Die KSZE-Schlußakte war Ausdruck eines merklich verbesserten Verhältnisses zwischen den beiden Blöcken. Jedoch blieb der Eiserne Vorhang weiterhin geschlossen. Mißtrauen beherrschte weiterhin die Politik, was sich auch an der Aufrüstung zeigte.
Die Sowjetunion hatte bis Mitte der 70er Jahre im Bereich der interkontinentalen strategischen Atomwaffen mit den USA gleichgezogen. Eine andere Kategorie von Atomwaffen bedrohte Westeuropa. Die landgestützten Mittelstreckenraketen vom Typ "SS-20". Ab 1977 stationierte die UdSSR auf ihrem Gebiet diese neue Atomrakete, in deren Reichweite von ca. 4600 km die europäischen NATO-Staaten lagen. Die NATO hatte der SS-20 nichts entsprechendes entgegenzusetzen. Im Ernstfall eines Angriffes hätten die USA einen Angriff zwar mit ihren Atomwaffen vergelten können, jedoch hätte dies einen sowjetischen Atomschlag gegen die USA zur Folge gehabt. Aufgrund dessen sahen die Europäer die amerikanischen Schutzgarantien wieder skeptisch an, und die NATO prüfte auf Initiative des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt die verschiedenen Optionen, wie sie reagieren könnte. Das Ergebnis war der im Dezember 1979 gefaßte NATO-Doppelbeschluß. Dieser besagte, daß die NATO in Europa Atomraketen stationieren werde, darauf aber verzichten würde, wenn die UdSSR zu Verhandlungen über INF-Waffen bereit wären. Dies scheiterte jedoch, und es begannen die Stationierungen der Raketen.
Das Ost-West-Verhältnis kühlte nun zu Anfang der 80er Jahre wieder deutlich ab. Verantwortlich dafür war der NATO-Doppelbeschluß auf der einen, sowie der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan im Dezember 79 und die Verhängung des Kriegsrechts in Polen zwei Jahre später auf der anderen Seite. Als unmittelbare Reaktion auf die Invasion in Afghanistan setzten die USA im Januar 1980 das Ratifizierungsverfahren für den SALT-II-Vertrag vom 18. Juni 1979 aus. Dieses Abkommen sah die Begrenzung der Trägersysteme für Atomwaffen auf jeweils 2250 vor. Hinzu kam, daß die Allianz mit der Nachrüstung auf heftigen Widerstand in den von der Stationierung betroffenen Ländern stieß (Deutschland, GB, Belgien, I, NL). Eine neue Friedensbewegung entstand und erfaßte besonders in der Bundesrepublik weite Kreise der Bevölkerung. War Sicherheitspolitik bis dahin ein Thema, für das sich nicht viele Bürger interessiert hatten, so mußten die Allianz-Mitglieder jetzt ihre Politik stärker rechtfertigen. Eine unmittelbare Konsequenz bestand in einem erstmals im Mai 1982 von der NATO vorgelegten "Streitkräftevergleich" zwischen dem westlichen und dem östlichen Bündnis in dem die zahlenmäßige Überlegenheit der WVO an konventionellen Waffensystemen und an Mannschaftsstärke herausgestellt wurde. Der Vergleich stieß auf heftige Kritik, da manche Truppenverbände auf Seiten der NATO (wie z.B. die Spanischen Streitkräfte, die am 30. Mai 82 als 16. Mitglied beigetreten waren) nicht berücksichtigt worden und die Zahlen für die WVO auf Schätzungen beruhten.
Die beiden Verteidigungsgemeinschaften anführenden Supermächte USA und UdSSR nahmen unterdessen 1982 Gespräche über die Verringerung ihrer strategischen Atomwaffen auf (START Strategic Arms Reduction Talk). Bis dahin ging es lediglich um eine Begrenzung der Atomwaffenpotentiale der Supermächte, die längst über "Overkill"- Kapazitäten verfügten. Das heißt, die Sprengkraft reichte aus, um die gesamte Menschheit gleich mehrfach zu töten. Ein halbes Jahr zuvor hatten sie bereits vor dem Hintergrund des NATO-Doppelbeschlusses Verhandlungen über atomare Mittelstreckenwaffen begonnen. Lange Zeit kam es zu keinem nennenswerten Fortschritt. Im Gegenteil. Das Klima verschlechterte sich zunächst erheblich, als US-Präsident Ronald Reagan im März 83 seinen Plan für eine "Strategische Verteidigungsinitiative" (SDI Strategic Defense Initiative) bekannt gab. Die USA würden zu Land und im Weltraum Abwehrstationen errichten, die feindliche Atomraketen vor ihrem Wiedereintritt in die Atmosphäre zerstören sollten. Dies kritisierten jedoch nicht nur die WVO-Staaten, sondern auch die europäischen Partner der Vereinigten Staaten. Sie befürchteten, daß sich die USA mit SDI einen Schild der Unverwundbarkeit zulegen könnten, hinter dem sie ihrerseits keinen Schutz finden. Neue Akzente setzten die USA in ihrer Verteidigungspolitik auch mit der AirLand Battle-Doktrin. Gegen die auf militärische Stärke ausgelegte Politik der amerikanischen Regierung und die sich abzeichnende INF-Nachrüstung (Intermediate-Range Nuclear Force) demonstrierten im Herbst 1982 in der Bundesrepublik wie in anderen NATO-Ländern Hunderttausende von Menschen ("Heißer Herbst"). Da die Verhandlungen keinen Erfolg zeigten, begann die NATO am 23. November 83 mit der Nachrüstung. Die ersten teile für die landgestützten Mittelstreckenwaffen vom Typ "Cruise Missiles" trafen in Großbritannien und in der Bundesrepublik ein. Die sowjetischen Unterhändler brachen daraufhin die INF-Gespräche und START sowie die nunmehr acht Jahre dauernden Verhandlungen über Truppenreduzierung (MBFR) ab. Der Konflikt zwischen den USA und der UdSSR, der NATO und der WVO loderte ein weiteres Mal auf. Man beschuldigte sich gegenseitig der nicht gerechtfertigten Aufrüstung und schob der jeweils anderen Seite die Schuld für das Scheitern der Abrüstungsverhandlungen zu.
Ein Lichtblick während dieser Zeit war der Beginn der "Konferenz über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa" (KVAE): Am 17.1.84 begannen die Staaten der KSZE in Stockholm darüber zu verhandeln, wie das Mißtrauen zwischen Ost und West abgebaut werden könnte.
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