Wer war Siddharta Gautama? Was brachte ihn dazu, sich auf die Suche nach einem Erlösungsweg für die Menschen zu begeben, und wie fand er diesen Weg? In einer der bekanntesten Legenden wird es folgendermassen erzählt:
Siddharta war der Erstgeborene von König Shudhodanna und Königin Maya Devi, dem Monarchenpaar des kleinen Staates der Sakaya, das am Fuss des Himalaja im heutigen Nepal lag. Durch die Prophezeiung eines Brahmanen beunruhigt, sein Sohn werde dereinst sein Königreich verleugnen, sorgte König Shudhodanna dafür, dass Siddharta behütet und von allem Leid unberührt aufwuchs. Seine Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Dennoch fehlte es Siddharta an nichts; keine Sorge drückte das junge Leben. Seine Welt, das war der Palast, der grosse Garten und das Spiel mit seinen Gefährten. Lange Zeit bemerkte er gar nicht, dass er völlig abgeschirmt war von der übrigen Welt.
Eines Tages wünschte Siddharta den Palast zu verlassen und einen Eindruck von Land und Volk zu gewinnen, die er dereinst regieren würde. Daraufhin ordnete sein Vater erschrocken an, dass alle alten, armen und kranken Menschen die Stadt zu verlassen und sich in den Elendsvierteln zu verbergen hätten. Alles Abstossende und Hässliche, das dem Sohn sein schönes Trugbild hätte zerstören können, liess er aus der Stadt entfernen.
Die Stadt wurde für den Ausflug des Kronprinzen reich geschmückt und er selbst vom Volk mit Freude und Ungeduld erwartet. Sowie er den Palast verliess, umwogte ihn ein Meer von gesunden und kräftigen Menschen, denen es an nichts zu fehlen schien.
Dann aber geschah etwas Unvorhergesehenes: Mitten in der begeisterten Menschenmenge erblickte Siddharta einen bettelnden Jungen, den sein abgehärmtes Aeusseres scharf von der jubelnden Masse abhob. Er rief den Jungen zu sich, aber dieser flüchtete. Und als der Prinz ihm folgte, gelangte er unversehens in die Elendsviertel der Stadt und wurde zum ersten Mal in seinem Leben mit Tod, Krankheit, Armut und Hoffnungslosigkeit konfrontiert.
Tief betroffen kehrte er in den Palast zurück und stellte seinen Vater zur Rede, um Erklärung und Trost für das Gesehene zu finden. Der König jedoch konnte ihn weder beruhigen, noch ihm Ursache oder gar Sinn dieser Zustände aufschliessen.
Siddharta empfand, so erzählt die Legende weiter, Abscheu vor seinem reichen Leben als Prinz und vor seinen prachtvollen Gewändern, die in so starkem Gegensatz zu dem eben Erlebten standen. Die Vergänglichkeit der Welt überwältigte ihn und liess ihm sein ganzes bisheriges Leben sinnlos erscheinen. Was ihn zusätzlich nicht mehr losliess und immer tiefer ins Nachdenken stürzte, war die Begegnung mit einem Bettler in einem gelben Gewand, der sehr zufrieden und ruhig, ja sogar fröhlich erschien. Wie konnte er so fröhlich aussehen? Siddharta wurde von einem Eifer gepackt, der alles Ueberlieferte in den Wind schlug. Er wollte plötzlich alles, was ihm bisher lieb und teuer gewesen war, aufgeben, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
Siddharta beschloss, dem Beispiel des Bettlers zu folgen. In der festen Ueberzeugung, einen Ausweg aus diesem menschlichen Dilemma finden zu können, verliess er schon in der darauffolgenden Nacht den Palast, seinen Vater, seine Frau und seinen eben erst geborenen Sohn. Für eine kurze Zeit zumindest wollte er ergründen, warum der Bettler in seiner elenden Bedürftigkeit so zufrieden schien.
Aus dem kurzen Ausflug wurde eine lebenslange Pilgerfahrt, in deren Verlauf er seelische Höhen und Tiefen, Glück und tiefes Leid durchlebte, auf der Suche nach Erkenntnis und Erlösung. Unterwegs schloss er sich verschiedenen Brahmanen an, die ihn Yoga, Meditation, Askese, Kasteiung und andere Methoden lehrten die tradierte Weise, um den unheilvollen Kreislauf der Wiedergeburten zu durchbrechen. Auf diese Weise gewann er das Wissen vom Wesen des Leidens und seiner "Vernichtung". Aber erst nachdem er die Ursache allen Leidens erkannt hatte, erlangte er Erlösung: "Und indem ich dies also erschaute, wurde mein Geist befreit vom Verderbnis der Sinneslust, wurde mein Geist befreit vom Verderbnis der Unwissenheit. Ich bin befreit, und ich erkannte: Vernichtet ist die Wiedergeburt, vollendet ist der heilige Wandel, erfüllt die Pflicht; keine Rückkehr gibt es mehr zu dieser Welt: also erkannte ich." (ebenda)
Buddha widerstand während neunundvierzig Tagen jeder Verlockung und erkannte schliesslich die tiefe Wahrheit: Die Ursache des Leidens sind das Begehren und das Nichtwissen. Ihm wurde bewusst, dass die Welt darum so unglücklich ist, und er erschaute, wie man dieses Unglück in seiner Gänze überwindet: indem man aufhört zu begehren.
Die Nacht, in der Siddharta diese Erkenntnis am Fluss Neranja unter dem "Bodhi"-Baum, dem Feigenbaum, der später Baum der Erleuchtung genannt wurde, gewann , wird noch heute von den Buddhisten als heilige Nacht gefeiert. In jener Nacht wurde der Königssohn Siddharta Gautama zu "Buddha", dem Erleuchteten.
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