Der typische Mathematiker ist ein versteckter Platonist, mit formalistischer Maske die er aufsetzt, wenn es der Anlass erfordert. Somit an Werktagen Platonist, an Sonntagen Formalist
Was die Grundlagen betrifft, so glauben wir an die Realität der Mathematik, doch wenn uns die Philosophen mit ihren Paradoxa attackieren, verkriechen wir uns schleunigst hinter den Formalismus und sagen , und dann kommen wir mit dem ersten und zweiten Kapitel der Mengenlehre. Sobald man uns dann in Ruhe lässt, gehen wir wieder zu unserer Mathematik zurück, und betreiben sie wie wir sie immer betrieben haben, nämlich mit dem Gefühl, das jeder Mathematiker hat, dass er mit etwas Realem arbeitet. Dieses Gefühl ist vermutlich eine Illusion, aber eine sehr bequeme.
J.A. Dieudonne (1970, S.145)
In den fünfziger Jahren war der Formalismus zur vorherrschenden Haltung in Lehrbüchern und anderen Verlautbarungen geworden. Als Philosophie der Mathematik ist er mit der Denkweise aktiver Mathematiker nicht vereinbar; für positivistische Wissenschaftsphilosophen stellt sich dieses Problem nicht. Da sie vor allem auf die theoretische Physik ausgerichtet waren, sahen sie die Mathematik v.a. als Werkzeug, nicht als eigenständiges, lebendiges Gebilde Der Konstruktivismus blieb eine Häresie. An den Platonismus glaubten und glauben fast alle Mathematiker, pflegen ihn wie eine Untergrund-Religion, obgleich er öffentlich kaum erwähnt wird. In den letzten Jahren begann die Vorherrschaft des Formalismus zu schwinden, eine Hinwendung zum Anwendbaren ist zu beobachten.
Diese Darstellung soll vor allem zwei Dinge: Gut lesbar sein, auch für unmathematische Menschen, und fünf voneinander unabhängige Maturafragen enthalten. Der Autor beteuert nur einen Ausschnitt eines Ausschnitts aus Büchern zu geben, die beteuern nur einen Ausschnitt des Ausschnitts der Materie zu geben.
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