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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Aufbauphase (1949 - 55)



Es dauerte nur vier Monate, bis alle Parlamente den Nordatlantikvertrag ratifiziert hatten. Am 24. August 49 trat er schließlich in Kraft, jedoch dachten die Bündnispartner im ersten Jahr nach Vertragsabschluß noch nicht ein enges institutionelles Geflecht oder eine militärische Organisation aufzubauen. Doch schon bald sollte die militärische Zusammenarbeit beginnen: Im Juni überfielen kommunistische Truppen Nordkoreas den Südteil des Landes. Auch wenn die Sowjetunion an dem Überfall auf Südkorea nicht direkt beteiligt war, so bestand bei den Allianzstaaten Einigkeit darüber, daß Nordkorea ohne Rückendeckung aus Moskau einen derartigen Angriff nicht gewagt hätte. Dies warf die Frage auf, ob es nicht auch in Deutschland, das zwischen Ost und West gelegen war, zu einem neuen Krieg kommen könnte. Um für einen solchen Fall gewappnet zu sein, beschloß der Nordatlantikrat kurze Zeit später den Aufbau einer gemeinsamen NATO-Streitmacht und die "Vorwärtsstrategie". Die als "MC 14/1" bezeichnete Militärstrategie sah vor, einen Angriff der Roten Armee soweit im Osten wie möglich abzuwehren, also in Deutschland. Jedoch war das Problem bei einer Vorwärtsverteidigung, daß man über zu wenig Waffen und Soldaten verfügte. Schnell wurde klar, daß ein westdeutscher Verteidigungsbeitrag notwendig war.
Diesem Vorhaben stand allerdings das "Petersberger Abkommen" vom November 1949 im Wege, in dem sich Deutschland verpflichtete, keine bewaffneten Streitkräfte aufzustellen. Im Dezember 1950 erteilte der Nordatlantikrat den drei Besatzungsmächten der Bundesrepublik den Auftrag, zusammen mit der Bonner Regierung Lösungen für das Problem zu erörtern. Die Gespräche begannen im Januar 1951 und standen unter einem klaren Vorsatz: Die Zustimmung zum Aufbau westdeutscher Streitkräfte käme nur in Frage, wenn die Bundesrepublik fest in das westliche System integriert werden würde. Jedoch machte besonders Frankreich der Gedanke an ein wiederbewaffnetes Deutschland Angst. Der französische Ministerpräsident René Pleven plädierte deshalb am 24. Oktober 1950 dafür, eine europäische Streitmacht aufzustellen, die unter einem einheitlichen politischen und militärischem Kommando stehen sollte. Die Absicht dieses "Pleven-Plans" war, das westdeutsche Militär einer Kontrolle zu unterwerfen.
Die Briten und die Amerikaner befürchteten, daß eine Europaarmee die NATO schwächen könnte. Desweiteren hielt man es für unpraktikabel, Soldaten verschiedener Länder in gemischten Verbänden zusammenzuführen. Auch die Bundesregierung lehnte den Pleven-Plan zunächst ab. Erst nachdem man in Paris das umstrittene Integrationsmodell fallen ließ und sich mit einer deutschen Division einverstanden erklärte, stimmten die Bündnispartner zu, und die Verhandlungen über eine "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) konnte beginnen. Eine Einigung war dringend notwendig, da ohne deutsche Soldaten der rasche Aufbau starker Kräfte vor dem Eisernen Vorhang nicht hätte gelingen können. Doch selbst mit dieser Aufrüstung hätte das westliche Bündnis den Umfang der vorhandenen konventionellen Waffen der Sowjetunion und der von ihr dominierten osteuropäischen Staaten nicht erreicht.
Die EVG-Verhandlungen näherten sich im Frühjahr ´52 dem Ende. Um eine Westbindung Deutschlands zu verhindern, schickte die sowjetische Regierung am 10.3.52 die erste von insgesamt vier "Stalin-Noten" an die drei Westmächte. Darin machte Moskau das Angebot, daß sich beide deutsche Staaten vereinigen könnten, vorausgesetzt der Gesamtstaat erkläre seine Neutralität. Bundeskanzler Konrad Adenauer lehnte den Vorschlag jedoch ab, da er befürchtete, daß ein neutrales Deutschland in den Sog des Sowjetreichs geraten würde. Auch die Westmächte waren gegen eine Vereinigung. Die Unterzeichnung des EVG-Vertrags am 27.5.52 zwischen den Benelux-Staaten, Frankreich, der Bundesrepublik und Italien konnte die UdSSR also nicht verhindern. Zwischen dem EVG-Vertrag und dem einen Tag zuvor unterzeichneten "Deutschlandvertrag" bestand ein Junktim: Erst wenn alle Parlamente den EVG-Vertrag akzeptiert hätten, würde die Bundesrepublik ihre Souveränität erhalten.
Der EVG-Vertrag scheiterte jedoch an der französischen Nationalversammlung, die die Ratifizierung Ende August 1954 wegen großer Vorbehalte gegen ein wiederbewaffnetes Deutschland ablehnte. Desweiteren waren sie nicht zu einem teilweisen Souveränitätsverzicht bezüglich der Befehlsgewalt über die Streitkräfte bereit, den der EVG-Vertrag verlangt hätte. Somit konnte der Deutschlandvertrag nicht in Kraft treten und die Bundesbürger mußten weiterhin auf ihre staatliche Unabhängigkeit warten. Auf Grundlagen dieser Initiative unterzeichneten am 23. Oktober 1954 die Mitglieder der Westunion, die Bundesrepublik und Italien die "Pariser Verträge". Zu deren wesentlichen Bestimmungen gehörte es, daß:
- Frankreich, Großbritannien und die USA ihre Besatzungsstatut in der Bundesrepublik Deutschland beendeten, die damit ihre Souveränität erlangen konnte, gleichzeitig stimmte Westdeutschland der Stationierung von Truppen der NATO-Staaten zu;
- die Westunion sowie die Bundesrepublik und Italien die "Westeuropäische Union" (WEU) gründeten, die dem NATO-Oberkommando unterstellt wurde;
- Die Bundesrepublik eingeladen wurde, der NATO beizutreten und ihre Truppen zur Verfügung zu stellen; Westdeutschland verpflichtete sich, keine atomaren, biologischen und chemischen Waffen (Abc-Waffen) herzustellen.

Diese Verträge ratifizierte auch das französische Parlament. Am 5.5.1955 wurde die Bundesrepublik in die Unabhängigkeit entlassen; am 9.5. wurde sie das 15. NATO-Mitglied. Die Türkei und Griechenland waren am 18. Februar 1952 beigetreten. Im eigenen Land setzte Adenauer den Beitritt gegen heftigen Widerstand durch. Die Sowjetunion hatte bis zuletzt versucht, den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO zu verhindern. So rechtfertigte sie mit der deutschen Mitgliedschaft offiziell die am 14.5.55 erfolgte Gründung der Warschauer-Vertrags-Organisation (WVO). Der NATO stand nun ein östlichen Bündnis gegenüber. Als Legitimation für diesen Schritt diente der Sowjetunion der von der NATO verneinte Aufnahmeantrag, den die sowjetische Regierung am 31.3.54 gestellt hatte.

 
 

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