Schieles Selbstporträt als Onanierender ist ein Beweis seiner sexuellen Unbefangenheit. Kein anderer zeitgenössischer Künstler zeigte sich in solch einer aufsehenerregenden Darstellung. Im Bild "Eros" thematisierte er seine eigene Sexualität. Er behandelt eine zu seiner Zeit verbotene, nur im Verborgenen ausgeübte Sexualpraktik. Zugleich löste er sich von einer Bildtradition, die fast ausschließlich das behaarte weibliche Genital zur Schau stellte.
Die Provokation von Schieles Eros wird erahnbar vor dem Hintergrund der bis weit ins 20.Jhdt andauernden medizinischen und juristischen Verfolgung der Onanie. Diese war ein absolutes Tabu. Um die Jahrhundertwende herrschte ein regelrechter "Onaniewahn", da man in der Selbstbefriedigung eine der Ursachen von Geisteskrankheiten und gesundheitlichen Schädigungen ausgemacht zu haben glaubte. Ärzte unterzogen die Patienten oft einer brutalen Genitalverstümmelung.
Erst Freuds bahnbrechende Sexualstudien entzogen dem Unwesen langsam die Grundlage.
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