Bei der momentan gültigen Übergangsregelung nach dem Bestimmungslandprinzip fließen die Steuereinnahmen dem Bestimmungsland zu. Dies hat zur Folge, daß jedem Land gestattet ist, seine eigenen Verbraucher zu besteuern, nicht aber Konsumenten in anderen Ländern.
Ein Übergang zum Ursprungslandprinzips hätte zur Folge, daß die Steuereinnahmen dem Ursprungsland zufließen würden: Damit ändern sich die Steueraufkommen der einzelnen Mitgliedsländer, als Folge käme es zu "...considerable revenue shifts between member states" . Da das Exportland die Steuereinnahmen erhält, hätten vor allem die Staaten Nachteile zu erwarten, die Nettoimporteure sind. Aus diesem Grund werden sich die Nettoimportstaaten gegen den Übergang zum Ursprungslandprinzip sträuben.
Trotzdem favorisiert die EU-Kommission im Grundsatz das Ursprungslandprinzip. Allerdings sollen aus haushalts- und steuerpolitischen Gründen die Nettoimportstaaten keine finanziellen Einbußen erleiden: Nach den Vorstellungen der Kom¬¬mission soll das Steueraufkommen weiterhin dem Bestimmungsland zufließen. Das hat zur Konsequenz, daß in den Plänen der EU-Kommission Steuererhebung und fiskalischer Anspruch auseinanderfallen und ein "Steueraus¬gleichs¬system" (Clearing-System) nötig ist.
Damit sind die grauen Kästchen in Abbildung 2 angesprochen: Sie zeigen die Funktion der Clearing-Stelle, die den zwischenstaatlichen Ausgleich vornehmen soll. Wie der Tabelle in Anhang B zu entnehmen ist, sind die aus dem Clearingmechanismus resultierenden Zahlungsströme z. T. erheblich.
Vorteil des Ursprungslandprinzips mit Clearing-Systems ist vor allem, daß der Verwaltungsaufwand der Unternehmen minimiert wird: Sie müßten nur die Brut¬to¬umsatzsteuer bei Exporten und die Vorsteuer bei Importen im innergemeinschaftlichen Handel erfassen und an die Finanzämter melden. Kleinunternehmen könnten vom Clearingmechanismus ausgenommen werden. Außerdem führt dieses Clearingsystem zwangsläufig zu finanziellen Überschüssen durch Direktimporte z. B. von grenzüberschreitenden Versandhäusern: Die Belastung im Ursprungsland wäre endgültig, da der Empfänger keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Trotzdem ist das Ursprungsland zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet, die zunächst bei der Clearing-Stelle verbleiben soll. Diese Überschüsse sollen regelmäßig an die Mitgliedsstaaten ausgeschüttet werden.
Kritisch äußert sich BIEHL zur Idee eines Clearing-Systems: Um Einnahmeeinbußen der Nettoimportländer zu vermeiden, favorisiert er den direkten Finanzausgleich, "... entweder bezogen auf die bisherige Umsatzsteuerverteilung oder [...] bezogen auf übliche Kriterien für Finanzbedarf und Steuerkraft."
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