Seneca unterscheidet nach stoischem Vorbild zwischen den Wissenden (sapientes) und den Nichtwissenden (stulti). Wichtiger als diese Trennung ist allerdings die "voluntas", das Wollen als ersten Schritt auf dem Weg zur Selbsterziehung. Dieses Wollen kann nicht durch einen Lernprozeß erworben werden. Mit Hilfe der Philosophie entwickelt sich die "bona voluntas" durch unermüdliche Anstrengung zur "bona mens", in höchster Vollendung zur "tranquillitas animi" zu einer unerschütterlichen, stoischen Haltung. Obwohl kaum ein Mensch dieses höchste Ziel erreichen kann, auch Seneca selbst nicht, hebt Seneca in seinen "Epistulae morales ad Lucilium" besonders den Wert des "proficere" heraus.
Diese "proficientes" lassen sich in 3 Gruppen teilen, allen dreien aber ist gemeinsam, daß sie ihr höchstes Ziel die ,,sapientia\" noch nicht erreicht haben:
. die Gruppe, die der "sapientia" am nächsten kommt und bereits alle "affectus" und "vitia" abgelegt hat. Sie fallen zwar nicht mehr in alte Fehler zurück, ihnen fehlt aber die Sicherheit und die Erprobung in der Wirklichkeit.
. die zweite Gruppe, die nach wie vor immer wieder in ihre alten Fehler zurückfällt, die sie eigentlich schon abgelegt hat.
. die dritte Gruppe, die zwar den größten Fehlern entkommen ist wie "avaritia", "libido", nicht aber der "ira" und dem "timere".
Seneca schildert den Menschen in seinem Verhältnis zu Ansehen, Macht, Besitz und Reichtum, gesteuert durch Begierde (voluptas), aber auch in seinem Verhältnis zu negativen Dingen wie Krankheit, Armut, Schmerz (dolor) und besonders der Furcht (timor-metus). Der Mensch wird arm geboren, Reichtum ist daher kein natürliches Gut, daher ist nur das Lebensnotwendigste nötig.
Denn alle äußerlichen Dinge tragen nicht zur Glückseligkeit bei. Sie gehören zu den Dingen, die Seneca gemäß der Stoa zur, "indifferentia" zählt. Diese Dinge können in drei Gruppen unterteilt werden:
. ,,comoda\", naturgemäße Güter wie z. B. "gaudium", "pax"
. "incomoda", wie z. B. Krankheit, Folter. Sie widersprechen zwar dem Selbsterhaltungstrieb des Menschen, können aber den Glückszustand des Menschen nicht mindern.
. zwischen den "commoda" und "incommoda" liegende Güter wie das Aussehen und Haarfarbe
Allein die "ratio" kann aus den wertneutralen Dingen ein sittliches Gut oder ein sittliches Übel machen. Sittliche Handlungen sind untereinander gleichwertig. Es gibt nur "tranquillitas", "libertas" Die Entscheidung aber für die Sittlichkeit beruht auf Wissen. Wissen beruht auf Einsicht durch Vernunft.
Zur Verwirklichung der "sapientia" gehört auch die Steuerung der Affekte wie Krankheiten der Seele, Leidenschaften etc. Es gilt nicht das Ideal der Gefühllosigkeit anzustreben, sondern die Überwindung von Affekten.
Die vier Formen der Affekte sind:
. Lust
. Unlust
. Begierde
. Furcht (vor allem Furcht vor dem Tod)
Freundschaft
Auch Seneca war von der stoischen Grundüberzeugung, daß der Weise sich selbst genügt. Dennoch ist der Mensch gemäß der stoischen Lehre auch ein Gemeinschaftswesen. Der Weise braucht zwar keinen Freund um in Vollkommenheit, um glücklich zu sein, wohl aber zum Leben.
Freundschaft besteht im Gegensatz zur epikureeischen Lehre aber hauptsächlich im geben und nicht im nehmen. Im Gewinnen von Freunden und nicht so sehr in ihrem Besitz liegt das Wesen der Freundschaft.
Staat und Politik
Seneca verbietet jegliches Engagement für einen korrupten Staat und plädiert entgegen der stoischen Philosophie für einen Rückzug ins "otium". Dieser Ratschlag ist besonders in der Zeit in der Seneca lebt vernünftig. (Nero!)
Die Massen seiner Zeit sieht Seneca als verdorben an, daher sollte der Mensch die "turba" meiden. Der Philosoph sollte einen totalen Rückzug ins "otium" vermeiden, weil er sonst die Möglichkeit vergibt, auf einzelne Mitmenschen einzuwirken, für die sich der Einsatz lohnt. Außerdem sollte er auch versuchen für die Nachwelt von Bedeutung zu sein.
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