Rembrandts Radierung "Der Magier" (Abb. 27) wurde erstmalig 1751 als "Faustus" bezeichnet; dieser Deutung wurde dadurch, dass das Titelkupfer der Erstausgabe von Goethes Faust von 1790 eine gegenseitige Kopie von Joh. Heinrich Lips zeigt (Abb. 27a), später wohl besonderer Nachdruck verliehen.
Die Streitfrage, ob hier Faust dargestellt ist oder nicht, ist für die Faustvorstellung wichtig, so dass sie hier eingehender behandelt werden muss.
Ein Gelehrter in seiner Studierstube sieht auf einen Spiegel, der von der Hand einer Erscheinung gehalten wird, deren andere Hand auf ihn hindeutet. Im rechten Winkel zu diesem Spiegel im Strahlenschein das Anagramm.
Die großen Rembrandt-Monographien lehnen die Faustdeutung ab. C. Neumann sagt: ,,Dieser sogenannte Doktor Faust ist ein Kabbalist und Magier".
M. Bojanowski der gerade Entscheidendes zur Deutung des Anagramms beigetragen hat, sagt: ,,Man sollte aufhören, die Radierung mit dem willkürlich dazugekommenen Namen "Faust" zu benennen. Er ist irreführend und versperrt jeden Zugang zu den Tiefen des Kunstwerks". Gegen die Faustdeutung ergibt sich ferner eine weitere, aber im Zusam-menhang der Faust-Ikonographie wichtige Beobachtung: es fehlt der bei Beschwörungs-szenen auch sonst übliche Zauberkreis. Zudem ist die an Christus erinnernde Inschrift "INRI" im Spiegel für eine Faustdarstellung irreführend.
Was könnte nun für den Zusammenhang von Rembrandts Radierung mit Faust sprechen? Ch. Blanc glaubt an Beeinflussung Rembrandts durch englische Komödianten.
Dies wurde aufgegriffen durch Leendertz unter Hinweis auf Akt III, Szene V 1 VI des niederländischen Volksschauspiels vom Doktor Faustus: der den Pakt unterschreibende Faust wird von hellem Glanz getroffen, doch ist die letzte War¬nung des Schutzengels vergebens.
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