-Holland im 17. Jahrhundert
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Das Goldene Zeitalter war eine Periode der niederländischen Geschichte, die ungefähr mit dem 17. Jahrhundert übereinstimmte, als Handel, Wissenschaften und Kunst der Niederlande in der ganzen Welt bekannt waren.
Die Gründe für diesen Aufstieg waren
die unternehmerische Mentalität der Holländer
Toleranz gegenüber Fremden
Durchlässigkeit der Stände
1602 wurde die Niederländische Ostindien Kompanie (niederl.: Vereenigde Oostindische Compagnie oder VOC) gegründet. Es sollte der Welt größtes Handelsunternehmen des 17. Jahrhunderts werden. Große Mengen Gewürze wurden importiert und brachten riesige Profite. 1609 wurde die Amsterdamer Wechselbank gegründet.
Die Niederlande dominierten auch den Handel zwischen den europäischen Ländern.
Die heimische Wirtschaft breitete sich ebenso aus. Es entstanden Werften und Zuckerraffinerien. Immer mehr Land wurde erschlossen, teilweise durch Umwandlung von Seen in Polder, die Getreideproduktion und Milchwirtschaft wuchs an.
Der florierende (blühende) niederländische Handel schaffte eine, sehr reiche Händlerklasse. Der neue Reichtum brachte Aufmerksamkeit und Unterstützung für bildenden Künste, Literatur und Wissenschaft mit sich.
Soziales Gefüge
In den Niederlanden wurde der soziale Status im 17. Jahrhundert größtenteils durch das Einkommen bestimmt. Die Aristokratie oder der Adel hatte viele seiner Privilegien an die Städte verkauft, wo Händler und ihr Geld dominierten, ein Gegensatz zu den Nachbarstaaten, wo der soziale Status größtenteils immer noch bis zur Französischen Revolution durch die Geburt geregelt war. Wohlhabende Händler kauften sich selbst aber in Adelskreise ein, indem sie Landbesitzer wurden und ein Wappen und Siegel erwarben. Die Aristokraten vermischten sich mit den Mitgliedern anderer Klassen um sich selbst zu unterstützen, wie sie es für angebracht hielten. Am Ende verheirateten sie ihre Töchter an reiche Händler, wurden selber Kaufleute oder nahmen öffentliche oder militärische Ämter an um ein Gehalt zu bekommen. Universitäten waren Karrieresprungbretter zu einem öffentlichen Amt. Reiche Kaufleute und Aristokraten sandten ihre Söhne auf eine so genannte Große Reise durch Europa. Oft wurden sie von einem Privatlehrer begleitet. Diese jungen Leute besuchten Universitäten in zahlreichen europäischen Ländern.
Nach den Aristokraten kam die wohlhabende Mittelschicht, bestehend aus protestantischen Ministern, Anwälten, Ärzten, Kleinhändlern, Industriellen und Angestellten großer staatlicher Einrichtungen.
Zum niedereren Rang zählten Inhaber kleiner Geschäfte, Spezialarbeitern, Handwerkern, Verwaltern und Landwirten, sowohl qualifizierte Arbeiter, Hausbedienstete und anderes Servicepersonal.
Am unteren Ende der Pyramide standen die Armen: verarmte Bauern, von denen viele ihr Glück in einer Stadt als Bettler oder Tagelöhner suchten.
Kultur
Die Niederlande bezeugten eine kulturelle Entwicklung, die sich von den Nachbarstaaten abhob. Mit einigen Ausnahmen bekam der Barock kaum Einfluss. Besonders durch den niederländischen Dramatiker Joost van den Vondel.
Die treibende Kraft hinter neuen Entwicklungen waren die Bürger, besonders in den westlichen Provinzen. Wo in anderen Ländern reiche Aristokraten oft Förderer der Kunst waren, so waren es in den Niederlanden die wohlhabenden Händler und andere Patrizier.
Kulturelle Zentren waren Stadtmilizen (eine Art Rathaus) und Redehallen.
Die ersten Bauten wurden für die Stadtverteidigung und Kontrolle errichtet, dienten aber auch als Treffpunkt der Wohlhabenden, die stolz darauf waren, ein bedeutender Teil zu sein und zahlten einen ordentlichen Betrag, um dieses für die Nachkommenschaft zu konservieren.
Die zweiten Bauten waren Vereinigungen auf einer Stadtebene, die literarische Aktivitäten begünstigte, wie Dichtung, Drama und Diskussionen, oft durch Wettbewerbe. Die Städte waren stolz auf ihr Vorhandensein und unterstützten sie.
Religion
Calvinismus war der vorherrschende Glaube in den Niederlanden. Am Anfang des Jahrhunderts spalteten harte Debatten zwischen Calvinisten und Protestanten das Land.
Auch der Humanismus hatte einen festen Halt gefunden und war teilweise für das Klima der Toleranz verantwortlich.
Diese Toleranz war nicht so einfach gegenüber Katholiken aufrecht zu erhalten.
Für Katholiken, Wiedertäufer und Juden standen öffentliche Ämter außer Frage.
Alles in allem war das Niveau der Toleranz ausreichend hoch um Religionsflüchtlinge aus anderen Ländern anzuziehen, besonders jüdische Händler aus Portugal, die viel Wohlstand mitbrachten. Es wanderten auch viele französische Protestanten und Juden in die Niederlande ein, ein Großteil unter ihnen waren Wissenschaftler.
Wissenschaft
Infolge des Klimas intellektueller Toleranz zog die Niederländische Republik viele Wissenschaftler und andere Denker aus ganz Europa an. Besonders die bekannte Universität von Leiden wurde ein Sammelplatz für diese Leute.
Wieder durch das niederländische Klima der Toleranz blühten Buchverlage. Viele Bücher über Religion, Philosophie und Wissenschaft, die im Ausland wohl als umstritten erachtet worden wären, wurden in den Niederlanden gedruckt und geheim in andere Länder exportiert. So wurde die Niederländische Republik während des 17. Jahrhunderts mehr und mehr zu Europas Verlagshaus.
Niederländische Rechtsanwälte waren berühmt für ihr Wissen im internationalen See- und Handelsrecht
z.B.: Hugo Grotius (1583 bis 1645) legte den Grundstein für das Internationale Recht. Er begründete das Konzept der Freien Meere oder Mare liberum. Er formulierte auch Gesetze in seinem Buch \"Über Gesetze von Krieg und Frieden\" in Hinsicht auf Konflikte zwischen Nationen.
Christiaan Huygens (1629 bis 1695) war ein berühmter Mathematiker, Physiker und Astronom. Er erfand die Pendeluhr, die ein großer Schritt vorwärts in Richtung exakter Zeitmessung war.
Der berühmteste niederländische Wissenschaftler dieser Zeit auf dem Gebiet der Optik war mit Sicherheit Antoni van Leeuwenhoek, der das Mikroskop erfand, oder wenigstens zum großen Teil weiterentwickelte.
Berühmte niederländische Wasserbauingenieure waren Simon Stevin (1548 bis 1620) und Jan Leeghwater (1575 bis 1650). Besonders Leeghwater erlangte wichtige Siege im ewigen Kampf der Niederlande gegen das Meer. Leeghwater schaffte viel Land durch Umwandlung mehrerer großer Seen in Polder, in dem er alles Wasser durch Windmühlen herauspumpte.
Malerei
Niederländische Künstler hatten ganz andere Kundschaft als ihre Kollegen in anderen europäischen Ländern, wo die Kirche und Adelige die bedeutenden Förderer waren. Das hatte auch Einfluss auf die Motive, die sie auswählten, und ihren darstellerischen Stil. Viele Bilder wurden nicht auf Auftrag gemacht, sondern fanden ihren Weg über Auktionen und Kunsthändler.
Populäre Motive in den Niederlanden waren:
. historische Gemälde
. Portraits (von Einzelpersonen und Gruppen)
. Landschaften und Stadtansichten
. Stillleben
. Szenen aus dem täglichen Leben
Architektur
Niederländische Architektur wurde im Goldenen Zeitalter auf einen neuen Höhepunkt gebracht. Durch die florierende Wirtschaft breiteten sich die Städte stark aus. Neue Rathäuser, Gewichtshäuser und Lagerhäuser wurden gebaut. Händler, die ein Vermögen erworben hatten, beauftragen den Bau eines neuen Hauses an einem der vielen neuen Kanäle, die in und außerhalb vieler Städte gegraben worden waren. Die Häuser besaßen häufig verzierte Fassaden, die den neuen Status der Kaufleute darstellten. Auf dem Land wurden neue Landhäuser errichtet, wenn auch nicht in allzu großer Zahl.
Am Anfang des 17. Jahrhunderts herrschten immer noch spätgotische Elemente vor, kombiniert mit Motiven der Renaissance. Nach einigen Jahrzehnten erlangte der französische Klassizismus Bedeutung: senkrechte Elemente wurden hervorgehoben, weniger Verzierung wurde gebraucht und Natursteine wurden Ziegeln vorgezogen. Von 1670 an waren die markantesten Eigenschaften der Hausfront der Eingang, mit Pfeilern an jeder Seite und eventuell einem Balkon darüber, allerdings keine weiteren Dekorationen.
Die berühmtesten niederländischen Architekten des 17. Jahrhunderts waren Jacob van Campen, Lieven de Key und Hendrick de Keyser.
Literatur
Im 17. Jahrhundert wanderte das Zentrum der literarischen Aktivitäten von den südlichen Niederlanden in die nördlichen Gebiete des Landes. Das lag teilweise an der Wanderung von Künstlern und Intellektuellen in den Norden, die der spanischen Unterdrückung während des Achtzigjährigen Krieges entfliehen wollten.
Einflüsse der Renaissance fanden sich schon bald in lyrischen Gedichten und Dramen. Klassische Dramen wurden mit der Einheit von Ort, Zeit und Handlung geschrieben. Geschichten basierten auf der niederländischen Geschichte und der Bibel.
Das berühmteste Drama war Gijsbrecht van Aemstel von Joost van den Vondel (1637). jahrhunderte lang wurde dieses Stück jedes Jahr in Amsterdam zu Neujahr gespielt. Eine Tradition, die erst 1968 endete.
Barocke Einflüsse zeigten sich schon bald in der niederländischen Literatur, viel mehr als in anderen Künsten. Später in diesem Jahrhundert wurden literarische Leistungen seltener, als die Schriftsteller begannen, ihre Vorgänger zu imitieren und literarische Stile zu formalisieren.
Die berühmtesten niederländischen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts waren Jacob Cats, Pieter Corneliszoon Hooft und Joost van den Vondel.
Musik
Musizieren in den Familien war ein bevorzugter Zeitvertreib des 17. Jahrhunderts. Gebräuchliche Instrumente waren Laute, Cembalo, Gambe (Kniegeige) und Flöte. Viele Gesangbücher wurden veröffentlicht. Einflüsse aus dem Ausland, England, Frankreich und Italien dominierten die niederländische Musik. Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an wurden lyrische Dramen, Ballett und Opern in der Amsterdamse Schouwburg (eröffnet 1638) aufgeführt.
Die berühmtesten niederländischen Komponisten des 17. Jahrhunderts waren Constantijn Huygens, Jan P. Sweelinck.
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