thema der Arbeit ist.
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