Die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts spiegelt sich in mehreren Aspekten wieder. Die Gesellschaft hat ein Netz aus unsichtbaren Gesetzen erschaffen, an das sich jeder halten muss, da er ansonsten geächtet wäre, auch wenn er diese Regeln als fragwürdig ansieht
(S.131 Absatz 1, Zeile 18-21, Instetten: "Aber wo fängt es an? Wo liegt die Grenze? Zehn Jahre verlangen noch ein Duell, und da heißt es Ehre, und nach elf Jahren oder vielleicht schon bei zehnundeinhalb heißt es Unsinn. Die Grenze, die Grenze. Wo ist sie?").
In dem Roman "Effie Briest" wird insbesondere der moralische Ehrenkodex in den Mittelpunkt gestellt. So richtet sich vor allen Baron von Instetten nach diesen Prinzipien, aus Angst vor der der Ächtung, die ihm ansonsten drohte und den damit verbundenen öffentlichem Ausschluss (S.126, Absatz 13, Zeile 8, Instetten Monolog: "Man kann ihn [Crampas], wenn man weltabgewandt weiterexistieren will, auch laufen lassen.").
Instetten nimmt die Affäre Effies, die schon Jahre zurückliegt, mit Gelassenheit auf. Er selbst hält die Angelegenheit lächerlich, ist aber trotzdem gezwungen Effie zu verstoßen, obwohl er weiß, dass dadurch alle, die an dieser Episode beteiligt waren, nicht gut davon kommen werden.(S.131, Absatz 1, Zeile 28-29, Instetten Monolog: "Und diese Komödie muss ich nun fortsetzen und muss Effi wegschicken und sie ruinieren, und mich mit ...")
So ist man gesellschaftlich geächtet und selbst die nächsten Verwandten können den oder die Verstoßene nicht aufnehmen ohne selbst auch gemieden zu werden - So wird auch Effie verstoßen und lebt in einer bescheidenen Berliner Wohnung. Niemand steht ihr bei, bis auf ihre Bedienstete. - Ihre Eltern dürfen sie auch nicht wieder daheim aufnehmen, da auch sie an die gesellschaftlichen Regeln gebunden sind und daher ihrer Tochter nicht helfen.
(S.137, Absatz 5, Zeile 7-10, Brief von Effies Eltern: "...auch das elterliche Haus wird Dir verschlossen sein; wir können Dir keinen stillen Platz in Hohen-Cremmen anbieten, keine Zuflucht in unserem Hause, denn es hieße das, dies Haus von aller Welt abschließen, und das zu tun, sind wir entschieden nicht geneigt.")
So wird Effie, wenn auch erst durch Bitten ihres Arztes, als sie todkrank ist, zurückgeholt. Ihren Eltern sind sich der Konsequenzen bewusst, dass sie damit auch gemieden werden würden (S. 150, Absatz12, Gespräch der Eltern: "»Dann ist es vorbei mit Katechismus und Moral und mit dem Anspruch der >Gesellschaft<.«"), was sie jedoch aus Liebe zu ihrer Tochter in Kauf nehmen.
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