Die Währungsunion wird - zunächst nur für die teilnehmenden Länder - den Binnenmarkt vollenden, weil das Risiko schwankender Wechselkurse ausgeschaltet wird. Das wird Handel und Investitionen über die Grenzen hinweg erleichtern, was einen erheblichen Wachstumsschub mit sich bringen dürfte. Es besteht aber die Gefahr, daß sich dieser Wachstumsschub hauptsächlich im harten Kern auswirken dürfte. Leidtragende dürften dann die Länder an den Rändern sein. Die Mittelmeeranrainer drohen unter dem verstärkten Konkurrenzdruck zu verdorren, während der Kern gedeiht. Diese heute schon im gemeinsamen Binnenmarkt sichtbare Entwicklung wird durch die Währungsunion sicher noch verstärkt. Um diese Folgen abzumildern, wird die EU mehr Geld vom Kern an die Ränder umverteilen müssen. Daß jedoch die Südstaaten - wie auch die Beitrittsaspitaranten in Osteuropa - verstärkt Geld benötigen werden, um im Euro-Zug zu bleiben, erscheint sicher. Auf die Staatshaushalte der wirtschaftsstarken Mitgliedsländer kommen also zwangsläufig größere Belastungen zu.
Helmut Werner, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz AG, ist der Meinung, daß die Währungsunion zur Beschäftigungssicherheit beitragen wird, weil die "fundamental nicht gerechtfertigten und für Unternehmen völlig unberechenbaren Schwankungen der Wechselkurse" ausgeschaltet würden. "Erarbeitete Produktivitätssteigerungen flössen nicht ins Ausland ab, sie würden gänzlich den Standort stärken." Die Frage dabei ist nur, welcher Standort gestärkt würde. Diese Stärkung kommt wieder den starken Kernländern zu gute.
5. Fazit
England schätzt die politische Meinung zur Währungsunion auf dem Kontinent falsch ein. England wird aber aufgrund der sonst negativen ökonomischen Auswirkungen bei der Währungsunion dabei sein. Italien dagegen hat keine Möglichkeit, die Konvergenzkriterien einzuhalten. Die wirtschaftliche Situation der öffentlichen Haushalte ist katastrophal und nicht bis 1997 behebbar. Trotzdem könnten durch eine flexible Interpretation der Konvergenzkriterien auch Italien und andere Länder mit hohem Defizit die Teilnahme an der Währungsunion ermöglicht werden. Zu weit sind die Vorbereitungen hinsichtlich der Währungsunion schon gediehen, als daß sie verschoben werden könnte. Außerdem wäre der Vertrauensverlust hinsichtlich der Politiker enorm.
Der Beginn der Währungsunion zum 1.1.1999 wird als fixes Datum diskutiert, obwohl bei strenger Anwendung von Artikel 109j dieser nicht zu halten wäre, jedoch soll dieser Termin für die potentiellen Beitrittskandidaten eine disziplinierende Wirkung haben, d.h. die Länder sollen versuchen ihre Haushalte zu konsolidieren und somit auch den politischen Willen bezeugen, an der Währungsunion teilnehmen zu wollen.
Der noch nicht beschlossene, aber vieldiskutierte Stabilitätspakt ist zwar grundsätzlich notwendig, aber die konkreten Auswirkungen müssen noch überdacht werden. Wenn ein Land im Trend einen Defizitabbau vollzieht, dann sollen die Sanktionen ausgesetzt werden. Eine Ermahnung z.B. von der Kommission sollte hierzu genügen. Für die Länder, die sich nicht im Trend eines Defizitabbaus befinden gibt es unsererseits zwei Vorschläge:
a) die Sanktionen sollen zwar durchgeführt werden, aber in die Berechnung des
Defizittrends nicht mit einbezogen werden.
b) der Haushalt des jeweiligen Defizitlandes soll einem Stabilitätsrat (von Waigel
vorgeschlagen) vorgelegt werden, der dann den Haushalt genehmigt. Bei diesem Verfahren können die Sanktionen abgemildert werden.
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