Diese Freunde waren Christof Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf. Sie alle studierten Medizin und waren Mitglieder in der so genannten Studentenkompanie. Mitglieder der Studentenkompanie konnten normal studieren aber sie gehörten der Wehrmacht an und wurden in den Semesterferien an die Front kommandiert. Der Abend war gemütlich: Sophie und die Jungen diskutierten und aßen Delikatessen, die Sophie mitgebracht hatte. Während des Abends stellte es sich auch heraus, dass keiner von den Freunden verstehen konnte, warum die Deutschen nichts gegen den brutalen Terror und die unsinnige Kriegsführung der Nazis unternahmen. Sechs Wochen nach der Ankunft Sophies wurden an der Universität antinazistische Flugblätter verteilt. Sophie war begeistert: Endlich hatte es jemand gewagt! Als Sophie das Flugblatt genauer las, kam ihr der Text bekannt vor. Sie wusste aber nicht warum. Sophie eilte zur Wohnung ihres Bruders, um ihm die große Nachricht zu erzählen. Hans war nicht zu Hause und Sophie wartete. Als sie wartete, blätterte sie in einem Buch, das auf dem Tisch lag. Einige Punkte im Buch waren angestrichen. Auch diese kamen ihr bekannt vor. Da erinnerte sich Sophie: Diese Stellen waren auch im Flugblatt, das sie an der Universität bekommen hatte. Sophie begriff, dass Hans etwas mit den Flugblättern zu tun haben musste. Als Hans zurückkam, fragte Sophie, ob er etwas über die Flugblätter wisse. Hans gab zu, dass er etwas wusste. Sophie erzählte, dass auch sie an der Aktion teilnehmen wollte worauf Hans widerwillig einwilligte. Kurze Zeit danach tauchten in Münchner Briefkästen noch drei weitere Flugblätter auf. Sie alle waren wie das erste betitelt: \"Flugblätter der Weißen Rose\". Einige Wochen vor dem Ende des Semesters wurde den Medizinstudenten, die Mitglieder der Studentenkompanie waren, mitgeteilt, dass die Kompanie an die Ostfront geschickt würde. Am letzten Abend vor der Abfahrt nach Russland versammelten die Freunden sich in einem leeren Atelier, um zu diskutieren, ob es Möglichkeiten gab, die Tätigkeit fortzusetzen. Es wurde der Beschluss gefasst, dass der Widerstand im erweiterten Kreis fortgesetzt werden sollte: Alle sollten überlegen, welche von ihren Freunden zuverlässig genug wären, um mitzumachen. Am folgenden Tag fuhren die Jungen von Christof Probst abgesehen nach Russland ab. München war jetzt für Sophie einsam und fremd. Sie packte ihre Sachen und reiste nach Hause, das auch leerer als gewöhnlich war: Ihr jüngster Bruder Werner war ebenfalls in Russland und ihrer Vater war zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt worden, weil er seiner Sekretärin gesagt hatte, dass Deutschland den Krieg schon verloren habe. Zu Hause hörte Sophie etwas schreckliches, als sie eine Freundin ihrer Mutter traf. Die Freundin, die in einer Heilanstalt für geistig gestörte Kinder arbeitete, erzählte, dass die SS schon seit einigen Monaten Kinder, die als hoffnungslose Fälle betrachtet wurden, geholt hatte, um sie zu vergasen. Auch Hans wurde während seines Russlandaufenthaltes mit den Grausamkeiten des Nazistaates konfrontiert. Auf dem Weg nach Russland sah er auf einem polnischen Bahnhof jüdische Frauen, die dünn wie Bohnenstangen waren. Sie hackten Steine mit Eisenpickeln. Ein bisschen weiter weg sah er Greise, die von bewaffneten SS-Männern in Zwangsarbeit getrieben wurden. Hans wollte diesen Menschen helfen:
Er sprang aus dem Zug und reichte einem Greis seine Quotezigaretten. Einer Frau gab er seine eiserne Ration: Dörrobst, Nüsse und Schokolade. In Russland hörte Hans über die Knechtung der Menschen und über die Massenhinrichtungen, wo Tausende unschuldige Menschen umgebracht wurden. Hans und die andere Jungen kamen im Oktober 1942 nach München zurück. Alle Mitglieder der Weißen Rose waren jetzt überzeugter als vorher über die Notwendigkeit des Widerstandes. Gegen Ende des Jahres konzentrierte sich die Gruppe auf die Erweiterung ihrer Tätigkeit und auf die Geldsammlung. Kurt Huber, Professor für Philosophie an der Universität, wurde Mitglied der Gruppe. Die Gruppe knüpfte Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen. Die Flugblätter der Weißen Rose wurden auch in andere große Städte in Süddeutschland, z.B. Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe, transportiert. Abend nach Stalingrad wartete Sophie auf Hans. (Sie wohnten seit einiger Zeit zusammen in einer ziemlich großen Wohnung.) Sophie schlief ein. Einige Stunden später wachte sie auf, als Hans mit Alexander Schmorell und Willi Graf zurückkam. Hans erzählte, dass sie für Sophie eine Überraschung hätten: \"Wenn du morgen früh die Ludwigsstraße entlang gehst, siehst du etwas Tolles!\", sagten die Jungen. Am nächsten Morgen machte Sophie einen Umweg durch die Ludwigsstraße. Sie sah immer wieder die in großen schwarzen Buchstaben geschriebene Parole \"Nieder mit Hitler!\" An die Universität war in gleichen Buchstaben \"Freiheit!\" geschrieben worden. Ein bisschen später erschien das letzte Flugblatt der Weißen Rose. Es war besonders an Studenten gerichtet und geißelte die Beschlüsse Hitlers, die zur Tragödie Stalingrads geführt hatten: \"Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir!\" (Aus dem letzten Flugblatt der Weißen Rose.) In der Nacht zwischen dem 17. und 18. Februar 1943 hatte Sophie einen Traum, in dem sie und Hans von der Gestapo festgenommen wurden. Trotzdem fassten sie am Morgen den Entschluss, Flugblätter an der Universität auszuteilen. Während der Vorlesungen teilten sie Flugblätter vor den Hörsaaltüren aus und warfen die Reste von dem obersten Stockwerk hinunter in den Lichthof der Universität. Sie glaubten, dass niemand sie sah. Der Hausmeister der Universität, Jakob Schmid, war wachsam, ergriff sie und übergab sie der Gestapo. Am folgenden Tag wurde auch Christof Probst festgenommen, weil die Gestapo bei Hans einen handgeschriebenen Flugblattentwurf von ihm gefunden hatte. Christof Probst war von den Mitgliedern der Gruppe der einzige, der Kinder hatte. Als er festgenommen wurde, hatte seine Frau gerade ihr drittes Kind bekommen. Christof Probst durfte sein jüngstes Kind nicht mehr sehen. Alle drei wurden zum Münchner Hauptquartier der Gestapo gefahren. Dort wurden sie vier Tage und Nächte verhört. Nach der Verhaftung von Christof Probst bekannten sich Hans und Sophie zu den Widerstandsaktionen der Weißen Rose. Die Geschwister versuchten, Christof Probst zu entlasten, und nahmen alle Schuld auf sich. Das Gerichtsverfahren gegen die Scholls und Christof Probst fand am 22. Februar 1943 statt.
|