Die Kathedrale von Beauvais wurde im Jahr der Thronbesteigung Ludwigs IX. von Frankreich (1226) begonnen. Während seiner Regentschaft (bis 1270) trat die gotische Architektur in eine neue Phase, die als Rayonnantstil (von französisch rayonnant: strahlend) bezeichnet wird. Der Begriff bezieht sich auf die strahlenförmigen Speichen etwa in den riesigen Fensterrosen der Kathedralen. Im Rayonnantstil ging es denn auch weniger darum, die Raumhöhe zu vergrößern (im Gegenteil wurde die Raumhöhe in den Folgebauten wieder zurückgenommen). Vielmehr sollte die Helligkeit des Innenraumes durch eine weitere Auflösung der Wand gesteigert werden. So ersetzten die Architekten des Rayonnantstiles die Außenwand des Triforiums durch Glasfenster und Maßwerk. Nach 1232 wurde die Abteikirche Saint-Denis in diesem Sinn umgebaut.
Am eindringlichsten gelang das Projekt des Rayonnant in der zwischen 1242 und 1248 errichteten Sainte-Chapelle auf der Pariser Île-de-la-Cité. Hier ragen die Fenster beinahe vom Boden bis zu den Bögen des Gewölbes.
Das Buntglasfenster mit seinen dominierenden Blau- und Rottönen avancierte so immer mehr zum wichtigen Element gotischer Architektur. Dabei zeigten kleine Buntglasdarstellungen in den Kapellen der Seitenschiffe zumeist Szenen aus der Bibel und dem Heiligenleben, deren Detailreichtum sich dem Betrachter erst aus der Nähe offenbarte. Die Fenster im Lichtgaden hingegen waren einzelnen Monumentalfiguren vorbehalten. Um 1270 wurde durch weißes (und grau bemaltes) Grisaille-Glas in Verbindung mit farbigen, in helleren Tönen bemalten Fenstern eine gesteigerte Lichtwirkung erzielt.
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