4.1 Die Peano-Axiome
Die vorgestellte Beweismethode Vollständige Induktion ist nur zulässig für den Zahlenbereich , also für alle positiven ganzen Zahlen einschließlich der Null. Auf andere Zahlenmengen ist die vollständige Induktion nicht anwendbar.
Die Eigenschaften der natürlichen Zahlen legte der italienische Mathematiker Guiseppe Peano in den nach ihm benannten Peano-Axiomensystem fest:
P1: Null ist eine natürliche Zahl.
P2: Der Nachfolger jeder natürlichen Zahl ist auch eine natürliche Zahl.
P3: Null kann nicht auf eine natürliche Zahl folgen.
P4: Zwei voneinander verschiedene natürliche Zahlen haben verschiedene Nachfolger, oder: Wenn auf zwei Zahlen dieselbe Zahl folgt, so sind sie identisch.
P5: Wenn eine Menge die Zahl Null enthält, und mit jeder natürlichen Zahl auch deren Nachfolger, so enthält sie jede natürliche Zahl.
[vgl.: Oberschelp, Arnold. Aufbau des Zahlensystems. Seite 14-15]
Das Axiom P5 wird auch das Induktionsaxiom genannt, da es die Anwendbarkeit des Prinzips der vollständigen Induktion bei den natürlichen Zahlen zu Grunde legt. Es ist sozusagen der Grundstein für dieses Prinzip. Dies möchte ich ein wenig erläutern:
In der obigen Formulierung von P5 ist von einer Menge die Rede, die genau dann die gesamte Zahlenmenge umfasst, wenn in ihr die Null sowie der Nachfolger jeder auch zu ihr gehörenden natürlichen Zahl enthalten ist. Leichter verständlich wird dies, wenn man es ein wenig umformuliert, indem man sich nicht auf eine Menge bezieht, die irgendwelche Zahlen enthält, sondern auf eine Eigenschaft, die auf irgendwelche Zahlen zutrifft:
Wenn Null eine bestimmte Eigenschaft hat, und wenn jeder Nachfolger einer natürlichen Zahl diese Eigenschaft besitzt, sofern die natürliche Zahl selbst die Eigenschaft hat, dann haben alle natürlichen Zahlen diese betreffende Eigenschaft.
In dieser Ausdrucksweise erinnert P5 schon eher an das Prinzip der vollständigen Induktion: Damit es bewiesen ist, dass alle natürlichen Zahlen eine bestimmte Eigenschaft besitzen, so müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein, nämlich muss die Eigenschaft auf Null (Induktionsanfang) und auf jeden Nachfolger einer natürlichen Zahl (Induktionsbehauptung) - unter der Bedingung, dass sie für diese natürliche Zahl auch gültig ist (Induktionsvoraussetzung) - zutreffen.
[Quelle Kpt.4.1: (1) Oberschelp, A. Aufbau des Zahlensystems. S.14-18]
4.2 Geschichte der \"Vollständigen Induktion\"
Zum ersten Mal wurde 1575 ein formaler Beweis durch vollständige Induktion in der Öffentlichkeit angegeben. Der italienische Geistliche Franciscus Maurolicus (16.9.1494 - 21./22.7.1575), der als größter Geometer des 16.Jahrhundert angesehen wurde, zeigte in seinem Buch Arithmetik durch vollständige Induktion, dass man die Summe der ersten n ungeraden Zahlen mit n2 berechnen kann (siehe Kapitel 2).
1662 verwendete der heute noch bekannte französische Mathematiker Blaise Pascal (1623 - 1662) die vollständige Induktion, um eine Formel über die Summe von Binomialkoeffizienten zu beweisen und entwickelte daraus das nach ihm benannte Pascalsche Dreieck.
1838 wurde der Name Vollständige Induktion für diese Beweismethode zum ersten Mal im heute gebräuchlichen Sinn benutzt, als nämlich Augustus de Morgan (1806 - 1871) seinen Artikel Induction (Mathematics) in der Londoner Zeitschrift Penny Cyclopedia publizierte. Aber erst im 20. Jahrhundert wurde diese Bezeichnung allgemein in der Welt anerkannt und verwendet.
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