Die Chiffrierscheibe ist die älteste mechanische Verschlüsselungsmaschine. Sie wurde im 15. Jahrhundert von dem italienischen Architekten Leon Alberti erfunden. Obwohl sie recht schlicht aufgebaut ist, gewann sie eine große Bedeutung und stellte die Basis für die Erfindung der Enigma-Maschine dar.
Die ursprüngliche Erfindung besteht aus zwei unterschiedlich großen Scheiben, auf deren Rändern das Alphabet eingeprägt ist. Die kleinere Scheibe ist auf der Mitte der größeren über einer Nadel befestigt, so dass die Scheiben unabhängig voneinander gedreht werden können.
Standardmäßig bestimmt das äußere Alphabet den Klartext, das innere den Geheimtext. Um nun einen Text zu verschlüsseln, muss eine Ausgangsposition festgelegt werden; sie bestimmt den Schlüssel. Wählt man als Schlüssel beispielsweise den Buchstaben G, so müssen die Scheiben so gedreht werden, dass das äußere A dem inneren G gegenüberliegt. Für die Chiffrierung eines Textes muss jetzt nur noch jedem Klartextbuchstaben sein innerer Partner zugeordnet werden. Aus dem Text "ENIGMA" wird nun "KTOMSG". Die Einfachheit dieses Verfahrens erklärt die weite Verbreitung dieses Systems, das immerhin 500 Jahre lang verwendet wurde.
Leider weist die Chiffrierscheibe einige enorme Schwachstellen auf. Dadurch, dass die Buchstaben auf den Scheiben in der Reihenfolge des Alphabets eingeprägt sind, handelt es sich bei dieser Verschlüsselungstechnik um eine Caesar-Verschiebung, die nur 26 verschiedene Schlüssel zulässt, was eine effektive Kryptographie ausschließt.
Selbst bei der Durchmischung des Geheimtextalphabets ist diese monoalphabetische Chiffrierung ohne weiteres über die Häufigkeitsanalyse entschlüsselbar. Kommt die verwendete Chiffierscheibe in die Hände des Kryptoanalytikers, kann er wiederum die 26 möglichen Schlüssel der Caesar-Verschiebung ausprobieren. Letztendlich ist diese Methode sehr unsicher.
Deshalb bietet es sich hier an, mehrere Ausgangsstellungen für einen Klartext zu verwenden. Dadurch entsteht eine polyalphabetische Verschlüsselung, die man in diesem Fall auch als Vigenère-Verschlüsselung bezeichnet. Als Schlüssel nimmt man nun ein ganzes Wort, zum Beispiel "CRYPT". Jeder Buchstabe bestimmt nun eine Ausgangsstellung, die für jeden Buchstaben des Klartextes geändert wird. Wollen wir jetzt das Wort "enigma" verschlüsseln, müssen wir die Scheiben für den ersten Buchstaben in die Ausgangsstellung C (äußeres A gegenüber innerem C) bringen. Dies wandelt den Buchstaben e in ein G um. Beim zweiten Buchstaben verwenden wir die Ausgangsstellung R, so dass er in E umgewandelt wird. Durch den Wechsel der verschiedenen Ausgangsstellungen (nach dem T wird wieder C als Ausgangsstellung verwendet) ergibt sich so der verschlüsselte Ausdruck "GEGVFC".
Obwohl diese Art der Verschlüsselung eine höhere Sicherheit bietet, ist sie durch eine erweiterte Häufigkeitsanalyse "knackbar", sofern der Klartext lang genug ist. Um eine Entschlüsselung vollkommen auszuschließen, müsste ein Schlüssel gewählt werden, der die gleiche Länge wie der Klartext besäße.
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