Die Ammoniaksynthese
Die Ammoniak-Synthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren ist das bedeutendste großtechnische Verfahren zur Herstellung von Ammoniak. Die Entwicklung dieses Verfahrens hat wie kein anderes die moderne, technische Chemie entscheidend gefördert, insbesondere die Katalyse und die Entwicklung der Hochdrucktechnik.
Reaktionsgleichung der Ammoniaksynthese:
3 H2 + N2 2 NH3
Die Grundlage der Ammoniak-Synthese bilden die Elemente Stickstoff und Wasserstoff. Diese reagieren in einer stark exothermen Reaktion zu Ammoniak.
In diesem geschlossenem System stellt sich ein chemisches Gleichgewicht ein, das stark temperatur- und druckabhängig ist. Nach dem Prinzip von Le Chatelier ergibt sich ein hoher Anteil von Ammoniak, wenn die Temperatur gering und der Druck hoch ist. Bei Zimmertemperatur verläuft diese Reaktion jedoch extrem langsam weil Stickstoff sehr reaktionsträge ist. Wenn man die Temperatur erhöht, läuft die Reaktion zwar schneller ab, aber die Gleichgewichtslage verschiebt sich zu den Ausgangsstoffen hin. Um die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, verwendet man Katalysatoren. Als Temperatur wählt man den Bereich in dem der Katalysator aktiv ist. Somit erreicht man einen Kompromiss zwischen Reaktionsgeschwindigkeit und Gleichgewichtslage. Jetzt läuft die Reaktion zwar schneller ab, es entsteht aber nur sehr wenig Ammoniak. Um den Ammoniakertrag zu steigern, erhöht man deswegen den Druck, was zudem auch zur Verbesserung der Gleichgewichtslage führt. Auch hier muss man wieder einen Kompromiss finden. Ein extrem hoher Betriebsdruck ist aus chemischer Sicht zwar äußerst effektiv, aus wirtschaftlicher Sicht jedoch sinnlos, da mit steigendem Betriebsdruck auch die Investitionskosten und die technischen Probleme bei der Herstellung des Drucks steigen und somit der Erhöhung des Betriebsdrucks von der wirtschaftlichen aber auch technischen Seite Grenzen gesetzt sind. Heute arbeitet man mit einer Temperatur von ca. 500 °C und 200 bis 300 bar.
Erzeugung des Synthesegasgemischs
Früher wurde als Synthesegasgemisch meist ein durch Kohlevergasung gewonnenes Gemisch aus Wassergas und Generatorgas verwendet das Wasserstoff und Stickstoff in einem geeigneten Mengenverhältnis enthält.
Heute gewinnt man den benötigten Wasserstoff vor allem aus Erdgas (Methan) und den Stickstoff durch die Destillation verflüssigter Luft.
Früher:
Als Ausgangsstoffe zur Gewinnung von Stickstoff und Wasserstoff dienen Luft (4 N2 + O2) und Wasser (H2O). In beiden Fällen muss das gewünschte Gas von Sauerstoff befreit werden. Die Entfernung des Sauerstoffs erfolgt in beiden Fällen durch das billigste Reduktionsmittel der Technik, den Kohlenstoff in Form von Koks. Zunächst werden Luft und Wasserdampf über glühenden Koks geleitet. Hieraus entstehen Generatorgas und Wassergas:
4 N2 + O2 + 2 C · 4 N2 + 2 CO (Generatorgas)
H2O + C · H2 + CO (Wassergas)
Da die erste Reaktion exotherm, die zweite dagegen endotherm verlauft, kombiniert man beide Reaktionen miteinander, indem man in einem Gaserzeuger abwechselnd durch Zuleiten von Luft zuerst Generatorgas bildet, wobei sich der Koks auf etwa 1000°C erhitzt, und dann durch Umschalten auf Wasserdampf Wassergas erzeugt, wobei sich der Koks wieder abkühlt.
Das so erhaltene Mischgas besteht in der Hauptsache aus Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenmonoxid und muss nun von dem aus dem Schwefelgehalt des Kokses stammenden Schwefelwasserstoff befreit werden, da dieser die später benutzten Katalysatoren vergiftet. Das entstandene Kohlenmonoxid muss aus dem gleichen Grund entfernt werden. Dazu oxidiert man es in Gegenwart eines Katalysators mit Wasserdampf zu Wasserstoff und Kohlendioxid. Dieser Vorgang wird Konvertierung genannt:
CO + H2O _H2 + CO2
Das Kohlendioxid lässt sich mit einer wässrigen Kaliumcarbonatlösung herauswaschen. Um das erforderliche Mischungsverhältnis Wasserstoff : Stickstoff = 3:1 zu erhalten, wählt man bei der Herstellung des Mischgases von vornherein das richtige Mischungsverhältnis von Wassergas und Generatorgas.
Heute:
Wasserstoff wird heute überwiegend durch \"Dampfspaltung\" von Erdgas (Methan) gewonnen. Bei 700 bis 900 °C wird das Erdgas in einem Primärreformer nach vorangegangener Entschwefelung an einem Nickeloxid-Aluminiumoxid-Katalysator mit Wasserdampf zu Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgesetzt:
CH4 + H2O ·_CO + 3 H2
Das restliche Methan, das nicht umgesetzt wurde, wird im Sekundärreformer mit Luft wieder in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt.
2 CH4 + O2 ·_2 CO + 4 H2
Das gebildete Kohlenmonoxid wird wie in dem Verfahren das früher verwendet wurde an einem Kupfer(II)-oxid-Zinkoxid-Katalysator zu Wasserstoff und Kohlendioxid umgesetzt:
CO + H2O _H2 + CO2
Und auch hier wird das Kohlendioxid wieder ausgewaschen. Die übrigen Kohlenmonoxid- und Kohlendioxidreste lässt man mit Wasserstoff zu Methan und Wasser reagieren. Hier muss das Synthesegas natürlich auch das Volumenverhältnis Wasserstoff : Stickstoff = 3:1 besitzen, die verschiedenen Verfahrensstufen sind genau darauf abgestimmt.
Synthese im Reaktor
Das Synthesegasgemisch wird nun durch Turbokompressoren auf den richtigen Druck gebracht. Die Turbokompressoren sind in mehrere Gehäuse unterteilt, in denen sich jeweils mehrere Laufräder befinden, welche durch extrem schnelle Rotation (ca. 12000 U/min.) das Gas verdichten. Diese Turbokompressoren haben einen Leistungsbedarf von 15000 bis 25000 kW. Die Synthesegasverdichtung ist damit der mit Abstand größte Energieverbraucher des Verfahrens. Nun tritt das Gas in den Synthesereaktor ein. Solch ein Reaktor hat eine Höhe von 30 m und einen Innendurchmesser von 2,4 m und wiegt 400 Tonnen, wobei 100 Tonnen auf den Katalysator entfallen. Was das Material der Reaktorhülle angeht, muss man beachten, dass sich innerhalb des Reaktors kein Stahl befinden darf. Der Wasserstoff des Gasgemischs würde nämlich mit dem im Stahl enthaltenen Kohlenstoff zu Methan reagieren, und somit würde der Stahl spröde und brüchig werden. Heute verwendet man entweder außen Stahl und innen reines Eisen oder Stahl, der mit einer Chrom - Molybdän - Legierung überzogen ist. Diese Legierung ist wasserstoffbeständig und ermöglicht somit die Verwendung einer einteiligen Reaktorhülle.
Die bei der Reaktion zu Ammoniak freiwerdende Wärme wird durch Wärmetauscher entzogen, da zusätzliche Wärme eine ungünstige Verschiebung des Gleichgewichts zur Folge hätte. Die entzogene Wärme wird dem eintretenden Gas zugeführt, damit es Betriebstemperatur erreicht. Das Gas kommt nun mit dem Katalysator in Berührung. Der Katalysator ist im Reaktor in bis zu zehn Schichten angeordnet und besteht aus 6 bis 20 mm dicken Eisenkörnern, denen noch Metalloxide beigemischt sind. Die Berührung dauert nur etwa 30 Sekunden. In dieser kurzen Zeit wird nicht die volle Ammoniakausbeute erreicht. Wirtschaftlich ist das aber sinnvoller, da viel mehr Gas entsteht. Das den Reaktor verlassende Gemisch aus Ammoniak und nicht umgesetztem Synthesegas wird zunächst mit Wasser abgekühlt und danach auf -20 bis -30 °C tiefgekühlt. Dabei verflüssigt sich das entstandene Ammoniak. Das restliche Gas wird in einem Kreislaufsystem dem Reaktor wieder zugeführt.
Eine moderne großtechnische Anlage verbraucht pro Tag 72 Millionen Liter Erdgas und produziert 1.350 Tonnen Ammoniak.
Alternativen
Das Haber - Bosch - Verfahren verbraucht extrem viel Energie. Ca. 3% des gesamten Weltenergieverbrauchs entfallen auf dieses Verfahren. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, über geeignete Alternativen nachzudenken.
Ein Beispiel für eine solche Alternative bietet die Natur. Einige Bakterien der Gattung Rhizobium, die zumeist in einer Symbiose mit Leguminosen, also Hülsenfrüchten, leben, welche durch Sekretausscheidungen die Aktivität der Bakterien deutlich steigern, sind auch unter Normalbedingungen in der Lage Luftstickstoff zu fixieren. Dies wird durch das Enzym Nitrogenase ermöglicht, welches mehrere Eisen- und Molybdän - Ionen in seinem aktiven Zentrum beinhaltet. Diese Metall - Ionen wirken ähnlich wie ein Katalysator und es findet eine schrittweise Reduktion zu Ammoniak statt. Bei entsprechender Düngung werden so 100 bis 500 kg Stickstoff pro Jahr und Hektar gebunden.
In der Forschung versucht man derzeit diese metallorganischen Komplexe zu synthetisieren, um sie als Katalysator zu gebrauchen. Außerdem versucht man Pflanzen mit diesen Vorzügen zu züchten, die ohne Bakterien auskommen.
Inwiefern man diese wissenschaftlichen Erkenntnisse wirtschaftlich nutzen kann ist momentan zwar fraglich, aber es ist immerhin eine interessante Alternative.
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