Die Arbeiter der VÖEST-Betriebe erschienen pünktlich zur Tagschicht. Die Sirenen ertönten in allen Betrieben, aber die Arbeit wurde nirgends aufgenommen. Überall standen Gruppen von Arbeitern beisammen und besprachen die Lage. Der Betriebsrat versäumte es, sich sofort führend und organisierend an die Spitze des Kampfes zu stellen. Erst um 9 Uhr wurde durch den Druck und die Forderung der Belegschaft die Betriebsratssitzung der Arbeiter und Angestellten einberufen. Die Betriebsräte anerkannten den Streik und wählten um 10 Uhr ein Streikkomitee aus 11 Kollegen aller Fraktionen. Betriebsrat Rudolf Kührer wurde als Vorsitzender und Betriebsrat Paul Födinger als sein Stellvertreter einstimmig gewählt. Die Betriebsratszimmer im Betriebsgebäude IV wurden zum Sitz der zentralen Streikleitung. Das Streikkomitee war der einheitlichen Auffassung, daß der Streik so geführt werden müßte, daß die technischen Anlagen des Werkes keinen Schaden erleiden.
Der Streik wurde also nicht gegen die Werksleitung geführt, sondern gegen die Unterzeichner des Lohn- und Preispaktes in Wien. Die Hüttendirektion schuf eine technische Beratungsstelle, die gemeinsam mit dem Streikkomitee die technischen Probleme löste und Tag und Nacht im Einsatz war. Unter der Führung des Gewerkschaftsobmannes Födinger wurde eine Delegation zum ÖGB nach Wien entsandt, um den zentralen Stellen den Ernst der Lage dazulegen. Die Delegation überreichte folgende, einstimmig beschlossene Forderungen (s. Kasten).
Im Werk gab es für das Streikkomitee reichlich Arbeit. Die Telefone liefen heiß. Um 14 Uhr fuhren die Kollegen Emmerich Eckhart und Rudolf Kührer mit den Hüttenverantwortlichen zu den Arbeitern der Erzaufbereitung. Dort erklärten sie den Standpunkt des gesamten Streikkomitees, daß der Notbetrieb bei den Hochöfen aus technischen Gründen aufrecht bleiben muß. Aus diesem Grunde war eine gedrosselte Erzzufuhr unbedingt erforderlich.
Auch die Streikleitungen der Linzer Betriebe riefen immer zur Disziplin auf. Provokateure versuchten wiederholt, durch wilde Aktionen die Arbeit des Streikkomitees zu erschweren. Um 17 Uhr tagte in der Linzer Arbeiterkammer eine Konferenz von Betriebsräten aller Linzer Betriebe, auf der für den nächsten Tag eine Großkundgebung um 11 Uhr auf dem Hauptplatz beschlossen wurde.
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