Wie nach Königgrätz Ungarn ein selbständiger Staat wurde, ... Die Niederlage von Königgrätz zog 1867 den österreichisch-ungarischen Ausgleich nach sich. Aus dem Kaiserreich Österreich wurde Österreich-Ungarn. Die Leitha trennte die beiden Reichsteile, die inoffiziell daher Zisleithanien und Transleithanien genannt wurden.
Zum österreichischen - zisleithanischen - Reichsteil gehörten (außer den eigentlich österreichischen Gebieten) Böhmen, Mähren, Schlesien, Görz, Dalmatien, Galizien, die Bukowina, Krain, Istrien und Triest.
Zum ungarischen - transleithanischen Reichsteil gehörten (außer Ungarn) Transsylvanien, Kroatien, Slawonien, die Vojvodina, das Banat, die Slowakei, die Kapartoukraine und Fiume (Rijeka).
... der nur die Person des Monarchen, die Außenpolitik, das Heer und das Finanzwesen mit Österreich gemeinsam hatte Österreich und Ungarn waren durch Personalunion des Kaisers von Österreich mit dem König von Ungarn, durch gemeinsame Außenpolitik, gemeinsames Heer und gemeinsames Finanzwesen verbunden. Ansonsten machte der Ausgleich Ungarn zu einem selbständigen Staat. Gemeinsame Ausgaben sollten von Österreich und Ungarn im Verhältnis 70:30 getragen werden.
Daß der österreichisch-ungarische Ausgleich das Nationalitätenproblem nicht löste Der Ausgleich löste selbstverständlich die Nationalitätenfrage des Habsburgerreiches nicht: "Daß die Länder der böhmischen Krone eine ähnliche Stellung erhalten hätten wie Ungarn, scheiterte an den sich verschärfenden Gegensätzen zwischen den sechs Millionen Teschechen und den drei Millionen Deutschen in diesen Gebieten. Ebensowenig schien die Schaffung einer Südslawischen Sonderstellung gegen den Widerstand der Ungarn durchsetzbar. In Ungarn wurden zudem die Slowaken und Rumänen als 'Bedienten¬nationen' behandel, und alle Anderssprachigen waren einem starken Magyarisierungsdruck ausgesetzt. In Galizien beharrten der polnische Kleinadel und das Bürgertum auf ihren Vorrechten gegenüber den Ruthenen (Ukrainern), im Küstenland und in Dalmatien bestanden die Italiener auf ihren noch auf die venezianische Zeit zurückgehenden Privilegien."
Wie das Staatsgrundgesetz von 1867 den Bürgern Grundrechte zugestand Das Staatsgrundgesetz von 1867 ("Dezemberverfassung") gestand den Bürgern Zisleithaniens eine Reihe von Grundrechten zu. Ein neues Vereinsgesetz erleichterte die Bildung politischer Vereine. Die diversen Wahlordnungen, die in den frühen Sechzigern erlassen worden waren, regelten nach wie vor Gemeinde- und Landtagswahlen zum Vorteil der Besitzenden. Das Sagen hatten dementsprechend die Konservativen und die großbürgerlichen Liberalen.
Daß das Wahlrecht von einer gewissen Mindeststeuerleistung abhängig war ("Zensuswahlrecht")
Daß nur ca. sechs Prozent der Bevölkerung wählen durften Das Gemeindewahlrecht war an die Bedingung einer bestimmten (in verschiedenen Regionen unterschiedlichen) Steuerleistung (Zensus) geknüpft. Nach ihrer Steuerleistung wurden die Wähler zwei bis drei Wahlkörpern zugeordnet, deren einzelne Stimmen unterschiedliches Gewicht hatten.
Frauen waren von den Wahlen generell ausgeschlossen. Der Anteil der Stimmberechtigten bei den Wiener Gemeinderatswahlen betrug am Ende der Sechzigerjahre etwas mehr als vier Prozent der Bevölkerung Wiens. Österreichweit waren ca. Sechs Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt.
Daß die Wahlberechtigten in Wählerklassen eingeteilt waren, deren Stimmen ungleich zählten Das Landtagswahlrecht sah (nicht in Ungarn, wo es wohl Zensuswahlrecht aber keine Kurien gab) Wählerklassen - "Kurien" vor:
. Großgrundbesitz
. Handels- und Gewerbekammern
. Städte
. Landgemeinden
Zur Wahl eines Abgeordneten benötigten die Kurien ungleich viele Stimmen: wenige der Großgrundbesitz, viele die Landgemeinden.
Nur der "bessere" Teil - etwa ein Drittel - der für die Gemeindewahlen zugelassenen Wählerschaft war in den beiden letzten Kurien wahlberechtigt.
Die Wahlen waren ursprünglich öffentlich. Stimmzettel kamen erst nach und nach zur Anwendung.
Die Abgeordneten des Reichstags wurden bis 1873 von den Landtagen delegiert. Danach wurden sie von den Wählern (deren Zahl durch Zensuswahlrecht stark eingeschränkt blieb) in direkter Wahl ermittelt.
1882 wurde der Zensus von zehn auf fünf Gulden (Steuerleistung pro Jahr) herabgesetzt.
1905 wurde eine fünfte Kurie für jene Männer geschaffen, die weniger als fünf Gulden an Steuern zahlten.
Wie den Männern Österreichs 1907 das allgemeine Wahlrecht zugestanden wurde Als 1905 eine der katastrophalen Niederlage im russisch-japanischen Krieg folgende Revolution selbst den Russen vorübergehend das allgemeine Wahlrecht verschaffte, schien es den Machthabern Österreich-Ungarns geraten, der von den Sozialdemokraten schon seit langem erhobenen Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht zu entsprechen. Die zuerst in der ungarischen Reichshälfte zugesicherte Wahlrechtsreform wurde schließlich - 1907 - nur in Österreich durchgeführt. Allerdings war dann das Wahlrecht immer noch den Männern vorbehalten.
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