a. aus amerikanischer Perspektive>
Die Kubakrise wurde sicherlich als ein persönlicher Erfolg des als oft zu jung und unerfahren angesehenen Präsidenten John Fitzgerald Kennedy angesehen. Er bewies in der Zeit der Eskalation ein großes Gespür für der Situation angemessene Aktionen: die erste bedeutende Entscheidung, die getroffen werden musste, war gleichzeitig eine Grundlage für das friedliche Ende der Krise. Kennedy entschied sich zugunsten einer Seeblockade, nicht wie zuerst die meisten der EX-COMM-Mitglieder für einen Luftangriff gegen militärische Ziele auf Kuba. Zwar wurden die Raketen und Düsenbomber so nicht vernichtet und die Bauarbeiten nicht aufgehalten und die Russen, wie viele meinten, sozusagen aufgefordert, Berlin zu blockieren. Dennoch sprachen einige wichtige Argumente dafür: eine Blockade war ein Druckmittel, das je nach Bedarf verschärft werden konnte - bis hin zur totalen Isolation Kubas. Ein Luftangriff wäre weder eine gute Erwiderung gleich zu Anfang der Konfrontation gewesen, noch hätte er alle Raketen vernichten können; dazu wäre eine Invasion notwendig geworden und die hätte nach McNamaras Schätzungen ungefähr 25.000 Opfer erfordert...
Insgesamt kann man sagen, dass der Ausgang der Oktoberkrise von amerikanischer Seite als Sieg betrachtet wurde: keine sowjetischen Raketen vor der eigenen Haustür und ein jetzt international uneingeschränkt anerkannter Präsident.
b. aus sowjetischer Perspektive
Auch in der Sowjetunion wurde der Ausgang der Karibischen Krise selbstverständlich zumindest nicht als Niederlage dargestellt. Die Operation "Anadyr\", wie die Stationierung von 42 Raketen und 164 nuklearen Sprengköpfen zusammen mit 42.000 Offizieren und Soldaten auf Kuba genannt wurde, kostete nach CIA-Schätzungen circa $1.000.000.000 nach damaliger Kaufkraft.
Nikita Sergejewitsch Chruschtschow war es das Geld wert: Kuba hatte für ihn eine Signal- und Vorzeigefunktion für ganz Lateinamerika und durfte deswegen nicht im Stich gelassen werden. Die gelieferten Waffen waren seiner Aussage nach rein defensiver Natur und sollten ausschließlich einem Invasionsversuch der Amerikaner vorbeugen.
Zum Zeitpunkt des Beginns der Blockade hätte sich auf Kuba auch schon ausreichend Material befunden, um "New York, Chicago und die anderen großen Industriestädte zerstören zu können, ganz zu Schweigen von einem kleinen Dorf wie Washington\".
Dass der Rückzug dennoch angeordnet wurde, hängt, wie Chruschtschow sagt, mit der Furcht vor einem zu großen Einfluss der Militärs in Washington und damit dem Beginn eines Atomkrieges zusammen.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Chruschtschow den Kennedys gegenüber eine große Hochachtung entwickelte, John Fitzgerald als "wirklichen Staatsmann\" trotz seiner Jugend bezeichnete und Robert Francis als besonders "offen und aufrichtig\".
Chruschtschows Kritiker empfanden den Ausgang und Handhabung der gesamten Situation offenbar nicht so befriedigend: sie war ein Grund für seine Ablösung.
|