Englischen Euroskeptikern ist jedes, noch so schwache Argument willkommen. Die Krise rund ums britische Rindfleisch, so merken sie an, haben auch ihre guten Seiten. Die von der Gemeinschaft erzwungenen Notschlachtungen würden sich so nachhaltig negativ in der volkswirtschaftlichen Bilanz niederschlagen, daß das Land die Kriterien für den Eintritt in die Europäische Währungsunion mit einiger Sicherheit 1999 nicht erfüllen werde.
Doch im Gegensatz zum Rinder-Skandal verspricht die politische Debatte um die Währungsunion mittelfristig mehr Spannung. Im Kabinett von Regierungschef John Major bahnte sich im April 1996 in Machtkampf an, der sich fast in einen gewaltigen politischen Vulkanausbruch verwandelt hätte. Der Hintergrund: Major muß mit einer schwindenden Mehrheit von mittlerweile nur noch zwei Sitzen im Unterhaus regieren. Daher ist er besonders auch die Stimmen der Euroskeptiker angewiesen. Zudem stehen auch die Wiederwahlchancen nicht besonders gut, da die Opposition in den Meinungsumfragen führt und er zusätzlichen Druck durch eine neue Partei bekommt.
Um alle diese Schwierigkeiten auf einmal zu lösen, verkündete er, daß er über eine Volksabstimmung über den Euro-Beitritt nachdenke. Dies wiederum führte zu Verstimmung bei den "Freunden Europas" in der Major-Partei, so daß es lediglich den Kompromiß der Aufnahme einer Volksabstimmung in das Wahlprogramm der Konservativen bezüglich einer Währungsunion kam.
Doch all dies politische Taktieren hat den Engländern in der Frage um den Beitritt zur Währungsunion nicht weitergeholfen. Die Regierungspartei, nicht wenige Industrielle, einige Bankiers, hohe Beamte wie Notenbankchef Eddie George und weite Teile des konservativen Establishments leben in der Hoffnung auf eine Verschiebung der Währungsunion.
England wird dabei sein
Für Leon Brittan steht jedoch fest: "Deutschland und Frankreich werden die Kriterien für den Beitritt zur Währungsunion rechtzeitig erfüllen. Neben diesen beiden Ländern werden sich noch vier bis fünf weitere Staaten für den Beitritt qualifizieren." , sagt der Vizepräsident der Europäischen Kommission. Und dazu zähle auch England. "Dem System dann nicht beizutreten, wäre ein schwerer Fehler" , sagt er.
Eine solche Haltung würde höhere Zinsen und sinkende Investitionen ausländischer Konzerne in England zur Folge haben. Am Ende hätte England dann weniger Souveränität als heute.
Für eine Rückbesinnung rationaler Argumente Pro Europa dürften am Ende die Bankindustrie der Londoner City und ausländische industrielle Investoren wie Bosch, BMW, Siemens, Honda, Toyota oder die amerikanischen Computerhersteller sorgen. Sie alle haben kein Interesse daran, daß England sich aus der Europäischen Gemeinschaft herauskatapultiert. Vor allem die ausländischen Konzerne fürchten um den Wert ihrer Investments. Doch auch die kleine Zahl der noch eigenständigen englischen Banken und die meisten britischen Bankiers wissen, daß die City durch die Einführung des Euro zwar einerseits Geschäft verliert, sich jedoch andererseits auch neue Gewinnpotentiale erschließen. Sicher ist, daß der Stellenwert der City im internationalen Wettbewerb der Finanzplätze deutlich sinken würde, wenn England der Währungsgemeinschaft nicht beitreten sollte.
Diesen Tatsachen zufolge ist es wahrscheinlich eine Fehleinschätzung des "politischen Willens" der Partner in Europa gegenüber, die diese englische Haltung begründet. "In der Regierung mag es niemand für möglich halten, daß am Ende politische Entscheidungen und weniger wirtschaftliche Fakten über den Beginn der Währungsunion bestimmen werden." Noch mag dies so sein, doch am Ende wird sich die Regierung umbesinnen, und England wird bei der Währungsunion dabei sein.
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